Joachim Blüthgen: Geographie der winterlichen Kaltlufteinbrüche in Europa.
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Fig. 84 Skandinavische Kaltluftachse am 2. März 1931 Fig. 85. Skandinavische Kaltluftachse am 3. März 1951
(nach Bad. Wetterbericht). (nach Bad. Wetterbericht).
für das Felsengebirgc, 1935, S. 55). Wie schon an anderer Stelle erwähnt wurde, tritt beim Überqueren des Gebirges
durch Meeresluft ein kräftiger Feuchtigkeitsverlust ein (Linke u. Di nies, 1950, S. 2).
Jedenfalls zeigen alle diese Stationen des Inneren die Neigung zur Windstille, zu klarem
oder nebligem Wetter und scharfenStrahlungsfrösten. Die Kaltluftbildung im Bereich
dieser Achse ist für die Ostseeländer, aber auch für Norwegens Küsten
bereich von fundamentaler Wichtigkeit. Bei einem Anwachsen und Überfließen
cler Kaltluft nach Westen, besonders in Rücksicht auf die über dem Atlantik lagernden oder
nahenden Fronten, die ein solches Überfließen durch Ansaugen verstärken bzw. erst möglich
machen, erhält die norwegische Westküste Frost, meist mit Südostwinden verbunden. Diese Er
scheinung hat bereits W. Koppen als Bora beschrieben (1923). Bei allgemein westlicher Luft
strömung dagegen vermag die Kaltluftachse ein derartiges Hindernis für das direkte Vordringen
wärmerer Luftmassen zu bilden, claß die Ostsee und Finnland sowie das Baltikum von W her
keine so hohen Temperaturen erhalten wie etwa von SW her. Als Beispiel sei cler Fall des
23. Dezember 1931 angeführt (Fig. 86). Der Isobarenverlauf ist von Norddeutschland bis nach
Lappland südwest-nordöstlich, aber die 0°-lsotherme besitzt einen charakteristisch eingebuchte
ten Verlauf, und zwar dergestalt, daß sie nur in Nordlappland und im Bereich der südlichen
Ostsee stärker ostwärts ausgebogen ist, während sie sich in Skandinavien selbst dem Gebirge
anlehnt. Auch ist trotz eines gleichsinnigen Gradienten am Ostfuß des Gebirges wieder eine
Windstillenzone mit Strahlungsfrost erkennbar (z. B. Särna —22°), allerdings ist die Luft
strömung östlich des Kjöl allgemein schwach.
Während die Kaltluftachse dem schützenden Gebirge ihren Bestand verdankt, treten in
ihrem nördlichen Teil andere Faktoren hinzu, insbesondere die durch die nördlichere Lage
bedingte stärkere Ausstrahlungsmöglichkeit und die Zufuhr von Eismeerkaltluft von der nahen
Barentssee. Im Zusammenhang mit cler Zufuhr von Eismeerkaltluft liefert die skandinavische
Kaltluftachse auch einen großen Teil der Kaltluft, die mit NO-KE nach Mitteleuropa getragen
wird. Die Eismeerluft wird über Lappland, wie schon mehrfach betont, sofort und nachhaltig
kontinentalisiert. Jedoch ist die Ausbildung oder Andeutung cler Achse ungleich viel häufiger
als nur in Verbindung mit einem NO-KE. Das ist durch die verschiedenen Belege für ihr Auf
treten bei ganz voneinander abweichenden allgemeinen Strömungsverhältnissen über Nord
europa zuvor schon klargemacht worden. Auch ihr Anwachsen zu einem selbständig divergie
renden, cl. h. nach allen Seiten hin gleichmäßig abfließenden Kaltluftkissen in Skandinavien ist
weniger häufig. Dagegen heben sich die Orte der „Achse“ selbst bei allgemein milder West
winddrift durch lokale Kaltluftbildung im Gesamtstrome heraus, ohne daß clabei im Sinne der
eingangs gegebenen Begriffsdefination von einem KE die Rede sein kann. Ich möchte ihr Auf
treten bei den einzelnen möglichen Wetterlagen nur insofern behandeln, als ich mich auf die