Kurt Gebauer: Die Erschließung Afrikas und die dabei erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse. 35
meteorologischen Verhältnisse eingehend besprochen. „Als Regel gilt . . . für alle Tropenländer,
daß, wenn die Sonne klar auf gegangen, oder solxdd es in der ersten Morgenstunde sich aufgeklärt hat,
mit Sicherheit vor i bis 5 Uhr kein Regen zu erwarten ist. In Gallabat wäre es ein großes Kunststück
gewesen, mitten in der Regenzeit in Pantoffeln oder türkischen Schuhen von Haus zu Haus zu spazieren.
Hier konnte man sich täglich dieser Art Fußbekleidung bedienen.“ Die Regenpausen währten wieder
holt bis zu 4 oder 6 Tagen. Im mittleren Bongoland unter 7° 20' nördl. Br. wurden im März
des Jahres 1869 4 kleine Regenschauer gezählt, der April hatte schon 7 Güsse, Mai 7 mehr
stündige Regen, Juni 10, Juli II, August 12 Regen, nicht Regentage, „denn der Fall, daß der
Regen den ganzen Tag ohne Unterbrechung währte, kam ja nicht vor“. Bis Juni waren die Regen von
heftigen Stürmen und Gewittern begleitet (auch von Heuglin 1863 beobachtet). Vlit Ende Juli
hat Schweinfurth auch in der Temperatur einen bedeutenden Umschwung beobachtet. Er
spricht von der Einförmigkeit des Klimas, clie zur Verbreitung der einzelnen Pflanzenarten
beiträgt.
Die weiteren eingehenden klimatologischen Betrachtungen können hier nicht dargelegt
werden. Sie finden sich u. a. bei der „Rundtour durch das Mittu-Land, bei der Niamniam-
Kampagne“ („zum Glück hatte auch die volle Regenzeit ihre Regeln und Gewohnheiten; in den frühen
Morgenstunden bereits entschied sich das Witterungsprogramm des Tages“), am I.ehssi (der Abschluß
der Charif am 21. September 1870), in der Hauptscriba Kutschuk-Ali (am 23. Dezember 1870
der kälteste Tag im tieferen Binnenland von Afrika, + 16° C vor Sonnenaufgang, etwa 2 Stun
den lang) und an anderen Stellen („die Mittagsverhältnisse des Jahres 1871 schienen keine normalen
zu sein, und die einzelnen Jahreszeiten zeigen nicht jene scharfe Begrenzung, wie sie die beiden Vorjahre
ausgezeichnet hatte“). Es fehlen aber die genauen Messungen und Beobachtungen, die durch eleu
Lagerbrand vernichtet worden sind.
Mit Barth, Nachtigal und Schweinfurth faßt man Gerhard Rolilfs zusammen und be
zeichnet clie vier als Vertreter der „geistigen Besitzergreifung Afrikas“, denen man die Ver
treter der „politischen Besitzergreifung“ gegenüberstellt.
Nächst Livingstone hat Rohlfs wohl die längste Zeit im dunklen Erdteil zugebracht. Er
war eine ganz andere Natur als Barth, Nachtigal und Schweinfurth, die von der Liebe zur
Wissenschaft geleitet wurden. Rohlfs zog aus Abenteuerlust und Ehrgeiz hinaus. Man hat
wohl gesagt, daß jene intensive, er ein extensiver Forscher gewesen sei. cler dort zupackte,
wo gerade noch ein weißer Fleck zu finden war.
Rohlfs war schon in seinem Äußeren Niedersachse. Er wurde am 14. April 1834 in dem
Hafenstädtchen Vegesack an der Unterweser geboren. Aus einem behäbigen Arzthaushalt
stammend, war dem auf dumme Streiche sinnenden kleinen Rauhbein das Hafenstädtchen zu
eng. Er versagte bis auf Erdkunde und Geschichte in der Schule vollständig, rückte nach
Holland aus, mit genauer Not gelang es, ihn wieder zurückzuholen. Er wurde 1849 Soldat und
war 1850 Leutnant, machte die Schlacht von Idstedt mit und studierte in Heidelberg, Wiirz-
burg und Göttingen Medizin. Nach 3 Semestern wurde er wieder Soldat, desertierte und ging
in die Fremdenlegion, in der er an vielen Kriegszügen teilnahm. In Afrika wurde Rohlfs mit
der arabischen Sprache und den religiösen Gebräuchen des Islam vertraut. Als Mohamme
daner drang er 1861 ganz allein an das fremdenfeinclliche Marokko ein (Tafel 6) und wurde
vom Sultan zum Oberarzt für die marokkanische Armee und für den Harem ernannt. Von
Fes und Wessan ging er 1862 und 1864 als erster Europäer bis zur Oase Tafilet. Überfallen
und schwer verwundet, wurde er von 2 Pilgern zufällig gerettet und konnte Geryville erreichen.
1863 ging er von Tanger über den großen Atlas nach Tuat.
August Peter mann wurde auf den wagemutigen Reisenden aufmerksam und ermög
lichte die erste Afrikadurchquerung durch Rohlfs von 1865 bis 1867. Ohne wissenschaftliche
Vorbildung, nur mit Tagebuch und Bleistift machte er sich als „Mustafa“ auf den Weg. Von
Tripolis aus wanclerte er durch die Oasen Ghaclames und Kauar nach Bornu und zum Tschad
see und weiter über Jakoba, die Hauptstadt von Bautschi, zum Benne. Er befuhr ihn bis zur
Mündung bis Lokodscha. dann den Niger aufwärts bis Rabba und zog durch die Landschaften