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Full text: 37, 1909

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Annalen. der Hrdrographie und Maritimen Meteorologie, Janıtar 1900, 
Küsten, Im Atlantischen Ozean selbst werden allerdings der Mond und die 
Sonne eine entsprechende Welle von Osten nach Westen hervorbringen; aber 
Europa und Afrika auf der einen Seite und Amerika auf der anderen Seite 
werden verhindern, daß die Welle eine solche Größe und Entwickelung erreichen 
kann wie in einem zirkumpolaren Meer, Man ist daher der Meinung, daß ein 
wesentlicher Teil des Wasserstandwechsels in Nordeuropa von der Welle herrührt, 
lie in der Südsee sich entwickelt hat, während ein geringerer Teil auf die 
Wirkung des Mondes und der Sonne auf die eigenen Wassermassen des Atlantischen 
Ozeans und des Norwegischen Meeres zurückzuführen ist. Aber wie steht es 
nun hiermit im Polarmeer? Wenn es ganz zirkumpolar ist, ohne von unbekannten 
Ländermassen in der Nähe des Poles gestört zu werden, wird sich dort wahr- 
scheinlich eine ähnliche Flutwelle entwickeln, wie man eine solche in der Südsee 
als vorhanden annimmt. Diese Welle wird Hebungen und Senkungen des Wasser- 
standes hervorrufen und wahrscheinlich Strömungen verursachen, Es kann wohl 
angenommen werden, daß diese Fragen mit Hilfe von Strommessungen beleuchtet 
werden können, Dadurch würde viel für die Kenntnis der Gezeiten im allgemeinen 
erreicht werden, 
Das andere Problem, welches ich besonders hervorheben möchte, ist die 
Frage über die Bedeutung des Windes für die Strömungen im Meere. Im offenen 
Meer wird der Wind leicht Wellen hervorbringen; dadurch erhält er eine An- 
zriffsfläche, gegen die er schiebt und wodurch er eine häufig starke Öberflächen- 
strömung hervorbringt. Die Wirkung verpflanzt sich weiter abwärts; aber die 
Stärke und die Art dieser Wirkung des Windes ist eine in der Ozeanographie 
vielfach umstrittene Frage. Während einzelne Forscher der Meinung sind, daß 
der Wind so große Wirkungen hat, daß die großen allgemeinen Meeresströmungen 
selbst in bedeutenden Tiefen von dem durchschnittlichen Wind längs der Ober- 
Häche des Meeres herrühren, meinen andere, daß der Wind in der Regel nichts 
der wenig mit solchen großen Strömungen zu tun hat, sondern daß er nur mehr 
oder minder vorübergehende Verschiebungen der allerobersten Wasserschichten 
hervorruft, Es ist äußerst schwierig, um nicht zu sagen unmöglich, die Wind- 
strömungen im offenen Meer zu beobachten; der Wind wird nämlich dem Fahr- 
zeug so große Eigenbewegyungen geben, daß es noch schwieriger als sonst wird, 
den festen Beobachtungspunkt zu schaffen, welcher zu jeder Strommessung @er- 
[orderlich ist, Aber in dieser Beziehung bietet das Polarmeer besonders günstige 
Bedingungen, Unter keinerlei Windverhältnissen entstehen dort Wellen, Das 
Eis liegt und beschützt die Wassermassen; aber das Eis selbst wird vom Winde 
mit größerer oder geringerer Geschwindigkeit getrieben, Dieses Treiben kann 
durch die modernen Methoden gemessen werden, und man kann das Verhältnis 
zwischen der Stärke des Windes und den Bewegungen des Eises studieren, Kin 
besonders interessantes Resultat der ersten »Fram«=-Fahrt war, daß Nansen fand, 
daß das Eis 30 bis 35° nach rechts von der durchschnittlichen Windrichtung 
fortgetrieben wurde, Dieses Abbiegen schrieb er der Erdrotation zu und zog 
daraus weiter die Schlußfolgerung, daß wenn das Eis ein derartiges Abbiegen im 
Verhältnis zu den Strömungen in der Luft erhielt, so müßte seinerseits das Eis 
eine Strömung in der darunter liegenden Wasserschichte hervorbringen, welche 
infolge derselben Erdrotation noch mehr abgebogen wird, Und so, meint er, 
muß es weiter abwärts im offenen Meer sich fortsetzen; in irgend einer Tiefe 
ist die Windströmung so viel abgebogen worden, daß sie gerade in entgegen- 
yesetzter Richtung geht, wie die Windrichtung, durch welche sie hervorgerufen 
wurde. Dr. Ekman hat die Frage theoretisch untersucht und hat Nansens 
Schlußfolgerungen bestätigt. Hiergegen haben die Professoren Mohn und Schiötz 
vor kurzem theoretische Einwendungen erhoben. Es liegen indessen keine 
direkten Beobachtungen über die Größe der Windströmungen und über ihre 
Fortpflanzung abwärts von der einen Wasserschicht auf die andere vor. Nansen 
hatte keine Gelegenheit, diese Ströme zu messen, da die Methoden damals nicht 
genügend entwickelt waren. Aber jetzt kann es geschehen, und es wird möglich 
sein, die Wirkung des Windes auf das Meer von den Eismassen des Polarmeeres 
zus besser als an einer anderen Stelle zu studieren.
	        
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