Thorade, H.: Beständigkeit und Streaung bei Strömen.
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man nun von Nord nach beiden Seiten bis + 180° und — 180°, so erhält man
(90° — 10° — 170°) : 3 = — 30%, also N30°W}; wenn man aber bis 360° durch-
zählt, so kommt (90° + 190° + 350°) :3 = 210° oder S30°W, also in beiden
Fällen ganz unsinnige Richtungen! . |
Das arithmetische Mittel der Richtungen ist daher an Sich zu verwerfen.
Das schließt nicht aus, daß der Unierschied zwischen ihm und dem vektoriellen
Mittel bei geringer Streiung nicht von Belang ist, so daß man alsdann die ver«
einfachte skalare Rechnung ohne allzu großen Fehler an die Stelle der ge-
koppelten setzen darf, siehe S, 20. Es hat dann nur die Bedeutung eines Ersatzes.
2. Beständigkeit. -— Den weiteren Erörferungen mögen die angeführten
Messungen des „Poseidon“ (P 10, Abb. 1, Taf, 6) zugrunde liegen, Die Richtung
des Stromes schwankte zwischen 270° und 318°, und zwar wanderte nicht etwa
die Pfeilspitze allmählich durch den Punktschwarm hindurch, sondern ging ganz
unregelmäßig durch das ganze Gebiet hin und her. Die Geschwindigkeit lag
zwischen 7.4 und 21.8 em/sece, was wiederum beweist, daß eine einzelne Strom-
messung in dieser halben Stunde einen gänzlich falschen Wert hätte liefern
können! Als vektorieller Mittelwert ergab sich. ein Strom von 14,5 em/see nach
N 66° W.
Um den Grad der Beständigkeit oder Unbeständigkeit zu kennzeichnen, hat
bereits das Kon.Ned,Met.Institut 1904 in seiner Bearbeitung des Guineastroms!)
den Quotienten aus der vektoriellen und der skalaren Geschwindigkeit (in %)
als „Beständigkeit“ angegeben. (8. a. „Methoden“, S, 3018), und. A. Wegener®) hat
für die Meteorologie denselben Weg eingeschlagen). Für die skalare Geschwindig-
keit oder Bewegiheit erhält man im obigen Beispiele 14,7 em/sec, und somit als
Beständigkeit 14.5 : 14.7 = 99% (genauer 98,6%). Wer nur diese Zahl liest, ohne
auf die Abbildung zu blicken, dürfte wohl kaum auf den Gedanken kommen,
daß ihr eine immerhin so beträchtliche Streuung entsprechen könne, wie sie die
Nr. 1, Taf, 6 veranschaulicht. Aber das liegt an der Bestimmung des Begriffs
der „Beständigkeit“. Je näher die Stromrichtungen beieinander liegen, desto
jänger gestreckt ist das Bewegungs-Parallelogramm, und desto weniger unter-
scheidet sieh die Diagonale von der Summe der Seiten. Wenn schließlich. alle Strom-
richtungen zusammenfallen, wird das skalare Mittel mit dem vektoriellen identisch,
und die Beständigkeit nach der obigen Erklärung beträgt 100%, gleichgültig,
wie sehr die Ströme sich in ihrer Geschwindigkeit unterscheiden! Das von. den
Holländern und von A. Wegener festgesetzte Maß der Beständigkeit mißt also
nicht die Schwankungen der Geschwindigkeit, sondern nur die der Richt-
tung, und diese letzteren machen, wenn sie sich in bescheidenen Grenzen halten, in
der Tat nicht viele Prozente aus, So fand F. Wagner?) unlängst unter der Annahme
yleicher Geschwindigkeit für alle Ströme, daß einem Streuwinkel bis zu 90°
Beständigkeiten von 90—100%, einem solchen von 180° noch 60—90% ent-
sprechen usw.; doch kann eine einzelne Beobachtung mit größerer Geschwindig-
keit diese Zahlen sowohl in günstigem wie in ungünstigem Sinne ziemlich stark
beeinflussen. Im vorliegenden Falle ist der Streuwinkel nur etwa ein halber
Rechter, so daß die Erklärung der 99%igen Beständigkeit nicht mehr fern liegt;
doch sei eine genauere Erörterung auf den Schluß dieses Aufsatzes verschoben,
da hier noch andere Gesichtspunkte heranzuziehen sind, Denn angesichts der
Abb. 1 erwächst das Bedürfnis, auch die Schwankungen der Geschwindigkeit zu
berücksichtigen; außerdem ist eine schärfere Kennzeichnung erwünscht, um
z. B. Mittelwerte von 99% und 98% Beständigkeit bei Vergleichen stärker von-
einander zu unterscheiden als durch nur „1%“. Eine solche Möglichkeit liefert
die. Fehlertheorie,
3. Streuung. — Allerdings beruht die Streuung, wie schon hervorgehoben
wurde, nicht nur auf eigentlichen Beobachtungsfehlern. allein; aber es wirken
4) Observations oesanographiques et metöorologiques dans la. r6gion du Courant de Guinde
‘1855—1900 Utrecht, Veröff‘ Nr. 95. — 5, a, Oceanographische en Meteorologische. Waarmemingen
in den Indischen Ocean, Veröff, Nr. 104 Utrecht, seit 1908, — 2% Wegener, A.: Klimatische
Windkarten, Met, Zschr, 1919, &. 53—55. — 3 Wagner, F.: Was bedeutet der Ausdruck „Beständig-
keit des Windes?“ — Ann, d. Hydr. 1932, 8. 36-—38.