Joachim Blii tilgen: Geographie der winterlichen Kalt] ufteinbrii che in Europa. 165
sind aber in Schlesien ebenso häufig wie in Warschau, dem Einfluß der NO- und SO-KE ist
Mittelschlesien dagegen schon wieder etwas mehr entzogen. Die für Mittelschlesien verzeichnete
Gesamtzahl von ca. 238 KE liegt auch schon erheblich unter der von Polen. Nehmen wir schließ
lich noch das Gebiet von Wien als Beispiel einer mitteleuropäisch-kontinentalen Zone, so über
wiegen hier im Kerngebiet der C-KE naturgemäß diese zusammen mit SO- und. NO-KE bei
weitem, aber für sich genommen werden die C-KE hier doch noch von den NO-KE, aber nicht
mehr von den SO-KE überragt. Ähnlich ist es in München. Der hohe Anteil der kontinentalen
KE-Typen prägt sidi in dem Link eschen Luftkörperbild durch ein Zurücktreten der polaren
zugunsten der rein kontinentalen Luftkörper aus. Insgesamt ist im Frühjahr die Zahl der kon
tinentalen Luftkörper geringer gegenüber dem Winter, dagegen haben die C- und SO-KE stark
nachgelassen. Diese Diskrepanz gegenüber dem Verhalten der Link eschen Luftkörperzahlen
ist eine einfache Folge der absoluten Temperaturbegrenzung unserer KE-Typen, während
Linkes kontinentale Luftkörper selbstverständlich zu jeder Jahreszeit mit jeweils veränder
tem Temperaturwert Vorkommen.
Verlassen wir damit die kontinentalen Bereiche Mitteleuropas! Noch in Hamburg haben
wir in bezug auf die KE ein Übergangsgebiet, in clem hauptsächlich die Zahl der C-KE niedriger
ist, während die Abnahme der NO- und SO-KE offenbar nicht so besonders fühlbar ist. Das hat
seinen Grund darin, daß das Gebiet zwischen Elbe und Weser von Nordwesten her nach Südosten
ein wichtiger Grenzstreifen kontinentaler Einflüsse ist. NO-KE sowie namentlich SO-KE reichen
vielfach bis hierher. Wenn trotzdem die Mitteltemperatur des Winters höher liegt als weiter ost-
Avärts, so besagt das nur. daß wir es hier mit den milderen Vorderseiten der genannten beiden
KE-Typen zu tun haben, die die Temperatur nur wenig unter 0° senken. Weiter nach Südwesten
zu überschreitet die Temperatur den Nullpunkt noch häufiger und die KE reichen nicht mehr so
weit. Daher hat z. B. das westliche Rheinland knapp 200 KE im Winter, wobei jetzt die C-KE
zahlenmäßig voranstehen, während die NO-KE und die SO-KE stark zurückgeblieben sind.
Obwohl, wie die Luftkörperzahlen für Aachen und Hamburg zeigen, der Anteil der mari
timen und polarmaritimen Luftkörper sehr hoch gestiegen ist, sowohl im Winter wie im Früh
jahr, ist bezeichnenderweise nur ein Teil davon als NW-KE auszumaehen, weil die maritime
Polarluft allzuoft stark maskiert, also mit positiven Temperaturen eintrifft. Festzuhalten ist
aber, daß die NW-KE, die sich bis nach Mitteleuropa durchzusetzen vermögen, dann auch das
ganze Gebiet gleichmäßig betreffen. Wenn wir uns noch weiter südwestwärts begeben, dann
geraten wir wieder aus clem Bereich kalter Nordwestluft heraus: denn diese trifft hier mit noch
stärkeren ozeanischen Charakter ein. Paris hat daher weniger NW-KE unserer Definition als
z. B. Aachen, noch herrschen aber die C-KE vor. und auch kalte Südostströmungeu sind nicht
selten, weil das mitteleuropäische Kaltluftcprellgebiet immerhin noch recht nahe liegt 55 ). In der
Bretagne schon fallen die SO-KE ganz aus. Und hier herrscht der NW-KE vor, weil die kon
tinentalen so stark zurückgegangen sind. Sogar die C-KE treten so zurück, daß sie hier wieder
relativ von den NO-KE überflügelt werden. Daraus geht eindeutig hervor das begrenzte Auf
treten von C-KE und das sehr weite Vordringen eines Teiles der NO-KE. Schließlich wollen wir
noch die Verhältnisse in der Poebene kurz berühren, die ganz durch das Vorherrschen der C-KE
beherrscht werden, sei es durch Aclvelction von Osten oder über die Alpenpässe oder durch
örtliche Ausstrahlung im Bereiche eines Hochdruckgebietes. Der Schutz der Poebene geht aber
doch aus der gegenüber der Bretagne z. B. geringeren Gesamtzahl der KE hervor (113 : 93), die
in den acht Jahren beobachtet wurden.
Wir erleben im mitteleuropäischen Winter ein Mosaik und zugleich
eine Aufeinanderfolge von KE, wie sie wechselvoller in keinem anderen
Teile Europas anzutreffen ist. Zwar werden die Kälteperioden vorwiegend durch
kontiuentale Kaltluft (der Gliederung nach Linke bzw. S c h i n z e) gebildet: die aus dem
differenzierten Bewegungs- und Erscheinungsbild abgeleitete Untergliederung dieser kontinen
talen Kaltluft in C-, SO- und NO-KE-Typen mit ihren meteorologischen und geographischen
Variationen gestaltet jedoch den Winter so wechselhaft, wie wir ihn aus der jährlichen eigenen
“) Nach Bigourdan (1916) sind im Winter für Frankreich SO-Wincle (am Mittelmeer bezeichnenderweise
aber N-Winde!) charakteristisch.