Werner Reichelt: Die ozeanograph. Verhältnisse bis zur warmen Zwischenschicht an der antarkt. Eisgrenze 23
Da die Serien durchschnittlich bis 700 m reichen, ist die Oberschicht und die warme Zwischenschicht mit
ihrem Kerngebiet erfaßt worden. Diese Zweiteilung springt sofort in die Augen, wenn wir von der dünnen,
salzarmen und verschieden temperierten Deckschicht absehen. Die oberen 150 m sind erfüllt von einer kalten
Wassermasse, die im Kern Temperaturen bis zu —1,8° aufweist und die Schicht des Winterwassers repräsen
tiert. In dieselbe Schicht fallen auch die starken Salzgehaltsgradienten, die von den salzarmen Schmelzwassern
der Oberfläche zu der salzreichen Zwischenschicht überleiten; diese weist Temperaturen bis zu 1,68 0 und einen
Salzgehalt bis zu 34,70 %« auf. Auffällig ist sofort, daß die beiden Schichten durchaus nicht in sich gleichmäßig
geschichtet sind, sondern durch starke Kernbildung Unterteilungen aufweisen. Am klarsten erscheint dies in
der Oberflächenschicht durch wechselnde Eisverhältnisse und durch die jahreszeitliche Entwicklung bedingt.
Hierbei ist zu bemerken, daß die zeitliche Entwicklung in unserer Darstellung von Ost nach West verläuft,
der östliche Teil zeigt also die Verhältnisse im Frühjahr und der westliche die im Sommer. Aber wahrschein
lich wird die jahreszeitliche Einwirkung dadurch weitgehend aufgehoben, daß die Beobachtungszone und auch
unser Vertikalschnitt mit dem Fortschreiten nach Westen gleichzeitig nach Süden abbiegt, der zurückweichen-
den Eisgrenze folgend. Somit kann man die äußeren Bedingungen wie die Eisgrenze gewissermaßen als gleich-
bleibend annehmen. Darauf deutet auch das Vorhandensein einer überall gleich kalten Kernschicht mit Aus
nahme bei Serie 45. Ein Gebiet starker Erwärmung der Oberfläche fällt zwischen 20 0 und 28 0 W auf, wo die
Oberflächentemperatur bis zu 1,8 0 ansteigt, und das einem sehr warmen Kerngebiet in der Zwischenschicht
entspricht. Es ist dasselbe Gebiet im Abschnitt „B“ der Oberflächenkarten, von dem wir feststellten, daß sich
hier das Eis im Rückzug nach Süden befindet, während westlich davon erneut die Eisgrenze berührt wurde,
und sich damit wieder die üblichen Oberflächenverhältnisse einstellten trotz der späteren Jahreszeit. Auch in
der Tiefe liegen hier im Westen die Temperaturen niedriger als in den östlichen Teilen. Es kommt nur bei
Serie 42 zu einem kleinen Kerngebiet mit Maximaltemperaturen größer als 0,5 Diese Benachteiligung in der
warmen Schicht kam auch schon in den Mittelwerten der Seriengruppen zum Ausdruck. Es ist das Gebiet süd
lich des Südantillen-Bogens, in dem die warme Zwischenschicht nur schwach ausgebildet erscheint.
Wenn wir nun die untere Grenze der kalten Oberschicht betrachten und zum Beispiel die 0“-Isotherme
herausgreifen, so sehen wir, daß auch diese starke Schwankungen in der Höhenlage ausführt, die über 150 m
betragen. Dabei fällt ein Ansteigen der Isotherme mit höheren Temperaturen an der Oberfläche zusammen,
so daß also die kalte Schicht in ihrer Ausdehnung vermindert wird. Gleichzeitig nimmt in diesen Gebieten die
warme Zwischenschicht an Mächtigkeit zu und besonders die Kerngebiete zeigen eine starke Temperatur
zunahme. Am deutlichsten tritt dieses bei der Serie 15 und 45 hervor. Offenbar besteht also ein Zusammen
hang zwischen dem Zurückweichen des Eises, der Erwärmung an der Oberfläche und der Zunahme der warmen
Zwischenschicht in ihren charakteristischen Merkmalen.
Gleichartige Schwankungen weisen auch die anderen hydrographischen Elemente auf. Den warmen Kernen
bei Serie 15 und 45 entsprechen auch Kerne höchsten Salzgehals von 34,70 %<>, dodi liegen diese etwas tiefer
als die Temperaturkerne. Im Bereich der kälteren Serien buchten die Isolinien nach der Tiefe zu aus und auch
in der warmen Zwischenschicht sinkt der Salzgehalt. Der Sauerstoffgehalt sinkt im Bereich der warmen Kerne
entsprechend der Annahme, daß das Wasser der warmen Zwischenschicht aus großen Tiefen stammt und
schlecht durchlüftet ist. In Verbindung mit niedrigen Temperaturen reichen Zungen hohen Sauerstoffgehalts
bei Serie 16, 32 und 49 in große Tiefen. Der Phosphatgehalt folgt nicht so offensichtlich der Einteilung der
Temperaturkerne, doch liegen die höchsten Phosphatwerte im Bereich der kalten Serien; die Oberflächenschicht
ist ziemlich gleichmäßig nach oben hin abnehmend geschichtet.
Verfolgt man die Lage des Längenschnitts auf den Horizontalkarten (Abb. 40 ff.), dann zeigt sich, daß die
erwähnten warmen Kerngebiete identisch sind mit den in der Hauptrichtung von Nord nach Süd vorstoßenden
Ausbuchtungen der entsprechenden Isothermen. Die warme Zwischenschicht mit Temperaturen höher als 1,0°
setzt sich also nach Norden fort. Das zeigt deutlich ein aus „Discovery“-Stationen (Disc. Rep. 1932) konstru
ierter Schnitt längs 55 • S, demgegenüber unser Schnitt diagonal von 58 0 S im Osten nach 62 0 S im Westen
liegt. Der „Discovery“-Schnitt (Abb. 35, 36) weist in großer Ähnlichkeit mit unserem Schnitt Kerngebiete mit
über 1,75 0 und Salzgehalten von 34,60 bis 34,70 °/ oo auf. Die Wassermasse, wie sie in unseren warmen Kern
gebieten verkörpert ist, steht also in direktem Zusammenhang mit der warmen Zwischenschicht im Norden
und zeigt dabei nur geringe Veränderungen. Leider läßt sich nach Süden im gleichen Abstand von unserem