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mittleren Gröfsc der Druck- tmd Tempera turdiffercuzou in diesen beiden Jahres
zeiten. Doch ist auch im Winter die sehr niedrige Temperatur, durch welche
sich die Gebiete hohen Druckes im Allgemeinen auszeichnen, bekanntlich in der
Regel auf die untersten Luftschichten beschränkt, und ist auf diesen Umstand
bei der Verwendung des Satzes IV Rücksicht zu nehmen. Für die immerhin
sehr häufigen Fälle eines Gegensatzes zwischen Luftdruck und Temperatur, bei
welchen, wie oben schon erwähnt, der Gradient nach aufwärts abnehmen mufs,
habe ich durch Umformung der barometrischen Höhenformel die Gleichung ab
geleitet (vgl. den erwähnten Aufsatz im Märzhefte der „Zeitschrift für Meteoro
logie“ von diesem Jahre):
h
= 62,5
Aß_(256+t) (256+ti)
At X B + Bi
wo h die Höhe bedeutet, in welcher die unten vorhandene Druckdifferenz aus
geglichen sein mufs, wenn der höhere Druck unten mit niedrigerer Temperatur
verbunden ist, ¿\B und At die entsprechenden Differenzen der unteren Baro
meterstände und der Temperatur der beiden Luftsäulen, B und Bi die unteren
Barometerstände und t und ti die mittleren den Temperaturen entsprechenden
Luftsäulen. Sind die Barometerstände dos unteren Niveaus nicht allzu weit von
750mm entfernt, so genügt zu einem Uobcrschlage die Formel:
h = 107 (256 + t+ti) =
worin C die lolgeudon Werthe in Metern hat:
wenn = —20° —15° —10° —5° 0° 5° 10° 15° 20°
c = 2311 2418 2525 2632 2739 2846 2953 3060 3167
Dio Gröfse h giebt somit die Höhe an, bis zu welcher die Gradienten in
einer Depression mit warmem Centrum zum letzteren gerichtet sind; diese Höhe
ist auf der kälteren Seite der Depression viel geringer, als auf der wärmeren:
nimmt die Temperatur mit der Entfernung vom Centrum zu (Cyklone mit kaltem
Centrum), so ist h unendlich, d. h. es kann keine Ausgleichung stattfinden, so
fern die Temperaturvertheiluug dieselbe bleibt, und der Gradient mufs bis an
die Grenze der Atmosphäre reichen. Da uns übrigens die mittlere Temperatur
der betreffenden Luftsäulen in der Regel doch nur sehr ungenau bekannt ist,
weil wir das augenblicklich herrschende Mafs der Abnahme der Temperatur
mit der Höhe nur selten kennen, so ist für Depressionen mit warmem Centrum,
die bis zur Cirrus-Region reichen, im Winter (in Mitteleuropa) 2500 Meter, im
Sommer 3000 Meter als Faktor C zu nehmen.
Eine direkte Konsequenz alles bisher Gesagten und insbesondere der
Sätze IV und VI ist eine Erklärung der nächsten Ursachen der verschiedenen
Zugstrafsen barometrischer Minima, welche im Juni - Heft dieses Jahrgangs
besprochen und kartirt sind. Das auffälligste Faktum, die einheitliche Zugstrafse
und grofse Geschwindigkeit der Wirbelcentren in Amerika gegenüber der
äufsersten Veränderlichkeit der Richtung und Bewegung in Europa, dürfte sich
aus den ungleich gröfseren und konstanteren Temperaturunterschieden im Osten
der Vereinigten Staaten erklären. Wenn auch die vorkommenden Abweichungen
der Temperatur vom Mittel in der Union bedeutend, für die geographische
Breite sogar aufserordentlich grofs sind, so haben sie bei Weitem nicht den
Einilufs auf die Tcmperaturvertheilung, wie in Europa; Fälle, dafs der wärmste
und der kälteste Ort eines durch viele Breitengrade ausgedehnten Gebiets ihre
Rollen wechseln, wie es in Europa nicht selten ist, kommen dort kaum vor.
Mit Leichtigkeit können ferner die Sätze IV und VI angewandt werden,
um die wahrscheinlichen Bedingungen der einzelnen Zugstrafsen über Europa
zu erklären. So setzen die am stärksten vertretenen, nach NE und ENE ge
richteten Zugstrafsen hohen Druck im Südosten und eine von Süd nach Nord
abnehmende Temperatur voraus, die nach SE gerichteten hingegen eine stärkere