Erwin Prager: Der Einfluß einer Flachküste auf Wind und Niederschlagsfeld
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wurden, feststellen, daß der Reibungskoeffizient für Land etwa viermal so groß sei als für See, so
zeigt sich hier, daß das für die auflandige Richtung größenordnungsmäßig stimmt. Bei'der ablandi
gen Richtung hingegen ist der Küstenwert etwa 65 % des Landwertes. Ferner ist der Koeffizient bei
der ablandigen Richtung sowohl für Küste als auch für Land sehr viel größer als bei der auf
landigen. Nun ist zu berücksichtigen, daß es sich hier nicht um einen Vergleich der Reibung über
freier See mit der über weitem Lande handelt, sondern um einen Vergleich zwischen einem land
gestörten Küstenstreifen und küstennahem Land. So muß der Küstenwert der auflandigen Strömung
der kleinste von den Vieren sein, denn er gibt die von See kommende fast ungestörte Strömung; eben
so muß der Landwert der ablandigen Strömung der größte sein, denn er gibt die durch den Land
einfluß vollgebremste Strömung wieder. Aus den Differenzen ergibt sich ferner, daß der Reibungs
einfluß bei der auflandigen Strömung schneller wirksam wird beim Überschreiten der Küstenlinie
als bei der ablandigen, d.., daß die Bremsung der weit von Land kommenden Strömung über See
langsamer abklingt als die Geschwindigkeit der von See kommenden Strömung über Land. Beides
deckt sich völlig mit den vorangegangenen strömungsmäßigen Überlegungen und wird bei der nun
folgenden Diskussion der Karten zu berücksichtigen sein.
Es sind zunächst die Karten der auflandigen Richtung zu besprechen, nämlich die Karte 12
und folgende. Die Karte 12 zeigt anhand einer herausgegriffenen Isodyname sehr deutlich, wie in
der Geschwindigkeitsverteilung, genau wie beim Niederschlag, die Buchten und Flußmündungen
sich abzeichnen. Bei Ems und Weser ist es nicht so deutlich, aber doch bemerkbar. Ganz charakte
ristisch aber bei der Elbe, an der Eckernförder und der Lübecker Bucht. Die Karten 13 und 14
zeigen wie immer, daß der Reibungseinfluß überwiegt. Ein jahreszeitlicher Einfluß kommt beim
ersten Überblicken nur insofern heraus, als die Windstärken im Herbst und Winter etwas höher
sind als im Frühling und Sommer; sonst ist das charakteristische Reibungsbild gewahrt.
Im großen gesehen,zeigen sie überall dort, wo wir hohen Nieder
schlag hatten, eine geringe Windgeschwindigkeit und umgekehrt.
Das bezieht sich nicht nur auf die große Verteilung, Land: Hohe
Niederschlagshäufigkeit — geringe W indgeschwindigkeit / Küste :
Geringe N i e d e r s c h 1 a g s h ä u f i g k e i t — hohe Windgeschwindigkeit,
sondern bestätigt sich auch in den Buchten und Flußmündungen.
Überall finden wir an den Buchten und Mündungen das Einbiegen von Isolinien höherer Ord
nung, wo beim Niederschlag solche niederer Ordnung landeinwärts strebten. Es muß bei den
Strömungskarten noch mehr als bei denen der Niederschlagshäufigkeit beachtet werden, daß die
Linien ganz ohne Rücksicht auf strömungsmäßige Wahrscheinlichkeit mit pedantischer Genauig
keit an den Platz gelegt wurden, der ihnen rechnungsmäßig zukam. So ist beispielsweise der Wert
von Norderney auf der Karte 14 sicher zu niedrig. Ferner würde auf der Karte 13 das Landeinwärts
laufen der Isolinien im Emslauf dem Flußlauf mehr entsprechen, wenn, wie beim Niederschlag, die
Station Potshausen auch bei den Windbeobachtungen vorhanden gewesen wäre. So ist hier das
ganze Gebiet zwischen Edewechter Damm einerseits und Norddeich, Harlinger Siel und Friedrichs
schleuse andererseits unbesetzt. Auch Jever meldet keinen Wind. Auf der Karte 14 würde sich die
ziemlich schmale Rinne geringer Windgeschwindigkeit, die sich von Edewechter Damm nach
W ilhelmshaven heraufzieht, sehr wahrscheinlich über die ganze Breite des Landes zwischen Weser
und Ems erstrecken, wenn diese beiden Stationen nicht fehlten. Das Bild der Geschwindigkeitsver
teilung über See, d. h. das Mittel der Inseln und Feuerschiffe ist ungeachtet des im ganzen über
raschend deutlichen Gegensatzes zwischen Land und See in sich ziemlich ungeordnet. Nun haben
neuere Untersuchungen 7 ) gezeigt, daß die Zahlen für die Umrechnung von Beaufortgraden in mps,
die 1926 international vereinbart wurden, für W indschätzungen auf See zu niedrig sind. Wenn man
also bei dieser Untersuchung diesen Fehler berücksichtigen könnte, würde der Gegensatz zwischen
Land und See auf den Karten noch größer und das Gesamtbild deutlicher werden.
Man findet bei der Betrachtung der Karten kein Gebiet besonders geringer Geschwindigkeit,
das sich dem besonders hoher Niederschlagshäufigkeit entsprechend landeinwärts in großer Breite
küstenparallel hinzieht. Es war auch nicht zu erwarten, denn während beim Niederschlag weiter