Dr. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Bottnischen Meerbusens
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natürlich die Windrichtung öfters bedingen, daß wärmeres Wasser aus der Ostsee herangeführt wird, so daß die
Wirkung der Kälte in vielen Fällen wieder aufgehoben wird.
Es heben sich einzelne Jahre besonders hervor, in denen das Eis sich schon früh zu bilden begann (z. B.
2. Dezember 1925), dann wieder treten Jahre auf mit gänzlichem Fehlen von Eis (1929/30) oder mit unbedeuten
der Eisbildung (1926/27, 1924/25). Der absolut späteste Termin der Eisbildung war der 18. März 1925, vorher
war das Meer stets eisfrei in diesen Gebieten.
Der im übrigen Gebiet des Bottnischen Meerbusens so strenge Winter 1923/24 zeichnete sich im Gebiet
von Mariehamn durch 11 einzelne kurze Eisperioden aus, die teilweise noch wieder nicht einheitlich waren. Eine
sich scharf von den übrigen Perioden abhebende Hauptvereisung tritt nicht hervor. In Frage dafür kommen die
zwei Perioden: vom 9. bis 21. Februar mit ausnahmslos starkem Festeis vom ersten bis letzten Tage, und vom
28. Februar bis 13. März mit einem Festeiskem vom 5. bis 8. März, umgeben von Pack- und Treibeis. Die wahr
scheinliche Abhängigkeit von Temperatur- und Windverhältnissen gestaltete sich für diesen Winter folgendermaßen:
Um die Jahreswende bildete sich bei nördlichen Winden und Temperaturen unter —-5° leichtes Festeis, das
jedoch bei einem Auffrischen der nördlichen Winde am 2. Januar ins Treiben geriet. Als am 4. Januar die Kälte
zunahm und die Winde schwach aus nordöstlichen Richtungen wehten, bildete sich zusammengeschobenes Eis, das
bei der folgenden starken Kälte bei ruhigem Wetter zusammenfror und leichtes Fesleis bildete. Am 8. Januar
frischten die östlichen Winde auf, die Temperaturen stiegen bis auf wenige Kältegrade, und das wahrscheinlich
noch nicht „eisreif" abgekühlte Wasser wurde wieder eisfrei. Jedoch schon am folgenden Tage entstand bei wieder
verschärftem Frost Treibeis, bei gleichzeitig östlichen Winden. Am 10. Januar wurde es vorübergehend bei Wind
drehung auf Südost fest, um bei anhaltenden südöstlichen und südlichen Winden ins Treiben zu geraten und am
16. Januar zu verschwinden. Erst das sich am 20. Januar bei nördlichen Winden aufbauende Hoch brachte es
bei tiefen Temperaturen am 23. Januar zu erneuter leichter Festeisbildung, die jedoch bei den südlichen Winden,
die am 25. Januar einsetzten, am 26. Januar verschwand. Als der Wind am 28. Januar plötzlich nach Norden um
schlug, trat in den Gewässern vor Mariehamn einen Tag Treibeis auf.
Die folgende Epoche zeichnete sich durch wechselnde, meist westliche und nördliche Winde mit geringer
oder mäßiger Kälte aus, die zum Februar hin zunahm und am 7. Februar das Auftreten von starkem Festeis be
dingte. Das Ausbleiben leichter Eisbildung in den vorhergehenden, schon recht kalten Tagen (Stockholm am
7. Februar —17°) ist nicht recht erklärlich. Bei wechselnden Winden mit strengem Frost und zeitweiligem
Schneefall hielt das starke Festeis an, bis es nach Abflauen des Frostes und Eintreffen milderer Luftströmungen
(in Stockholm noch unter 0°) am 21. verschwend. Am 22. Februar trat bei nördlichen Winden mit leichtem
Frost noch einen Tag lang Treibeis auf, worauf das Meer hier wieder eisfrei war. Späterhin trat wieder strenger
Frost ein, aber die Eisbildung unterblieb hier zunächst, bis westliche Winde am 27. und 28. Februar plötzlich
Packeis, vermutlich z. T. herangetrieben, erscheinen ließen. Eisverhältnisse und Winde sind in den folgenden
Tagen wechselnd, jedoch wird das Eis am 5. März bei durchaus milden Temperaturen fest, am 8. März wird bei
südlichen Winden mit geringer Kälte zusammengeschobenes Eis gemeldet. Am 10. März dreht der an sich schwache
Wind auf Westen, das Eis gerät ins Treiben und verschwindet bei meist nördlichen Winden trotz Kälte.
Es folgen nun Treibeisperioden vom 14. bis 18., vom 20. bis 22., vom 25. bis 27. März, und vom 2. bis
15. April. Die Windrichtung ist meistens zu Beginn des Treibeises Nord, zum Schluß wechselnd oder westlich.
Das Treibeis wurde noch am 9. April für 2 Tage zusammengeschoben, sonst waren keine Voraussetzungen für
schwierigere Eisverhältnisse gegeben.
Der eben beschriebene Winter zeigt, wie die Eisverhältnisse sehr von der Windrichtung abhängig sind,
und wie die Intensität der Kälteperiode nur zum Teil für die Vereisung wesentlich ist, vielmehr die höhere
Wärme des Meerwassers sehr oft eine Eisbildung verhindert. Inwieweit noch andere Faktoren, wie Wasserstand
und Strömungen verantwortlich zu machen sind, kann aus Mangel an Beobachtungsmaterial nicht untersucht werden.
Zusammenhängend und ohne Voreisperioden waren nur die Winter 1927/28 und 1931/32. Aber auch
1927/28 zeigte durchaus kein einheitliches Bild im Gang der Vereisung. In dem Diagramm zeigt sich wiederholt
eine Zu- und folgende Abnahme der Eisbildung, wobei allerdings der Schwerpunkt im März deutlich zu erkennen
ist. Die Zeit Ende Februar bis Anfang und Mitte März scheint für die Ausbildung einer Maximalvereisung am
günstigsten zu sein.
Der strengste Winter war der von 1925/26, der vom 2. Dezember bis zum 16. April reichte. Seine Haupt
vereisung mit starkem Festeis wurde vom 19. Februar bis 19. März durch eine Zeit mit Packeis unterbrochen.
Starkes Festeis findet sich durchaus nicht in allen Wintern, nicht einmal in allen mit einer ausgeprägten
Hauptvereisung. So hatte der Winter 1930/31 während der Hauptvereisung nur leichtes Festeis aufzuweisen. Am
20. Januar ging ihm eine kurze Vorperiode voran, und am 3. Februar begann die Hauptvereisung, die Mitte Fe
bruar von einigen Tagen mit zusammengeschobenem Eis unterbrochen, bis zum 8. April reichte.
Der Eisgang zeigt sehr charakteristische Verhältnisse, indem nämlich in der Mehrzahl der Fälle das Eis am
10. April verschwindet. Wenn man von dem eisfreien Winter 1929/30, ferner von den auffallend eisarmen Win
tern 1924/25 und 1926/27 absieht, verschwindet das Eis sehr regelmäßig, indem die Schwankungen in den übri
gen Wintern nur 2 bis 3 Tage betragen. Dadurch ergibt sich im Diagramm eine in die Augen fallende Unsym
metrie der Verhältnisse zwischen Eisbeginn und Eisgang. Während der Eisbeginn von Jahr zu Jahr außerordent
lich schwankt, liegt der Eisgang auffallend regelmäßig zu einer bestimmten Zeit (durchschnittlich 10. April).