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Full text: 16, 1888

Die Schwankungen -des Wasserstandes in ihrer Beziehung zur Witterung, 
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Ein Blick auf die Tabelle und noch mehr auf die Kurven der Figur 1 
Jehrt, dafs die Bewegung des Wassersiaudes an allen unseren Stationen gleich- 
sinnig verläuft: ein Sinken von 1850 oder 1855 an, ein Minimum von 1860 bis 
1865, ein erneutes Ansteigen seit 1866, erst ein plötzlicher Vorstofs, gefolgt 
von einem kleinen Rückschlag 1871/75, dann ein allmähliches Anschwellen. 
Es ist in hohem Grade bemerkenswerth, dafs wir auch hier an der Ostsee jenes 
Ansteigen des Meeresspiegels seit der Mitte der 60er Jahre finden, welches uns 
am Kaspischen Meere begegnete. 
Weit zurück lassen sich leider an der Hand exakter Pegelbeobachtungen 
die säkularen Wasserstandsbewegungen nicht verfolgen. Nur für Swinemünde 
liegt eine mit Ende der 20er Jahre beginnende Reihe von Beobachtungen vor; 
sie lehrt uns, dafs jenem allgemeinen Maximum um die Mitte des Jahrhunderts 
(1845—55) eine Zeit niedrigen Wasserstandes der Ostsee voranging (vgl. 
Figur 2, Seite 65). 
Günstiger als für die Ostsee liegen die Verhältnisse für das Kaspische 
Meer. Zwar gehen die Pegelbeobachtungen nicht einmal bis über die Mitte 
des laufenden Jahrhunderts zurück, Allein hier riefen die in weit grofsartigerem 
Mafsstabe sich 'vollziehenden Schwankungen des Wasserstandes tiefeingreifende 
Veränderungen der Küstenumrisse hervor; da giebt es Inseln, die bald ver- 
schwinden, dann wieder über den Meeresspiegel sich erheben, bald mit dem 
Festlande als Halbinseln in Verbindung treten, dann wieder. als echte Inseln 
erscheinen; die Schwankungen zogen daher hier früh die Aufmerksamkeit des 
Menschen auf sich, und in der That besitzen wir in zahlreichen Berichten ein 
schätzenswerthes Material über die Bewegung des Meeresspiegels, das von 
Lenz und von Sokolof kritisch zusammengestellt wurde. Wenn Filipof‘') 
die Resultate dieser beiden Forscher als nicht genügend sicher gestellt be- 
zeichnet, so kann ich ihm hierin nicht beipflichten. Jene zeigen vielmehr mit 
anderen Erscheinungen eine so gute Uebereinstimmung, dafs ich sie für durchaus 
zuverlässig und sicher halten mufs.“) Es ergiebt sich, dafs sich der Meeres- 
spiegel bewegte, wie folgt: 
Kaspisches Meer. 
Bewegung hoher Stand 
Bis 1744 Steigen um 1745 
bis 1766 Sinken 
bis 1809/14 Steigen um 1815 
bis 1842 Sinken um 1845 
seit 1847 Steigen um 1850 
hierauf Sinken um 1860 
seit 1866 Steigen (um 1880} 
tiefer Stand 
um 1765 
Fassen wir das Resultat unserer bisherigen Ausführungen zusammen, 
Es weisen das Kaspische Meer wie die Ostsee Osecillationen ihres 
Spiegels auf; es wechseln langdauernde Zeiträume des Steigens mit 
solchen des Sinkens ab. Das Steigen und Sinken vollzieht sich, 
soweit Beobachtungen vorliegen, an beiden Meeren gleichzeitig und 
parallel, wenn auch die Amplitude der Oscillationen am Kaspischen Meer bei 
Weitem diejenige der Oseillationen des Ostseespiegels übertrifft. 
Es liegt nahe, diese Schwankungen mit denen der Gletscher zu vergleichen, 
stehen doch abflufslose Seen, wie das Kaspische Meer, und Gletscher unter dem 
Einflufs derselben, sie in ihrer Gröfse und Ausdehnung regulirenden Faktoren: 
des Niederschlages, der beide nährt, und der Wärme, die das Wasser der einen 
verdunstet, das Eis der andern schmilzt, In der That ist eine Parallelität der 
Schwankungen beider Phänomene vorhanden, so viel wir über die Schwankungen 
Ya. a. O0. 
%) Der eingehende Beweis hierfür wird an anderer Stelle erbracht werden. Weiteres Quellen- 
studium hat nur zu unbedeutenden Aenderungen der obenstehenden Tabelle geführt. Dagegen liefsen 
sich die Schwankungen bis 1685 zurück verfolgen: 1685 bis 1715 Sinken, 1715 bis 1744 Steigen, 
also hoher Stand 1685, tiefer Stand 1715.
	        
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