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Full text: 10, 1882

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Von dem Hauptgebiet der Zerstörungen vom 9. August ist die westliche 
Hälfte auf Taf. 25 dargestellt; die Orte, von wo bedeutende Schäden durch den 
Sturm bekannt geworden sind, finden sich darauf durch Kreuze bezeichnet. Man 
erkennt leicht, dafs weitaus die Mehrzahl derselben sich auf zwei nahezu gerade, 
schmale Banden vertheilen, welche den beiden Hagel-Banden annähernd parallel 
verlaufen, wiewohl nur die westliche mit einer solchen theilweise zusammenfällt. 
Die Richtung der schwächeren westlichsten Bande ist N31°E, jene der viel 
bedeutenderen östlicheren — so weit es bei den anscheinenden Krümmungen 
der letzteren sich feststellen läfst — N 23° E; die Mehrzahl der Nachrichten 
über Windschäden aus Mecklenburg endlich fällt in einen dritten Streifen, 
dessen Richtung N 37° E ist. 
Der westliche Streifen beginnt mit den östlichen Vororten Hamburgs 
(vgl. oben) und setzt sich dann von der Mitte des grofsen Segeberger Hagel 
strichs bis zur Lücke in diesem bei Eutin fort. In den Ortschaften SohiereD, 
Travenort, Travenhorst, Blomnath, Kiekbusch, Liensfeld, Gr. Meinsdorf, Eutin 
und Fissau, welche alle nahezu genau auf einer Gex*aden liegen, und in dem 6 km 
zur Seite davon liegenden Börnsdorf sind Gebäude abgedeckt worden, und eine 
grofse Anzahl Bäume ist in dem Gehölz westlich von Travenort, wie auf der 
Allee zwischen Eutin und Fissau, umgerissen oder gebrochen; letztere fand ich 
nach NE bis NE z E liegend. Das Fürstenthum Lübeck ist eine der wenigen 
Gegenden der Erde, wo eine Versicherung gegen Windschäden besteht und 
zwar in der Form freiwilliger Genossenschaften zu gegenseitiger Versicherung; 
solcher „Windgilden“ sind mehrere da. In diesem Falle werden z. B. die 
Schäden in Meinsdorf und Ottendorf durch eine der beiden Eutiner Gilden mit 
3375 M., jener von Liensfeld durch die Gleschendorfer Gilde mit 2500 M. 
vergütet. 
Der zweite Streifen, der meistentheils 4—5 kin, bei Ratzeburg aber 11 km 
breit ist, beginnt ebenfalls nahe der Elbe mit dem Orte Gülzow, 1 ) wo der 
Sturm an Häusern und Bäumen grofsen Schaden gethan haben soll; durch einen 
vom Hauptgebäude auf den Stall stürzenden Dachtheil sind hier auch eine 
Anzahl Schweine getödtet. Von hier geht die Linie der Verwüstungen zunächst 
in der Richtung N11°E nach Nüsse, in dessen Umgebung eine grofse Menge 
von Beschädigungen, sowohl an Gebäuden als in dem Poggenseer Forstrevier, 
angerichtet sind; von hier weiter nach N31°E zwischen den Ortschaften Anker 
und Bergrade über Kühssen nach Berkentien (vgl. Taf. 25); an den genannten 
Orten, welche ich selbst besucht habe, ist in Anker eine Windmühle umgeworfen, 
in Kühssen und in Bergrade sind je zwei Häuser eines Theils ihres Daches 
beraubt; an allen drei Orten konnte ich die Richtung des Stofses als zwischen 
SzW und SW feststellen. Noch stärker mitgenommen ist Berkentien, wo etwa 
7 Gebäude beschädigt und von dem grofsen neuen Müllerhause nicht allein das 
ganze Dach, sondern selbst die obersten Lagen der Mauersteine weggerissen 
sind, wodurch zwei Pferde erschlagen wurden. Das Dach, ein Pappdach, fand 
ich in Stücken 50 und mehr Schritt nach NO entführt und einige Theile, wie 
auch in Bergrade, so tief in den Lehmboden eingeschlagcn, dafs sie nicht mit 
Pferden bewegt werden konnten. An dieser Stelle hat, den vorliegenden Nach 
richten nach zu urtheilen, der Streifen der Verwüstung die gröfste Breite, da er 
von Neuvorwerk bei Ratzeburg bis nach Bergrade reicht; allein in seiner Mitte 
sind bedeutende Strecken vergleichsweise verschont geblieben: zwischen Bergrade 
und Ratzeburg sah ich nur hie und da einen abgeknickten Ast, und nach gefälliger 
Mittheilung des Herrn Senator Brehmer aus Lübeck ist auch in den anstofsenden 
Behlendorier Forsten kein erheblicher Schaden geschehen, wohl aber in Behlen 
dorf selbst. 
Von Berkentien geht die durch eine ziemlich grofse Zahl von Nach 
richten beglaubigte Spur der Verwüstung wieder nach N10°E, nach Lübeck zu, 
wo die ärgsten Verheerungen in der Nähe des Burgthores geschehen sind. Die 
schlimmste derselben war jedenfalls der Einsturz des Schornsteins auf der Werk 
statt der Lübecker Maschinenbau-Gesellschaft, wodurch 4 Personen schwer — 
meist tödtlich — und 4 andere leicht verletzt wurden. Durch die umgestürzten 
!) Schon in der Stadt Lauenburg hat der Sturm Dachpfannen ausgerissen und einige Bäume 
um geworfen: doch scheinen die Schäden nicht bedeutend gewesen zu sein.
	        
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