Hebecker, O.: Wassertiefe und Trimm, ein neues Lotverfahren.
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Wassertiefe und Trimm, ein neues Lotverfahren.
Von 0. Hebecker, Hamburz.
(Hierzu Tafel 5.)
In einem gleichlautenden Artikel habe ich in der Hansa?) über die Entdeckung
dieses von Herrn Kpt. Haacke, D. „Cobra“ der H.-A. L., herrührenden Lotver-
iahrens und über vorläufige Messungen berichtet. Seitdem habe ich auf einer
ganzen Reihe von Fahrzeugen ähnliche Messungen vorgenommen, welche die
Richtigkeit des zugrunde liegenden Gedankens im vollen Umfange bestätigen.
Die Meßanordnung ist so, daß man, wie es auch von Herrn Kpt. Haacke ge-
schehen, schon mit ganz einfachen Hilfsmitteln sich ein solches Lotgerät her-
stellen kann. Es handelt sich um die Messung der Neigungsänderungen des
Schiffes um eine horizontale Querachse, d.h. um die sogenannte Trimmlage.
Sie ist abhängig von der Form des Schiffes, von der Schraubenanordnung, ins-
besondere von der Neigung der Wellen, von der Fahrt und schließlich von der
Wassertiefe. Da die ersten Größen für jedes Schiff konstant sind, so bleibt nur
noch die Abhängigkeit der Trimmlage von Fahrt und Wassertiefe. Herr Kpt.
Haacke benutzt ein schwach gebogenes Glasrohr mit Glyzerinfüllung und einer
Luftblase in Art der gebräuchlichen Libellen, nur in sehr viel größerer Aus-
führung. Für jede Fahrtstufe hat er eine Tiefenskala unter der Libellenblase
angebracht, die empirisch gewonnen wurde. Bemerkenswert ist für diese
Skalen das starke Auswandern der Libellenblase, d. h. die starke Trimmände-
rung für kleine Wassertiefen, so daß der Gedanke nahe liegt, das Instrument
als Untiefenwarner zu benutzen. Für meine Messungen benutzte ich das Prä-
zisions-Stabilitätsmeßgerät von Plath2). Die Trimmlage eines Schiffes läßt sich
mit diesem Apparat praktisch beliebig genau feststellen je nach der benutzten
Libelle. Es ist mit ein Vorteil dieses Apparates, daß sich die Meßgenauig-
keit weitgehend an die näheren Versuchsbedingungen anpassen läßt. Für die
vorliegenden Messungen erfahren die Versuchsbedingungen insofern Ände-
rungen, als das verwendete Fahrzeug und die Wetterlage maßgebend sind.
Handelt es sich beispielsweise um einen der großen Seebäderdampfer „Kaiser“,
„Cobra“ oder „Roland“, so ist für die Revierfahrt etwa von Hamburg bis Feuer-
schiff Elbe 2 oder von Bremen bis Hoheweg die Trimmlage des Schiffes bei
ruhigem Wetter innerhalb !/,,' konstant. Die Messungen werden unmöglich, wenn
Seegang oder Dünung vorhanden sind, die das Schilf in Stampfbewegungen ver-
setzen. Auch die geringste Stampfbewegung ist so beschaffen, daß die anzu-
wendende Präzisionsmessung zur Bestimmung der Tiefe unmöglich wird. Bei der
großen Länge der erwähnten Schiffe ist indessen auch bei starkem Winde die
Messung noch ausführbar von Hamburg bis Cuxhaven und von Bremen bis
Bremerhaven. Es muß bemerkt werden, daß die Tiefenbestimmung gerade auf
diesen Revieren mit Benutzung der bekannten Lotvorrichtungen auf Schwierig-
keiten stößt. Das Thomsonlot versagt, weil der Salzgehalt des Wassers noch
nicht ausreicht, um den Belag der Glasröhren abzulösen. Dieses Lot gibt über-
dies nicht die Tiefe unmittelbar unter dem Schiff. Die sämtlichen Echolote ver-
sagen, weil die Wassertiefe unter dem Schiffsboden zu gering ist, um eine zu-
verlässige Kurzzeitmessung zuzulassen. Für die ausgeführten Messungen war
die Genauigkeit der Libelle 0,5’. Das besagt, daß für 0,5’ Neigungsänderung die
Libellenblase sich um 2 mm verschiebt, wobei sich die Trommelablesung um
4 mm ändert, falls man die Blase zurückbringt.
Die sämtlichen Ablesungen besitzen eine Genauigkeit von 0.2’, d.h. die
Trimmlage war innerhalb 0.2‘ konstant. Daß bei einer so hohen Genauigkeit
die geringsten Gewichtsverschiebungen von Bedeutung werden, liegt auf der
Hand. Für die Seebäderdampfer wurden die Messungen nur möglich, wenn
nicht mehr als schätzungsweise 20 Fahrgäste in Bewegung waren. Ebenso mußte
der Brennstoffverbrauch in Rechnung gesetzt werden, falls die betr. Tanks sich
nicht in der Mitte befanden. Die Messungen erfolgten alle bei voller Fahrt, je-
ıy Hansa 1932, 8. 960. — % Ebenda Nr. 10.