„Bei Untersuchung der in diesen Karten eingezeichneten Isobaren ersieht
man aus ihrer Lage, dafs während des Sturmes in der ganzen Atmosphäre
eine aiifsergewöhnliche Störung des Gleichgewichts stattgefunden hat, welche
als nothwendige Folge ein äquivalentes Bestreben der Luftmassen hatte, dasselbe
durch grofse, lang andauernde atmosphärische Strömungen wieder herzustellen,
entsprechend der Lage der Isobaren.“
„Die Bewegung dieser Luftströmungen folgt natürlich den allgemeinen
Gesetzen der Strömungen flüssiger Körper, nach welchen 1) die Bahnen der
Bewegung durch die Gröfse und Richtung der treibenden Kräfte bestimmt siud;
2) die Strömungen um so mächtiger sind, je gröfser diese Kräfte und die
im Zustande der Bewegung befindlichen Luftmassen sind; 3) der Widerstand,
welchen die Bewegungen dieser Strömungen nahe an der Oberfläche erfahren,
mit den Unebenheiten dieser letzteren zunimmt. Dieser Widerstand ist deshalb
auf den Kontinenten und den Inseln beträchtlicher, als auf den Meeren; die
atmosphärischen Strömungen haben daher das Bestreben, sich vorzugsweise
über die Meere fortzubewegen, wo dieser Widerstand ein Minimum ist. 1 2 ) Aber
selbst hier besteht eine merkliche Reibung zwischeu dem Wasser des Meeres
und der über dasselbe hinstreicheuden Luftmasse; infolge der dadurch
erzeugten lebendigen Kraft bleibt diese hinter dem Wasser an der Oberfläche
des Meeres zurück, nnd dadurch wird das Oberflächenwasser vorwärts in der
Richtung des Windes gedrängt. Durch die Reibung der Wassermoleküle gegen
einander verbreitet sich diese Oberflächenbewegung des Meeres allmählich bis
in die unteren Schichten, und wenn der Wind beständig aus derselben Richtung
weht, so wird sich die durch ihn hervorgebrachte Bewegung der Wasser-
theilchen von der Oberfläche bis zur ganzen Tiefe des Meeres fortpflanzen, mit
einem Maximum an der Oberfläche und einem Minimum am Boden. s ) Weil
ferner die Oberfläche, auf welche der Wind seine Wirkung ausübt, entweder
horizontal oder geneigt ist, und weil bei windstillem W r etter das Wasser hier
nach entweder in Ruhe oder in Bewegung in der Richtung des Abhanges ist,
so wird infolge der Wirkung des Windes auf die Oberfläche eine grofse Anzahl
von besonderen Strömungen in den Meeren entstehen, wie ich in „Vidensk.
Selbskabs Skrift“, 5° Reihe, Vol. 11, No. 111, 1876, 3 ) nachgewiesen habe.“
„Wenn nämlich der Wind über ein unbewegliches Meer weht, welches
derartig begrenzt ist, dafs der durch den Wind erzeugte Strom in seiner Be
wegung aufgehalten wird oder keinen Abflufs an den Küsten findet, so wird
die Kraft des Windes das Wasser gegen die Hindernisse seiner Bewegung
hin anstauen, derart, dafs die Oberfläche des Meeres alsdann eine geneigte
Fläche bildet, deren Abhang der Richtung des Windes entgegengesetzt gerichtet
ist. Infolge dieser Neigung der Oberfläche wird das Wasser in seiner Bewegung
nicht nur durch die Gewalt des Windes, welcher es nach vorwärts drängt,
sondern auch durch die Schwere, welche es wieder rückwärts zu führen strebt,
beeinflufst; die gleichzeitige Wirkung dieser beiden Kräfte äufsert sich in einem
doppelten Strome, nämlich einem oberen in der Richtung des herrschenden
Windes, und einem unteren in entgegengesetzter Richtung am Grunde dos
Meeres. Dieser letztere Strom ist aber von sehr geringer Stärke. Hält aber
der Wind längere Zeit an, so erhebt sich das Niveau bis zu einer bestimmten
Höhe, welche für den betreffenden Ort nur von der Stärke des Windes abhängt;
ist diese Höhe einmal erreicht, so führt der untere Strom in jedem Augenblick
eine Wmssermenge mit sich fort, gleich derjenigen durch den oberen Strom.“
„Bei Untersuchung der Vertheilung des Luftdrucks über das ganze grofse,
von dem Sturm in der Zeit vom 12. bis 14. November heimgesuchte Gebiet
ergiebt sich, dafs am 12. November Mitternacht der Luftdruck sich bis 780 mm
in dem nördlichen Schweden und None egen erhob, während er in dem südlichen
Theile der Ostsee sich auf dem mittleren Stande von 760 mm hielt und in ganz
Central-Europa unter dem Mittel war, mit einem Minimum von 745 mm in der
Umgebung von Wien. Verbindet man das Centrum des höchsten mit dem
’) Vgl. hierüber die bemerkenswerthe Abhandlung von C. M. Guldberg und H. Mohn in
Christiania: „Ueber die gleichförmige Bewegung der horizontalen Luftströme“ in der österr. Zeit,sehr,
f. Meteor., 1877, pag. 49—60. A. d. Itef.
2 ) Vgl. die Aufsätze von Prof. K. Zöppritz: „Zur Theorie der Meeresströmungen“ in
diesen Annalen, 1878, pag. 239—243. und 1879, pag. 155 —159. A. d. Ref.
*) S. Fufsuote — snb c pag. 1. .