Karl Gripp: Entstehung und künftige Entwicklung der Deutschen Bucht
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in SW-Richtung verlief (K. Gripp und E. Dittmer 1941). Talsande und eemzeitliche Meeres
absätze der östlich anschließenden Gegenden wurden in diesem Durchbruchtal der Unter-Eider
verfrachtet.
Über das gegenseitige Verhältnis des älteren Weser- und jüngeren Elb-Urstromtales läßt sich
noch nichts aussagen. Es darf aber angenommen werden, daß, selbst wenn der Boden des Weser-
Urstromtales höher gelegen hätte als der des Elb-Urstromtales, sich zur Zeit der Entstehung des
Elb-Urstromtales rinnendes Wasser auch im Wesertal auf das Niveau des neuen Elburstromtales
eingetieft hat. So waren anstatt einer tiefen Rinne zur Eem-Zeit, zur Zeit der nachfolgenden
Vereisung deren drei vorhanden, die sich irgendwo in der Nähe von Helgoland vereinigt haben
dürften (siehe Abb. 5 u. 6). Vermutlich mündete die Eider von Nordosten her in das Ost-West
fließende Elb-Urstromtal und dieses in das von Süden gegen Norden verlaufende Weser-Urstromtal.
Die Vereinigung kann teilweise spitzwinklig gewesen sein, so daß ein schmaler Geestrücken
zwischen zwei tiefen Rinnen stehen blieb, wie wir es heute noch beim Stapelholm östlich von
Friedrichstadt, einem Erosionsrest der Geest zwischen den Sandern der Treene und Eider,
beobachten. Es ergibt sich also:
Während der letzten Vereisung wurde das nördlich der Mündung des Weser-Urstromtales ge
legene Land zunächst durch das breite Urstromtal der Elbe gezweiteilt. Dies tief gelegene Tal zog
bald die Wässer aus dem oberen Teil des höher gelegenen nordfriesischen Sammelsandurs an sich
und schuf so eine breite Rinne im Gebiet der Unter-Eider. Die Vereinigung von den drei breiten
Schmelzwassertälern, dem ältesten der Weser und den zwei jüngeren von Elbe und Unter-Eider,
schuf während der letzten Vereisung erstmalig die Hohlform der heutigen Helgoländer Bucht. Der
vom Nordufer des Unter-Eider-Tales bis Sylt reichende Rest des alten Westlandes wurde vermut
lich gleichzeitig durch weitere vom Eider-Sammelsandur ausgehende Erosionsrinnen zerschnitten.
W. G. Simon (1941) zeigte eine solche Rinne zwischen
Amrum und Föhr auf.
4. Das Gebiet der Deutschen Bucht beim Eindringen
der alluvialen Nordsee
Mit Schluß der Vereisung versiegte die Schmelz
wasserflut. Statt der Schmelzwasser6tröme mit ihren
zeitweise gewaltigen Wassermassen zogen jetzt die
Flüsse Weser und Elbe ungefähr in dem Ausmaß wie
wir sie heute oberhalb von Bremen und Hamburg an
treffen, dahin. Die Eider gar war nur ein bescheidenes
Flüßchen in einem gewaltigen Tal.
Damals reichten die Geestgebiete erheblich weiter
nach Westen. Weil der Meeresspiegel tief lag, endeten
sie dort, wo einstmals die KÜ6te des offenen Eem-
Meeres gelegen hatte, an verlassenen Steilküsten. Von
diesen, zu den Ufern der noch nachweisbaren Eem-
Meer-Arme rechtwinklig verlaufenden Außenküsten
des Eem-Meeres ist bisher nirgends ein Anzeichen auf
gefunden worden. Wir kennen also weder ihre Lage,
ob innerhalb oder außerhalb der Doggerbank, noch ihre
Gestalt 2 ). Vor diesen alten und überwachsenen Kliffen
dehnte sich als flaches, begrüntes Land der Boden des
-»-■■■ I ehemaligen Eem-Meeres (Abb. 6).
20 50 100 Km e
' Abbildung 6
Während der frühen Nacheiszeit lagen der Boden
der Nordsee und die ehemaligen Eem-zeitlichen
Küstenkliffs infolge allgemeiner Landhebung trocken.
*) Die von Schmelzwässern am wenigsten umgeformten Ufer eem-
zeitlicher Meeresarme haben wir am Nordrand der Dithmarscher Geest
höhen (Hennstedt, Delve, Pahlhudei) und vor allem um die Bucht des
Beringstedter Moores Kr. Rendsburg vor uns.