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Full text: 61, 1933

Harries, H. D.: Neue schiffsraum-meteorologische Messungen. 
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Neue schiffsraum-meteorologische Messungen. 
Zugleich Besprechung von: 
H. Ruge „Das Verhalten der Lufttemperatur und Luftfeuchte auf einem modernen Kreuzer 
in den Tropen‘*?). 
Von Kapitän HH. D. Harries, 
Unsere Kenntnisse von den luftphysikalischen Verhältnissen der Schiffsräume 
beruhen bisher fast ausschließlich auf den von Dirksen?®) 1911 bis 1914 in der 
Nord- und Ostsee und von Berk6®%) 1929 auf dem Atlantischen Ozean vor- 
genommenen Messungen. Eine erfreuliche Erweiterung haben sie nunmehr ge- 
wonnen durch die Verarbeitung und Bekanntgabe der rund 7700 Beobachtungen, 
die H. Ruge auf der von Mai bis Dezember 1930 unternommenen Auslandreise 
des deutschen Kreuzers „Karlsruhe“ in 15 verschiedenen Schiffsräumen, vielfach 
vierstündig, hat machen lassen. Alle Messungen sind mit Aßmannschen Aspira- 
tions-Psychrometern ausgeführt worden unter Berücksichtigung der Berk6schen 
Erfahrungen. Man hat also die Gewähr, wirkliche Luft-Temperaturen (und 
‚£euchtigkeiten) erhalten zu haben, und nicht etwa die praktisch fast wertlosen 
Temperaturen der eisernen Säulen und Wände, an denen üblicherweise die Schiffs- 
raum-Thermometer hängen‘). 
Die Reise führte den Kreuzer durch das Mittelländische und Rote Meer; 
Massaua ist zu der für den beabsichtigten Zweck „günstigsten“ Jahreszeit erreicht 
worden: Brücke 33° C, Wäscherei 39°, Heizerdeck 38°, Lazarett 36°, F.T.-Raum 37°, 
Maschinenraum 47°, Heizraum 44°, Schaltstelle BB 48°! Weiter ging es durch 
den Indischen Ozean (Seychellen, Ostafrika) um Südafrika herum, an der SW- 
Küste entlang bis Lobito. Das dortige Kaltwasserauftrieb-Gebiet hat der Kreuzer 
also, von noch kühlerem Wasser herkommend, passiert; für die Erforschung 
der „Schweißwasser“-Bildung wäre der umgekehrte Weg, vom Äquator her, 
zünstiger gewesen. Von Lobito ging die Fahrt nach Ilha Grande und Rio de 
Janeiro, dann an der Ostküste von Südamerika entlang bis Pernambueco; hier 
erreichte der Kreuzer — es war im November, also im Frühsommer der Süd: 
halbkugel, — abermals „Maximalverhältnisse“, z. T. noch extremere als in Massaua: 
die absolute Feuchte stieg im Heizraum bis auf 47.2 mm Hg, die rel. Feuchte 
überschritt die Schwülegrenze ebendort um 50°/,, das physiologische Sättigungs- 
defizit (vgl. Seehdb. f. d. Rote Meer, 2, Aufl, S. 10) sank auf 1.7 mm Hg, an 
der BB-Schaltstelle sogar bis auf 0.2 mm, also wahrhaft „höllische“ Luftzustände, 
denen auf die Dauer kein weißer Seemann gewachsen (siehe weiter unten). Die 
Heimfahrt führte dann über die Kapverden, Kanaren und Vigo zur Nordsee. 
Die Verarbeitung des Beobachtungsstoffes ist wie schon bei Dirksen und 
Berke in erster Linie vom ärztlichen Standpunkt aus erfolgt. Daß die betreffenden 
Ergebnisse gleichwohl auch für den Seewirtschafts Praktiker beachtenswert sind®), 
und zwar für den Schiffsoffizier und -ingenieur nicht weniger als für den Reeder 
und Baumeister, bedarf kaum der Erörterung; ich erinnere an die Diskussionen, 
die sich 1923/26 an die Frage der Einstellung farbiger Seeleute auf deutschen 
Schiffen knüpften®). Ruge untersucht namentlich die Einwirkung der kom- 
binierten Lufttemperatur (t)- und Feuchteverhältnisse (F) auf den Menschen. 
Von den verschiedenen, teils errechneten, teils experimentell begründeten Grenz- 
kurven zwischen dem Behaglichkeits- und dem Schwülebereich des t- und F-Feldes 
hält er die auf Lancaster basierende?) für die geeignetste. „Dagegen läßt sich 
aus der Höhe der Überschreitung der Kurve bisher nicht sagen, wann eine wesent- 
liche Gefahr durch Überwärmung droht“ — zu diesem Resultat kommt der Ver- 
fasser auf Grund von Untersuchungen an rund 500 gesunden männlichen Per- 
sonen, Die „Unerträglichkeitsgrenze“, bei der Hitzschlag droht, liegt erheblich 
') Veröffentlichungen aus dem Gebiete des Marine-Sanitätswesens, Herausgegeben v. d. Marine- 
Medizinalabteilung des Reichswehrministeriums, Heft 22, Berlin 1932. — *% Ebenda, Heft 16, Berlin 
1928. — % Ann. d. Hydr. 1929, S, 169 ff, — 4) Vxl. Harries: Temp. u. Feuchte der Schiffsräume 
u. Zweck ihrer Feststellung. („Seewart“ 1932, Heft 3, 8. 149 ff.) — >) Siehe auch Seehandbuch {£, d. 
Rote Meer usw., 2. Aufl., S. 5ff. (Abschnitt Wind und Wetter). — °% Hansa 1925, S. 6051ff. — 
5. Beiheft zu Nr. 18 vom 5. V. 26 des Reichs-Gesundheitsblattes, herausgegeben vom Reichs-Gesund- 
heitsamt, Berlin. — 7) Ann, d. Hydr, 1929, S. 180, auch 1932, S. 377,
	        
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