Köppen, W.: Der Winter 1933/34 und das Wetter der Jahre 1933 und 1934 in Nordamerika. 11
noch den von 1917/18, denn in Boston kamen im Februar Temperaturen vor,
wie sie seit 63 Jahren nicht beobachtet wurden, und der ÖOntario-See war zum
erstenmal seit etwa 60 Jahren von Ufer zu Ufer zugefroren. Und zwar war
diese Kälte durch Lufttransport aus dem Nordwesten. bedingt und nicht sosehr
durch Ausstrahlung‘ am. Platz, denn sie war besonders für die Küste, weniger
im Binnenland „rekordbrechend“. Der Hafen von Boston war zum erstenmal
seit 1918 wieder zugefroren. Die Kälte war um so fühlbarer, weil sie nach
mehreren sehr warmen Wintern kam.
In normalen Jahren pflegt die kalte kanadische Luft auf dem‘ Umweg über
die großen Seen nach Neu-England und Pennsylvanien zu gelangen, diesmal aber
strömte sie meistens aus dem NW von Kanada nördlich an den Seen vorbei
direkter und daher weniger vorgewärmt dahin in einer Reihe von schweren
Kältewellen. Dazu kam, daß das Innere von Alaska in diesem Winter besonders
kalt war. In Fairbanks war die Mitteltemperatur sowohl im Dezember als
Januar fast 12° unter normal, Im Februar war zwar Saskatehewan abnorm
warm, die Mitteltemperatur in Prince Albert 10°C über dem Normalwert, aber
die Provinz Ontario etwa 7° zu kalt. Die Geschwindigkeit. der von da zum
Atlantischen Ozean abfließenden Luft ließ ihr keine Zeit, sich unterwegs be-
deutend. zu erwärmen, um so mehr, als eine kürzlich über diesen Gegenden ge-
fallene Schneedecke durch Reflexion der Sonnenwärme am Tage, Ausstrahlung
in der Nacht und Isolierung der Luft von der Bodenwärme eine wesentliche
Wärmezufuhr verhinderte.
Nach der großen Kältewelle, welche die letzte Woche des Dezembers brachte,
folgte ein bis auf seine letzten Tage ziemlich. milder Januar. Aber am 29, und
30, Januar war die Luft namentlich in größerer Höhe über Neu-England äußerst
kalt, auf dem Mount Washington (1911 m) —43° C und bei einem aerologischen
Aufstieg in 4670 m Höhe —46,4° C. Der Februar brachte darauf eine Folge
ron sechs Kältewellen. Aus der Reihe von lehrreichen Wetterkarten, mit denen
Herr Pierce seinen Aufsatz erläutert, seien hier die auf den Schneesturm vom
20. Februar 1934 in Boston bezüglichen wiedergegeben, Die Luftmassen sind
Fig. 1. Isobaren und Luftkörper vom 19. und 20, Februar 1984.
Te wo
nn
‚p
rn
AR
‚Tri
\
N
U
Ne
„A
{HIGH
19. Februar 1934, morgens. 20. Februar 1934, morgens.
Die Zillern bei den Orten geben die Temperatur in *F an,
dabei durch folgende Buchstaben bezeichnet: Pc = polar-kanadische Luft, Tp == tro-
pisch-pazifische und Tg = tropische Golfluft, Npp = neutralisierte polar-pazifische
und Npe==neutralisierte polar-kanadische Luft,
Das „Tief“ (Low der Karte), das Boston diesen Schneesturm brachte, lag
am Morgen des 18. Februar in Süd-Texas, streckte sich am Morgen des 19, als
langgestreckte Rinne von Florida bis Massachusetts und gewann. dann. plötzlich,