H e 1 m u t h Geißler: Die deutschen Hochseepegel.
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Das letzte kann allerdings bei beiden Pegeltypen eintreten, beim Kuhlmannpegel sogar
in verstärktem Maße. Kennt man den Gezeitenverlauf an der Anlegestelle nickt, was ja als
das Normale anzusehen ist, so kann beim Mensingpegel der Abschluß des Außenraumes A der
Bourdonröhre beispielsweise zu Niedrigwasserzeit erfolgen. Dann wird die Röhre während
der vollen Gezeitenperiode, also überhaupt während der ganzen Meßdauer, einseitig auf
inneren Überdruck beansprucht. Das Umgekehrte tritt ein, wenn sich A gerade zur Hochwasser-
zeit abschließt.
Beim Kuhlmannpegel tritt hier die fehlende Lotfreiheit besonders ungünstig in Erschei
nung. Ist, um ein Beispiel zu geben, die Mittelwassertiefe an der Anlegestelle zu 25 m ge
messen, so wird der Oberraum A des Pegels mit rund 2.5 kg/cm 2 Preßluft gefüllt. Kommt nun
der Pegel beim Aussetzen unglücklicherweise auf einer Mittelwassertiefe von 21 m zu liegen,
so herrschen, abgesehen vom Luftdruck, bei 2 m Gezeitenhub im Innern der Bourdonröhre
Drucke zwischen 2.0 und 2.2 kg/cm 2 , in ihrem Außenraum A aber ständig 2.5 kg/cm 2 . Die Röhre
wird also dauernd zwischen 0.5 und 0.3 kg/cm 2 einseitig belastet.
Treten derartige Fälle in der Praxis auf, so kann man die Röhre möglichst bald nach dem
Messungsschluß unter den gleichen Umständen, unter denen sie während der Auslegung ge
arbeitet hat, über eine möglichst große Zahl auf- und absteigender Aste des Arbeitsbereichs
durcheidien, um zu versuchen, auf diesem Wege eine elastische Nachwirkung zu erfassen. Un
abhängig davon ist die aufgezeichnete Gezeitenkurve daraufhin zu untersuchen, ob nicht die
Basisabstände der Mittelwasserwerte eine auf- bzw. absteigende Reihe bilden. Das würde sich
ebenfalls durch elastisdie Nadiwirkung erklären lassen. Handelt es sich nur um eine Messung
der rein periodisdien Gezeiten, so fällt ein durch elastische Nachwirkung entstandener Fehler
als unperiodisch heraus; bei einer Untersuchung des Wind- und Luftdruckeinflusses auf die
Spiegelhöhe der See allerdings nicht.
Betreffs der Hysteresis sind die Röhren leiditer zu untersuchen. Eine solche tritt in den
Eichungen der Fuessschen Röhren ganz deutlich auf und ist so einwandfrei ausgeprägt, daß sie
beim Zeichnen der Eichkurven und bei der Auswertung der Pegelmessungen unbedingt zu
berücksiditigen ist.
Gibt man der Röhre Überdruck (Innendruck minus Außendruck > 0) und geht dann auf
die Druckdifferenz Null zurück, so bleibt die nun unbelastete Röhre ein wenig deformiert und
erreicht ihre ursprüngliche Ausgangsform erst bei der Anwendung eines geringen Unterdrucks
(Innendruck minus Außendruck < 0) von der Größe p g/cnr wieder. Geht man nun auf einen
Unterdrück, der dem absoluten Betrage nach dem maximalen Überdruck, dem die Röhre vor
her ausgesetzt war, möglichst gleich ist, und darauf auf Null zurück, so ist jetzt ein kleiner
Überdruck p' g/cm 2 nötig, um die Röhre in ihre Ausgangsform zurückzubringen. Die Summe
| p | -f p' j ist jeder Eichkurve leicht zu entnehmen und von den Maßstäben des Pegels und
der Eichkurven selbstverständlich unabhängig. Sie ist daher als Maß für die Größe der
Hysteresis geeignet. Die Deformationen der Röhre werden um so größer sein, je größeren
Druckunterschieden sie ausgesetzt ist. Ist die Röhre im Bereich zwischen dem Unterdrück P u
und dem Überdruck P 0 geeicht worden, so werde
Pu + Po
2
als Eichamplitude
bezeichnet. Das Maß
der Hysteresis |p| + |p'| nennen wir H und die Eichamplitude
Pu + Po
2
der Kürze halber A.
Beides wird in g/cnr angegeben. Man erkennt von vornherein, daß H eine monoton an
steigende Funktion von A sein muß. Tafel Nr. 4 zeigt ihren Verlauf auf Grund der Ergebnisse
einer besonderen Eichung. Proportionalität zwischen H und A liegt offenbar nur annähernd vor.
Die Güte der Röhre wird durch das Auftreten der Hysteresis nicht beeinträchtigt. Der Ver
änderlichkeit vonH kann man in der Praxis bei der Auswertung einer vierwöchentlichen Pegel
kurve dadurch gerecht werden, daß man die Änderung der aus der Pegelkurve zu entnehmenden
Hübe berücksichtigt, die durch die Unterschiede zwischen Spring- und Nippzeit und die wechseln
den Einflüsse des Windstaus entsteht. Sind die Änderungen der Hübe groß, so muß man ver