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Full text: 10, 1882

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nach Aufsen ist. Die Kohlenkaufleute sind stets bestrebt, die zu entladenden 
Schiffe so nahe als möglich an ihrer Werft zu haben, weshalb es dem Kapitän 
dringend anzurathen ist, beim Verholen mit dom Schleppdampfer darauf zu 
achten, dafs sein Schiff nicht auf einen Ankerplatz gebracht wird, auf welchem 
es nicht die genügende Wassertiefe findet. Der Kapitän sollte in dieser Hin 
sicht den Aussagen des Empfängers und des Personals seines Schleppdampfers 
nicht unbedingten Glauben schenken, sondern sich vielmehr bei auderen 
Kapitänen, die schon mit den Verhältnissen bekannt sind, Auskunft holen. 
Folgendes Beispiel, welches sich unter unsern Augen vollzog, spricht 
für die Richtigkeit des eben Gesagten. Einem holländischen Dreimastschoner 
wurde von dem Empfänger ein Löschplatz angewiesen, auf dem bei Nicdrig- 
wasser nur 5,4 bis 5,7 m (18 bis 19 Fufs) Wasser stehen bleiben, obwohl das 
Schiff einen Tiefgang von 5,1 und 5,4 m (17 bis 18 Fufs) hatte. Von den 
anwesenden Kapitänen über die Verhältnisse unterrichtet, weigerte sich der 
holländische Kapitän anfänglich, den ihm angewiesenen Ankerplatz zu nehmen. 
Die Leute dos Empfängers aber versicherten ihm, dafs auf dem besagten Anker 
plätze für sein Schiff mehr als genügend Wasser vorhanden sei, infolge dessen 
denn auch dasselbe durch den kleinen Schleppdampfer des Empfängers dorthin 
gebracht wurde. Am nächsten Morgen erzählte der Kapitän, dafs sein Schiff 
die ganze Nacht hindurch wegen der nicht unbedeutenden Dünung auf den Grund 
gostofsen hätte und leck gesprungen sei. Aufserdem sei das Chronometer durch 
die heftigen Stöfse stehen geblieben. Da ich am selbigen Tage den Hafen 
verliefs, so blieben mir die weiteren Folgen dieses Unfalls unbekannt. Ich sah 
nur noch, wie das Schiff wieder auf tieferes Wasser gebracht wurde. 
Ehe ein Kapitän mit dem Löschen seiner Ladung beginnt, sollte er sich 
mit dem Empfänger derselben über die Zahlung der Fracht einigen. Die 
Kohlencharter schreibt gewöhnlich vor: „Fracht für ausgeliefertes Quantum; 
etwaiges Fehlende von der Ladung ist vom Schiffe zu ersetzen.“ Diese letzte 
Bedingung ist indessen sehr harmloser Natur, da ein einigermafsen richtiges 
Wagon der Kohlen bei dem Schlingern des Schilfes nicht wohl ausführbar ist. 
Die Fracht wird also immer für das im Konossement angegebene Quantum der 
eingenommenen Ladung entrichtet. Wäre ein genaues Auswägen der Ladung 
möglich, so hätte dieses den grofsen Vortheil, dafs der Kapitän für das wirklich 
ausgelieferte Quantum die ihm wirklich zukommende Pracht erhielte. So wie 
die Verhältnisse aber liegen, mufs er das Gewicht gölten lassen, welches man 
ihm in sein Konossement schreibt, und es ist wohl anzunehmen, dafs dieses eher 
kleiner als gröfser wie das wirklich eingenommene Quantum sein wild. Dafür 
spricht der Umstand, dafs das Haus des Empfängers in Porto Grande nur 
eine Filiale des Abladers in England ist. 
Zuweilen kommt es vor, dafs im Hinblick auf die Klausel wegen des 
Ersatzes des an der Ladung Fehlenden, der Empfänger einen Abzug von der 
Fracht für 2 pCt. Verlust an der Ladung durch Verstäuben beim Löschen 
versucht. Allerdings erreicht die Wales-Kohle den Bestimmungshafen theil- 
weise als Kohlengrus, wodurch einige Tonnen als Kohlenstaub beim Um 
schatten verloren gehen. Dafs aber das Schiff diesen Verlust ersetzen sollte, 
dafür fehlt doch gewifs jeder vernünftige Grund, und die mir bekannten Kapitäne, 
welche sich gegen dieses Ansinnen sträubten, setzten auch ihren Widerstand 
durch. Andere Kapitäne aber, die des langen Liegens und des vielen Streitens 
müde wurden, zahlten diese ungerechte Steuer, um nur fort zu kommen. 
Aus dem Vorhergehenden geht zur Genüge hervor, dafs der Kapitän 
hier mehr oder weniger auf Gnade oder Ungnade dem Empfänger der 
Ladung überantwortet ist, und dieser Uebelstand macht sich von Anfang bis 
zu Ende des hiesigen Aufenthalts geltend. Hat der Empfänger keine Eile, ein 
angekommenes Schiff rasch zu expediren, so wird er dem Kapitän in den 
meisten Fällen begreiflich zu machen versuchen, dafs sein Schiff nicht auf dem 
richtigen Löschplätze liege, und cs vergehen dabei gewöhnlich erst einige Tage, 
bevor die Löschzeit ihren Anfang nimmt. Die Kohlencharter schreibt in der 
Regel vor, dafs der Empfänger nicht mehr als 85 Tonnen per weather-working- 
day abzunehmen braucht und da dieses nur ein äufserst geringes Quantum ist, 
so wird ein Schiff selten vor Beendigung seiner Liegezeit leer gemacht. Ist 
ein Schiff so weit entlöscht, dafs es wieder Ballast einzunehmen hat, so hängt
	        
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