Josef Marner: Die klimatischen Bedingungen für die Siedlung von Nordeuropäern in den Tropen.
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74 ) Nr. 19.
In Muansa verläuft das Klimagramm in 7 Monaten im Scliwülebereich. In Neuwied liegen sogar 8 Monate
in der Schwülezone, und die Abkühlungsgröße ist nur im Juli größer als 10. Bei beiden Klimagrammen ist
das Augenfälligste die ungemein schmale Fläche, die sie bedecken.
Mithin ist das Gebiet des Victoria-Sees trotj seiner Höhe nicht ausnahmslos als klimatisch günstig für
den Aufenthalt des Europäers anzusehen. Es wird wohl im einzelnen möglich sein, daß frei und hoch gelegene
Orte gesund sind; dagegen trifft dieses für die feuchten, regenreichen Gebiete nicht zu, da die Gleichmäßigkeit
der Witterungsfaktoren im jährlichen Gang erschlaffend wirkt.
Der Einfluß der Höhenlage wird auch gekennzeichnet durch die Zahlen und das Klimagramm der westlich
des Victoria-Sees auf einem Gebirgszug 1420 m hoch gelegenen Station R u h j a. Ihr Klimagramm
reicht nicht mehr in die Schwülezone hinein. Das Temperaturmittel aller Monate bleibt unter 20° und das
mittlere monatliche Maximum stets unter 25°. Nachts können starke Abkühlungen eintreten, und das
mittlere Minimum liegt in allen Monaten zwischen 15 und 16°.
Unsere Angaben scheinen mit den Erfahrungen, die in diesem Gebiet gewonnen sind, übereinzustimmen.
Büttner spricht Kamachumu (1380 m) südwestlich von Bukoba geradezu als Erholungsort für den
Weißen Deutsch-Ostafrikas an. Es habe dank seiner freien Lage ein ideales Klima 74 ).
10. Das Zwischensee-Gebiet (Ruanda, Urundi, Uha).
(Klima-Tabellen 29 und 30, Seite 65 und 66; Klimagramm 24, Tafel 4.)
Das von den höher gelegenen Gebieten westlich des Victoria-Sees Gesagte gilt in noch verstärktem Maße
von dem hier zu betrachtenden Raum. Die Höhen von Ruanda steigen bis 3000 m an. In Hochruanda ist das
Klima in Höhen über 1600 m schon als herb zu bezeichnen.
Während das Monatsmittel der Temperatur in Issavi (1760m) noch in einigen Monaten 20° über
steigt, erreicht es in Ruasa (1850m) noch gerade 18'. Die monatlichen mittleren Minima liegen an dieser
Station um 12°. Das mittlere Maximum dagegen übertrifft stets 22°, und im trockenen Januar steigt es bis
27°. Die Einstrahlung kann bei Tage sehr stark sein, und die nächtliche Abkühlung ist ebenfalls groß. Die
tägliche Schwankung ist daher in manchen Lagen bedeutend. Etwa bei 2200 m Höhe sinken die nächtlichen
Temperaturen bis zum Gefrierpunkt. Wir haben es mit einer Höhenstufe des äquatorialen Klimas zu tun,
das durch die durch Aufsteigen abgekühlten Südostwinde besonders herb wird. Die Südost-Hänge erhalten
besonders hohe Niederschläge. In der Regenzeit sind heftige Hagelstürme häufig, und an jedem Morgen liegt
in den Tälern dichter Nebel. Um die Gipfel der Vulkane, die die 3000 m hohen Gebirgsrümpfe überragen,
toben oft Schneestürme.
In Lagen von 2000 m Höhe dürfte sich der Nordeuropäer am woldsten fühlen. Schwüle kommt schon
in bedeutend tieferen Lagen nicht mehr vor. Das Klimagramm von Ruasa verläuft bereits völlig außer
halb des Schwülebereiches.
Nach dem Kiwusee hin wird das Klima etwas trockener, da das Ostufer des Sees gegen die regen
bringenden Südostwinde geschütjt ist.
Im Süden, etwa bis ins Gebiet von U d j i d j i, in Urundi und Uha steigt das Land allmählich von Osten
nach Westen an. Es erreicht nur noch Höhen von wenig über 2000 m. Die Regenmenge wird hier geringer,
und die Regenzeiten rücken mehr zusammen. Morgens liegt auch hier in Mulden und Tälern dichter Nebel.
Auch die südlichen Teile des Zwischenseegebietes müssen als durchaus günstig für die Ansiedlung von
Europäern gelten.
11. Die Randlandschaften des Tanganjika-Sees.
(Klhna-Tabeilen 31—34, Seite 66—68; Klimagramme 25—29, Tafel 5.)
Die Ostseite des Tanganjika-Sees bildet insofern klimatisch ein Sondergebiet, als sie im Windschatten
von Urundi, Uha, der Ränder des Zentralplateaus und des Ufipa-Hochlandes liegt. Der Südostpassat wird
durch kräftige Land- oder Seebrisen verstärkt oder geschwächt. Die Niederschlagshöhe liegt zwischen 750 und