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Full text: Zweites Köppen-Heft der Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie

Kuhlbrodt, E.: Vergleich geschätzter Windstärken mit gemessenen Windgeschwindigkeiten usw. 15 
die Segelschiffahrt auf dem Ozean aber nahezu verschwunden ist und die Wind- 
beobachtungen ganz überwiegend von Schiffsoffizieren stammen, die auf schnell 
laufenden Dampfern oder Motorschiffen fahren, kann die Windstärkenschätzung 
in der Praxis sich heute nicht mehr auf das Verhalten des Schiffes selbst stützen, 
Soweit heute auf den Dampfern die Beobachtungen von solchen Schiffs- 
offizieren angestellt werden, die schon früher auf Segelschiffen verantwortlich 
meteorologische Beobachtungen ausführten und für die Schätzungen der Wind- 
stärke sich den so erworbenen, im einzelnen kaum definierbaren „Sinn“ erhalten 
haben, ist die Richtigkeit und Vergleichbarkeit der Windangaben gewährleistet. 
Nachprüfungen zeigten, daß die früheren Schätzungen gut übereinstimmten, daß 
die persönlichen Fehler relativ gering waren!). Doch ist es heute ungewiß, ob 
die jungen Beobachter auf den Dampfern die Tradition richtig fortsetzen und 
nicht eine andere Schätzungsweise gebrauchen, und vielleicht noch verschiedene 
je nach dem Meeresgebiet bzw. der Nationalität der Beobachter. 
Da im allgemeinen Bordgebrauch jedenfalls bis auf weiteres die Schätzung 
der Windstärke beibehalten werden wird, muß es das Bestreben sein, eine aus- 
reichende, heute brauchbare, möglichst objektive Definition der einzelnen 
Bft-Skalenteile zu finden, deren Bestimmung von persönlichen Fehlern der ver- 
schiedenartigen Beobachter möglichst frei ist. Da solche Definitionen nicht 
mehr in bezug auf das Verhalten der Schiffe gegeben werden können, müssen 
sie sich auf die durch Beobachtung festzustellende allgemeine Auswirkung 
des Windes auf die See beziehen. 
Es ist gewiß eine schwierige Aufgabe, für jeden Bft-Grad eine entsprechende 
Festsetzung in Worten zu finden. Der frühere Mitarbeiter der Seewarte 
Kapitän P. Petersen, der als langjähriger Segelschiffskapitän dazu in der 
Lage war, hat eine solche Definition gegeben?), Er zieht in erster Linie „sicht- 
bare“, aber auch „hörbare“ Merkmale (Geräusche der See) heran. Diese Skala 
nach Petersen hat die Seewarte schon seit mehreren Jahren in die deutsche 
Beobachteranweisung übernommen?), Auf der Tagung der Internationalen Kom- 
mission für maritime Meteorologie in De Bilt im Juli 1935 wurde auf Antrag 
der Seewarte beschlossen, diese Petersen-Skala allgemein zu erproben durch 
praktische Versuche auf See, um ein Urteil zu gewinnen für ihre Verbesserung 
und etwaige spätere Empfehlung für den internationalen Beobachtungsdienst 
auf See‘). So hat das Meteorologische Amt in London bereits einer größeren 
Zahl von britischen Seemännern die Petersen-Skala gegeben zu einem Versuch 
im praktischen Gebrauch®. Es ist zu hoffen, daß mit Hilfe der neuen Skalen- 
definition die Einheitlichkeit bei den Schätzungen der Windstärke 
gefördert wird. 
2. Bisherige Vergleiche von See. 
Wir kommen zurück auf die Frage der Geschwindigkeitsäquivalente in mps 
der Bft-Schätzungen. Beschränken wir uns auf Vergleiche von hoher See, so 
finden wir in der Literatur nur wenige Reihen von Schiffen®). Tab. 3 enthält 
die Reihen der „Gazelle“ (1874 bis 1876; ausgewählt und verbessert von 
Krümmel und Köppen) und der „Elisabeth“ (1877), die Messungen von 
Krümmel („National“ 1889) und Waldo (1882), Tab. 3 enthält weiter die 
neuere Reihe von Gall& (1914)”). 
Bei den alten Vergleichen wurde mit einem in der Hand gehaltenen 
Anemometer gemessen. Waldo maß gleichzeitig mit drei Anemometern: auf 
dem KRuderhaus in 8 m, am Großmast in 24 m und auf der Brücke in 11 m See- 
*) Vgl. z. B. Ann, d. Hydr. 1902, S. 371/82, „Fehler in der Schätzung der Windrichtung und 
Windstärke auf Dampfern“, — 2?) P. Petersen, Zur Bestimmung der Windstärke auf See. Ann, 
d. Hydr. 1927, S. 69/72. — 3% Dt. Seewarte, Hamburg. Schlüssel und Anweisung zur Aufstellung 
von Seeobs-Telegrammen, z. B, 4. Aufl. 1933, 5. 47. — *) Commission de met6orologie maritime, Proces- 
verbaux des s6ances de De Bilt 16.—19, VII. 1935. Secret, de l’Organis. Met&orol. Internat. No. 23, 
8. 18. — ©) Captain L. A. Brooke Smith, The observation of windforce at sea, The Marine Observer, 
April 1936, S. 54. — % Vgl. W. Köppen, Arch. der Dt. Seewarte 21, 1898, — 7) P, H. Galle, 
Waarnemingen in den N. Atlantischen Oecaan in Mei 1914, hoofdzakelijk ter vergelijking van gemeten 
© Se ehn dp Ei ndkracht en windrichting. Kon, Nederl, Met. Inst. No. 102, Mededeel. en Verhandel. 19, 
tree.
	        
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