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Kurt Gebauer: Die Erschließung Afrikas und die dabei erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse.
kehrte nach Kuka zurück und zog mit Overweg ins Musguland und nach Kanem. Overweg
starb, nachdem er noch das Land Bautschi aufgesucht hatte, in Maiduari bei Kuka, erst
30 Jahre alt. Barth ging wieder ins Musguland nach Bagirmi und weiter über Kano, Katsena
und Sokoto nach Ganda und Timbuktu. Hier blieb er trotz vieler Anfeindungen 8 Monate lang
und sammelte geschichtliches, sprachliches und völkerkundliches Material von unschätzbarem
Wert. Auf seinem Rückmarsch nach Kuka traf er im Walde von Surrikolo mit Eduard Vogel
zusammen, der die Spuren Barths, den man für verloren hielt, aufsuchen sollte. Nur einige
Zeit blieben beide zusammen. Auf der Karawanenstraße von Kuka nach Tripolis trat Barth
die Heimreise an. Vogel ging nochmals nach Aclamaua und über den Benue und wollte durch
das streng verschlossene Sultanat Wadai die Heimreise antreten. Seitdem blieb er verschollen,
bis Gustav Nachtigal Ermittlungen über seine Ermordung anstellte.
Barths Reise, die noch nicht 10 000 Taler gekostet hatte, erschloß das ungeheure Gebiet
zwischen Tripolitanien und dem Benue, dem oberen Niger und dem Lande Wadai; er hat
20 000 km Weges, das entspricht dem halben Erdumfang, kartographisch festgelegt und uns
durch Erkundungen einen Raum vertraut gemacht, der fast die Hälfte Afrikas umfaßt (West
sudan, große Teile des mittleren Sudans und der Sahara). Er hat über den Benue und die
Tuburi-Sümpfe Klarheit gebradit.
„Und dies ist das Hauptverdienst, das ich für mich in geographischer Hinsicht in Anspruch nehme:
die von mir durchzogenen Landschaften in dem Gesamtbilde ihrer Oberflächenverhältnisse mit aller Treue
dargestellt zu haben, wie es einem Beobachter bei einmaligem Durchzuge oder kurzem Aufenthalte immer
nur möglich war . . . Zumal muß ich es dringend beklagen, daß ich weder ein Aneroid-Barometer, noch
ein zuverlässiges Thermometer besaß, um Höhenmessungen mit kochendem Wasser anzustellen.“
Später hat Barth nodi viele längere Reisen ins Mittelmeergebiet ausgeführt, aber nur
eine kleine Schrift darüber veröffentlicht, da ihn mit 45 Jahren, am 25. November 1865. in
Berlin ein viel zu früher Tod ereilte.
Barth hat kein regelmäßiges meteorologisches Tagebuch geführt; er hat aber seine Beobadi-
tungen systematisch zusammengestellt. Die Minimum- und Maximum-Thermometer wurden
zerbrochen, ehe sie irgend einen Nutzen gewährten. „Der Unregelmäßigkeit der Beobachtungen
halber gebe ich sie als das, was sie sind: Bruchstücke eines meteorologischen Tagebuches.“
Die Beobachtungen beginnen am 1. April 1850 und reichen bis 27. Juli 1855 mit vielen
Unterbrediungen. Es sind die Stunden (zuweilen die Angabe: Sonnenaufgang usw.), anfangs
die Temperaturen nach Celsius, dann nach Fahrenheit verzeichnet, dazu kommen oft beson
dere Bemerkungen („starker Gibleh“, „um 8 Uhr trat Regen ein“, „kalter Nordwind“, „heißer
Nordwind“ usw.). Alle diese Beobachtungen sind am Schluß der einzelnen Bände zusammen
gestellt und werden keinen sehr großen wissenschaftlichen Wert besitzen, da sie sehr liicken-
liaft und unzureidiend sind.
Es ist erstaunlich, welche Fülle von Stoff in der Zeit von über 5 Jahren von Barth bewältigt
worden ist. Das war nur möglich, weil er sich auf seine sehr genauen und umständlichen Ar
beiten stützen konnte. Das Reisewerk ist durch die Verleger Justus Perthes in Gotha und
Thomas L o n g m a n n in London für damalige Zeit vorzüglich ausgestattet worden, und auch
die trefflichen Karten Petermanns und die von Be matz in München nach Barths Skizzen
angefertigten Bilder haben zum Erfolg des fünfbändigen großen Reisewerkes beigetragen.
Zwar wurde von der Kritik die Überladung de ; Textes mit unwesentlichen Kleinigkeiten ge
tadelt, aber es wurde auch gesagt, daß Barth treu, gewissenhaft, sorgfältig, nüchtern, „ganz
wie ein Gelehrter der alten Schule“ berichtet habe.
„Während Barth seine Reise mit mehr Geist und von einem höheren Standpunkte, also
mit einem bleibenden Nutzen ausgeführt und dargestellt hat, reizt Livingstones Buch durch die
angenehme Darstellung, die an Herodot erinnert.“ Und die Engländer sagten, daß Barth als
Deutscher „kosmopolitischere und tolerantere Anschauungen besaß, als die Engländer für
gewöhnlich hegen.“ Er sei „das Muster eines Forschungsreisenden gewesen: geduldig, beharr
lich, entschlossen und zufrieden mit Wenigem."