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Full text: 60, 1940

— VIII — 
Bild 6. Nain. November 1930. 
Stürme in Labrador. 
Wie bereits erwähnt, sind die Labradorstationen geeignet, die große Lücke, die auf einer 
Hauptzugstraße von Depressionen zwischen den kanadischen und grönländischen Beobachtungs 
stationen besteht, teilweise auszufüllen. Wie entscheidend für die Auffassung einer bestimmten 
Wetterlage unter Umständen sogar die Beobachtungen nur einer einzigen Labradorstation sein 
können, möge zum Schluß am Beispiel eines Sturmes vom 9. Februar 1933 erläutert werden, 
dessen meteorologische Daten durch Missionar Hettasch beobachtet wurden. 
Es ist dabei interessant zu sehen, wie die allgemeine Beschreibung der Stürme durch 
K. R. Koch, der sie während des ersten Polarjahres 1882/83 beobachtete, bis in seine Einzel 
heiten mit den vorliegenden Messungen aus 1933 übereinstimmt. Wir wollen uns dabei etwas 
enger seiner ausdrucksvollen Darstellung von den Witterungsverhältnissen, besonders dem 
winterlichen Durchgang von Depressionen, anschließen. 
Die Winterstürme Labradors können sich mit den tropischen Stürmen an Stärke messen. 
Da die Temperatur kaum über den Gefrierpunkt während des Winters steigt, hat der Schnee 
keine Kruste. Die Luft ist dadurch bei den Stürmen bis zu beträchtlicher Höhe vollkommen 
mit Eisnadeln erfüllt. Sie verursachen auf der Haut einen stechenden Schmerz und verhindern 
nahezu das Öffnen der Augen. Bei solchen Stürmen ist es unmöglich zu reisen oder sich über 
haupt im Freien aufzuhalten. An die Durchführung von meteorologischen Beobachtungen ist 
nur in den seltensten Fällen zu denken. Andererseits ist der Sturm den Bewohnern auch will 
kommen, weil er die Wege bahnt; er wirbelt die Schneekristalle in der Luft umher und packt 
sie an einzelnen Orten fest zusammen, wo sie eine harte, massive Schneelage bilden (Bild 7). 
Je tiefer die Temperatur ist, um so fester wird die Schneedecke. Sobald die äußere Temperatur 
aber über —10 Grad ansteigt, beginnt der Schnee wieder lockerer zu werden, und man muß 
sich beim Reisen der Schneeschuhe bedienen. Tritt nach einem heftigen Schneefall kein Sturm 
ein, so ist jede Verbindung der einzelnen Stationen nahezu unterbunden. 
Den Stürmen gehen meist farbenprächtige Ringe und Höfe um Sonne und Mond oder sogar 
Nebensonnen vorauf, die ihr Entstehen dem gewöhnlich von S oder SW herauf ziehen den Cirrus 
schleier verdanken. Das Barometer fängt an, ungewöhnlich rasch zu fallen, die Temperatur 
hingegen steigt gewaltig an, in einigen Stunden um 20 bis 30 Grad, so daß die Höchsttemperatur 
bei 0 ° liegt. Dabei dreht der Wind um 180 °. Manchmal herrscht auf der Vorderseite der 
Depression Windstille mit dichtem Schneefall. Gelegentlich setzt auch gleichzeitig mit dem 
Fallen des Druckes ein stärker und stärker werdender Ostwind ein, der anhält, bis das Baro 
meter seinen tiefsten Stand annimmt; dann herrscht häufig, natürlich nur wenn der Kern des 
Tiefs über die Beobachtungsstation hinwegzieht, während einer Zeit von ein bis zwei Stunden 
nahezu Windstille. Mit steigendem Druck setzt gewöhnlich ein westlicher Wind mit starken 
Böen ein. Das Thermometer fällt schneller als es beim herannahenden Sturm stieg. Die Luft 
ist erfüllt mit aufgewirbeltem Schnee und stöbernden Eisnadeln. Nach ein oder zwei Tagen 
läßt die Gewalt des Sturmes nach und man findet sich in einer „vollkommen veränderten Welt“
	        
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