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Ans dem Ardiiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums. — 60. Band. Nr. 6/7.
hervorging. Die Überquerung der Nordsee bedeutet für die Nordostluft eine Milderung (ß i g g ,
1935), herrschten im Dezember 1938 doch gleichzeitig in Westdeutschland noch — 10° Advektiv-
temperatur und darunter. Eine solche Kältewelle, ist sie erst einmal bis England vorgedrungen,
pflegt auch Irland mit zu ergreifen und dort wenn auch nur leichten Frost zu bringen. Betrachten
wir dies im Lichte der Tatsache, daß polarmaritime Luft Irland entgegen der Erwartung durch
aus nicht häufig erreicht, zumindest nicht mit frostnahen Temperaturen, so gewinnt der NO-KE
hier, so paradox es klingen mag, eine relativ größere Bedeutung als in dem stärker von Polar
luft betroffenen Ostengland. Wo die Grenze eines NO-KE auf clem Atlantik liegt, vermögen
wir nicht mit Sicherheit anzugeben, da direkte Beobachtungsstationen dafür nicht existieren.
Aber Anhaltspunkte dafür haben wir. Die Tatsache nämlich, daß die Luftströmung in England
und besonders in Irland bei NO-Lagen eine südöstliche Komponente erhält, zeigt uns, daß die
Grenze nidit weit draußen liegen kann. Aber selbst wenn wir einen solchen Anhalt nicht be
sitzen und tatsächlich an der Südwestspitze Irlands noch Nordostwinde bei leichtem Frost herr
schen, erlischt der Kaltluftcharakter schon nach kurzer Entfernung über dem Meere. Es braucht
hier nur an die an anderer Stelle (S. 30) mitgeteilten Beobachtungen von Kontinentalluft
vorstößen vom amerikanischen Festland nach den Bermudas erinnert zu werden. Innerirland
zeigt bei einer Nordostlage eine Neigung zu Frostverschärfung. In der Statistik vermerken wir
25 NO-KE, welche von 1925 bis 1933 Irland erreicht haben, gegen gleichzeitig nur 32 NW-KE.
In Südostengland verhalten sich diese beiden KE-Typen jedoch wie 40 zu 90!
Folgendes Beispiel eines bis Irland übergreifenden NO-KE sei angeführt. Der insgesamt 9 tägige NO-KE, der
am 24. Dezember 1927 in Nordeuropa begann, überschwemmte vom 27. bis 30. Dezember tu ich Irland. In Ostengland
herrschte leichter Frost. Anfangs blieb Nordirland noch frei von Frost, aber am 50. war nahezu ganz Großbritannien
bis nach Schottland hin von festländischer Kaltluft überflutet, die auch in ganz Irland spürbar war. —- Einen weiteren
typischen Fall stellt der NO-KE vom 9. bis 20. Februar 1929 dar (vgl. Bonacina, 1929). Yon Ostdeutschland und
Skandinavien nach Süclwesten fortschreitend erreichte er am 10. Frankreich, am 11. Südwestfrankreich und England
und am 12. ganz Irland und Schottland sowie Nordspa rúen. Dublin hatte bei Südostwinden — 2°, Holyhead an der
Westküste Englands dagegen noch Ostwmde und —5°. Der Naditag blieb ähnlich: Dublin SSO und — I o , Tynemouth
an der Ostkiiste Englands SSO und — 6°. Selbst die Hebriden (Stornoway) hatten an diesem Tage „kontinentale“
Luftzufuhr mit SSO und nur -j- I o . Die Tiefdruckgebiete blieben weit draußen vor Irland und wunderten nach Island
ab 40 ). Fig. 76 zeigt die Ausbreitung- dieses KE an den verschiedenen Tagen:
Fig. 76. NO-KE vom 9. bis 20. Februar 1929. Allein vom 12. bis zum 18. Februar hatte Irland Zufuhr festländischer
Kaltluft. (Nach Bad. Wetterbericht.)
i0 ) Dieser Winter war in England auffallend trocken, frontale Schneefälle waren selten, daher war hier auch ein
rascheres Ende im März möglich. Immerhin war die Frostintensität trotzdem so groß, daß selbst auf tiefen Seen in
Cnmberland Schlittschuhlaufen möglich war.