Ehekrach. Danach erschien eine etwas reichlich dickliche Frau, ebenfalls nicht gerade
gut gewaschen, und drängte mir in einer Schüssel Kaffee und Kekse auf, was ich aus
reiner Höflichkeit nicht verschmähte. Nach anderthalb Stunden kam der Fischer zurück,
und ich verstand, daß er im Dorf kein Taxi hätte bekommen können — mit ihm wollte ich
mich in das etwa 100 km entfernte La Coruna bringen lassen. Ich willigte ein, daß er
dann ein Taxi aus dem Nachbarort bestellen sollte. Das Taxi kam dann nach weiteren
anderthalb Stunden, war aber in einem Zustand, der ihm bei uns keine Chance gehabt
hätte, den TÜV zu durchstehen. Mit diesem Taxi ging es dann los, mit Geschwindigkei-
ten, die mir — auf der sich an Bergabhängen hinwindenden Straße — durchaus bedenklich
vorkamen. Ich versuchte, durch häufigeres Stoppen zum Fotografieren die Gefahren
etwas abzumildern.
Schließlich kamen wir wohlbehalten in La Corufia an. Zuerst besorgte ich mir auf
der Bank spanisches Geld, was auf einige Schwierigkeiten stieß, weil ich keinen Einreise-
stempel in meinem Paß für Spanien hatte. Dann begab ich mich sogleich zum Bahnhof,
um einen Zug nach Madrid zu bekommen. Mit vielen Schwierigkeiten bekam ich heraus,
daß ein solcher Zug abends fahren würde; die Fahrt sollte 15 Stunden dauern. Die
Stunden bis zur Abfahrt verbrachte ich in der Stadt, wo ich dann in einem Restaurant
auch bald jemanden fand, der Deutsch sprechen und mir viele offengebliebene Fragen
beantworten konnte.
Nachdem am Abend der Zug nach Madrid eingetroffen war, stieg ich ein und fand
einen Zugschaffner vor, der Englisch sprechen konnte. Ich bat ihn, mir einen Schlafwa-
genplatz zu besorgen. Da es Vorweihnachtszeit war, wurde der Zug so voll, daß alle
Gänge mit Menschen fast verrammelt waren. Der Zug, von einer Diesellok gezogen,
fuhr ab, und ich wartete auf die Rückkehr des Zugschaffners. Der kam nach etwa einer
Stunde und teilte mit, er habe einen Schlafwagenplatz für mich bekommen, aber der
Schlafwagen sei am anderen Ende des Zuges, und da es nicht möglich sei, wegen der
Überfüllung durch die Gänge zu kommen, solle ich am nächsten Bahnhof schnell ausstei-
gen und auf dem Bahnsteig nach hinten laufen. Der Zug sei aber sehr lang und der
Aufenthalt sehr kurz, so daß ich mich sehr beeilen müsse. Nach Ankunft stieg ich also
aus und lief im Dauerlauf einen nicht enden wollenden Zug den Bahnsteig entlang, der
auch noch mit Menschen überfüllt war. Aber ich erreichte dann schließlich doch den
Schlafwagen. Indessen, als ich noch etwa eine halbe Wagenlänge zu laufen hatte, fuhr
der Zug ab. Nun, eine Diesellok kann einen Zug sehr schnell anfahren. Ich konnte aber
mit meinem Koffer in der einen Hand, Mantel und Fotoapparat in der anderen gerade
noch auf das Trittbrett aufspringen. Insoweit hatte ich es also gut geschafft. Meine Koffer
stellte. ich auf ein oberes Trittbrett; ich selbst stand darunter, mit den Knien den Koffer
festhaltend, Die rechte Hand hatte ich am Einsteiggriff, und. über dem Arm Mantel und
Fotoapparat. Doch als ich die Tür öffnen wollte, war diese versperrt. Zunächst gedachte
ich wieder abzuspringen, aber der Zug war schon zu schnell geworden. Als ich nach
mehreren Versuchen die Tür nicht öffnen konnte, suchte ich, es mir erst einmal beque-
mer zu machen. Den Koffer stellte ich günstiger hin, und dann suchte ich nach einer
Möglichkeit, mich auch noch mit der linken Hand festhalten zu können. Dabei fand ich
unter dem Wagenboden eine Stahlkante, die zwar schmierig und dreckig war, aber Halt
bot. Die Luft war mild und warm, der Eingang war ein Stück von der äußeren Waggon-
wand nach innen eingezogen, so daß ich nur wenig Fahrtwind abbekam. So war meine
Situation ganz gut, und bei der Durchfahrt durch Tunnels konnte ich ja den gefundenen
Halt benutzen. Aber schließlich überlegte ich: Du hast nun eine Fahrkarte 1. Klasse und
fährst auf dem Trittbrett! Und bis zur nächsten Station konnte es ja immerhin eine
Stunde dauern. Andererseits ist eine von 15 Stunden schließlich kein allzuhoher Prozent:
satz. Ich entschloß mich aber doch, mit dem Türöffnen weitere Versuche zu machen.
Zunächst stellte ich fest, daß die Tür nach innen aufgehen mußte. Da der Türgriff von
meinem Trittbrett aus sehr hoch lag, konnte ich direkt keine großen Kräfte auf die Tür
ausüben. Ich versuchte es daher mit Rütteln, und siehe da, nach einigen Versuchen
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