Hans Waiden: Über eine Sturmdepression im Tyrrhenischen Meer
19
Infolge des geringen Feuchtigkeitsgehaltes der föhnig ausgetrockneten Luft sind die Niederschlags
mengen allgemein gering. Besonders interessant war die Wolkenbildung in der Nähe des Hafens von Gaeta:
An der Berghängen waren die Schiditwolken an der Untergrenze in wenigen hundert Metern Höhe infolge der
starken Austrocknung der von den Apenninen herabstürzenden Luft förmlich ausgefranst. Teilweise war auch
die Vertikalbewegung von einzelnen Wolkenteilen auszumachen, so daß dem Beobachter der Eindruck von
unter einer bestimmten Höhenschicht verdunstenden Wolken vermittelt wurde.
Nachdem am 10. April das Charakteristische am Wetter während des Tages der Beginn des raschen
Auffrischens und in der Nacht die weitere Windzunahme war, ist für den 11. April das Anhalten des Nord
oststurmes über Mittelitalien bezeichnend.
Am 11. April um 8 Uhr melden nach dem Hinzukommen des Tiefkernes (B) im Tyrrhenischen Meer:
Ponza O 10, Montecassino NNO 11, Rom NO 7, Paola NO 10, Kap Bellavista (sardinisdie Ostküste) NO 9
und Sprühregen. Ponza verzeichnet 6°, Neapel bei NO 4: 7°, Messina bei S 5: 14° C. In den höheren Lagen
der Apenninen schneit es.
Allgemein sehr ungleichmäßig sind die Windgeschwindigkeiten in Rom und Neapel.
Um 11 Uhr herrscht in Montecassino voller Orkan, in Bellavista NO 11, in Messina SSW 6. Über
Ustica, das zwischen den beiden Tiefkernen liegt, hat es abgeflaut auf SO 2. Im südlichen Tyrrhenischen Meer
fallen Schauer.
Um 17 Uhr sinken in Potenza (837 m) die Temperaturen auf den Gefrierpunkt. Der Luftdruckgradient
zwischen Montecassino und Aquila beträgt rund 9,7 mb auf 111km. Wie unregelmäßig die Fallwinde sind,
zeigt u. a. das Auffrischen des Windes in Neapel von 5 (14 Uhr) über 6 (17 Uhr) auf 9 (19 Uhr). Um 19 Uhr
ist die Kaltluft über Ustica mit NO 8 und mäßigem Regen eingebrochen; gleichzeitig ist es in Palermo wind
still. Vom Stromboli werden Gewitter gemeldet, Messina verzeichnet S 7. Sturm aus Nordwest liegt seit der
Nacht vom 10. zum 11. April auch über der Straße von Pantelleria und Lampedusa.
Am 12. April, 2 Uhr, befindet sich die Depression kurz vor dem Abwandern nach Osten über dem öst
lichen Teil von Sizilien; es melden: Neapel ONO 7, Rom N 6; auch in Brindisi ist es plötzlich aus Nordosten
auf 9 aufgefrischt. Zu der Zeit, in der das Tief mit seinem Kern das Tyrrhenische Meer verläßt, findet im
Hafen von Gaeta das starke Abflauen von Windstärke 10 auf 3 bis 2 statt; am nächsten Morgen ist es dort
fast windstill. Dieser Abnahme der Windgeschwindigkeit in Gaeta entsprechend verzeichnen am 12. April,
um 8 Uhr, als die Depression sich bereits über dem Ionischen Meer befindet: Ponza NNO 2, die Talstation
Montecassino W 5; doch melden noch immer starke Winde Rom und Neapel mit NNO 7 bzw. NO 7. Über
dem südlichen Tyrrhenischen Meer und über der Straße von Pantelleria herrscht nunmehr durchweg Nord
sturm. Auch in Malta hat es aus WNW auf Stärke 8 aufgefrischt. Im Küstengebiet Norditaliens fallen
Starkregen.
Die Unregelmäßigkeiten im Abflauen des Windes im italienischen Küstenbereich zwischen Orbetello
und Neapel stehen zum Teil im Zusammenhang mit den örtlichen Geländeverhältnissen.
Noch einmal frischt es über Ponza aus Nordost bzw. Nord bis auf 4 (11 Uhr) und 6 (14 Uhr) auf, doch
meldet Montecassino auch um 14 Uhr westliche Winde (Stärke 3). Im Laufe des Nachmittags des 12. April
flaut der Wind nun im gesamten Bereich des Tyrrhenischen Meeres ab. Am 13. April ist der Sturm überall
vorbei; als letzte Stationen mit starken Winden treten um 8 Uhr hervor Stromboli und Ustica mit Stärke 6
bzw. 8. Um 11 Uhr meldet auch Ustica nur noch NNW 6.
Der Seegang, der auf Reede im Hafen von Gaeta zur Zeit des Nordoststurmes entstand, wurde auf 6
geschätzt.
Verschiedene Arten von Depressionen über Italien.
Bisher ist in dieser Arbeit festgestellt worden, daß sich als Folge eines Einbruchs von Kaltluft — oder
besser: zweier Kaltlufteinbrüche — eine Depression über dem Tyrrhenischen Meer gebildet hat. Es wurde
bereits eingangs darauf hingewiesen, daß es für die Wettervorhersage von überragender Bedeutung ist, im
voraus sagen zu können, in weldrer Richtung das einmal südlich der Alpen gebildete Tief ziehen und wo es den
Höhepunkt seiner Entwicklung erreichen wird.
Um zunächst eine Vergleichsmöglichkeit zu schaffen, wurden einige Wetterlagen mit Depressionen
über dem mittleren Mittelmeer herausgegriffen (den „Täglichen Wetterberichten“ der Deutschen Seewarte
entnommen). Da ein großer Einfluß der Temperaturverteilung über dem südlichen Europa erwartet wird,
wurden die Differenzen zwisdren den einzelnen Stationstemperaturen und der Temperatur der südfranzö
sischen Station Lyon auf Karten 20—28 (Tafel 3) dargestellt. Die LMtersdiiede in der Temperaturverteilung