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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums. — 60. Band. Nr. 6/?.
keit des Vorhandenseins sehr kalter Luft vor dem Eintreffen eines NO-KE infolge der Nähe des
lappländischen Quellgebietes von vornherein größer ist.
v. Ficker erwähnt in seinem Typ c noch einen weiteren KE-Typ, dessen Quellgebiet
ebenfalls im Eismeer liegt, der jedoch bei Kola das europäische Festland betritt und nach SO
strömt 45 ). Wir erkennen in ihm Kaltluftvorstöße, die entsprechend unserer Gliederung den
Nsk-KE zuzuordnen sind. Bei diesem Typ ist die Gabelung in einen westlichen und östlichen
Ast verkümmert: es dürfte dies seine einfache Erklärung in der zyklonalen Gebundenheit
dieses KE-Typs finden (Kolatief), während die Gabelung bei Fickers Typ b zunächst anti-
zyklonalem Divergieren entspricht. In vielen Fällen bewirkt jedoch die kräftige Druckanstieg
welle, die auch auf der Rückseite des Kolatiefs mit diesem KE einhergeht, über Südfinnland
und dem Baltikum eine Abzweigung mit nordöstlicher Strömungsrichtung, die dann weiter
nach Mitteleuropa zu vorstößt. Ein Teil der NO-KE ist sicherlich darauf zurückzuführen, beson
ders dann, wenn die Divergenz innerhalb des Eismeerstromes bereits außerhalb des Wetter
kartenbildes liegt. In diesem Falle ist aber auch die kontinentale Modifikation stärker wirksam.
Obsdion genetisch nicht in unserem Sinne trennend, hat J. Keränen (1928), auf dessen statistisdi-mittelwert-
klimatologiselie Arbeit wir auch bezüglich Skandinaviens bereits zurückkamen, die Kälteperioden für Finnland
(speziell Helsinki) wie folgt gekennzeichnet (S. 60/61): „Die längsten Kälteperioden im Winter werden meistens im
Zusammenhang' mit dem Einbruch der kalten und trockenen Polarluft gebildet. Da der Himmel dabei meistens klar
ist, wird die Ausstrahlung von der Schneedecke her kräftig und bewirkt einen starken Fall der Temperatur. Am
Anfang der Kältezeit befindet sich die Gegend auf der Rückseite eines Tiefdruckes, und die Winde sind gewöhnlich
in dieser Wetterlage lebhaft. Oft kommt oder entsteht darauf ein Keil oder Rücken des Hochdrucks, auf welchem der
Wind abflaut und die Ausstrahlung vorherrschend wird. Wenn der Zustand der Atmosphäre unruhig ist, wandert
dieses sekundäre Gebiet des Hochdrucks bald vorüber, gewöhnlich aus W nach O, und auf die Kälte folgt rasch
milderes Wetter und Niederschläge mit Winden aus S bis SW. — Manchmal liegt ein Hochdruck in der Gegend, und
in solchen Fällen wird die Kälte aufrechterhalten. Wenn das Hochdruckgebiet im N und NO verweilt, strömt die in
dessen zentralen Teilen erkältete Luft über die Gegend. Diese beiden Kältefälle dauern infolge der Beharrlichkeit der
Kälte erzeugenden Wetterlage am längsten, und in diesen entstehen auch am öftesten die niedrigsten Temperaturen.“
Diese Verhältnisse werden treffend durch Keränens kleine Tabelle beleuchtet:
Temp.
Kälteperioden im Winter — 17.6°
Abweichung v. d. Normalwerten — 12.9°
„ .... mm % rel.
Bewolkg. Dampfdr Feuchte
4.0 1.1 82
— 3.4 — 2.0 — 5
Wind
richtung stärke m/sec
NW—NO 3.8
— 0.9
Das zahlenmäßige Verhältnis der beiden zuvor besprochenen Typen (NO und Nsk) im
Nordostraum zeigt ein Überwiegen der Nsk in Finnland von Norden her (183 in Lappland, 143
in Finnland gegen 13b NO-KE in Lappland und 130 in Finnland). Da aber die NO-KE von N
nach S nur allmählich abnehmen, die Nsk dagegen viel kräftiger, kehrt sich schon im Baltikum
das Verhältnis um (99 NO zu 76 Nsk) und wird in Polen völlig gegensätzlich (83 NO zu 46 Nsk).
Diese Verhältniszahlen gelten für den Gesamtwinter, betrachten wir aber clie einzelnen Monate
genauer, so ist das Übergewicht der NO im Hochwinter auch weiter nach Norden hin vorhan
den, während im Frühjahr dafür clas Übergewicht der Nsk weiter südwärts ausgreift. Von
April ab herrschen im ganzen Nordostraum von KE nur noch die Nsk vor.
Die zeitliche Spanne des Auftretens der beiden KE-Typen umfaßt bei den NO-KE im Nord
ostraum die Zeit vom September (im Süden Oktober) bis Mai (im Süden April). Die Maxima
fallen im Norden auf November und März, im Süden auf Dezember und Februar. Die Nsk-KE
haben demgegenüber eine hauptsächlich zum Frühjahr erweiterte Spanne, nämlich bis Juni im
Norden und Mai im Süden. Sie setzen ebenfalls im September bzw. Oktober ein. Die beiden
Maxima im Oktober und März treten nur im Norden des Nordostraumes nebeneinander auf,
im Süden beginnen die Nsk ja erst im Oktober, daher verbleibt nur das Märzmaximum als
einzige Häufung.
Außer den zuvor genannten beiden Typen spielt der SO-Typ für den Nordostraum noch
eine wesentliche Rolle. Sein Quellgebiet liegt im südlichen Teil des Nordostraumes, wo 72 F älle
45 ) Mit ihm liängt die bedeutsame Luftdruck- und Temperaturvariabilität von Nowaja Semlja herab bis West
sibirien zusammen (v. Ficker, 1919).