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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums. — 60. Band. Nr. 6/7.
D. Regionaler Teil : Die kaltluftklimatischen Räume.
I. Einleitung, Glieder n n g n n d A bgrenz u n g.
Versuchen wir nun auf der Grundlage der bisherigen Ausführungen eine Gliederung des
Untersuchungsgebietes, so ist damit die eigentliche geographische Synthese aufgegriffen. Der
größere Umfang des systematischen Teiles darf darüber nicht hinwegtäuschen. Die Typisierung
der KE mußte neuen Wegen folgen und ihre Beschreibung so vollständig sein, wie es nötig ist,
um darauf die folgende regionale Betrachtung aufbauen zu können. Außerdem ließ es sich im
systematischen Teil nicht ganz vermeiden, räumliche Zusammenhänge heranzuziehen, obwohl
dies für sich genommen Aufgabe der folgenden Abschnitte ist. Es ist daher nicht verwunderlich,
daß der systematische Teil diesen Umfang erreicht, und daß in der regionalen Synthese eine
Beschränkung obwalten darf.
Es wäre eine dankbare Aufgabe, bei der regionalen Betrachtung in clen einzelnen Gebieten den Anteil der ver
schiedenen KE am Zustandekommen der bisher klmiatologiseh verwendeten Mittel der einzelnen Elemente zu unter
suchen. Dies systematisch für das ganze Untcrsudningsgebiet durdizufiihren würde jedoch den Umfang iii dem
Maße erweitern, wie klimatologische Mittel zur Verfügung stehen. Daraus ergibt sich ganz von selbst, daß dieser
Versuch bis auf einzelne Beispiele hier weggclassen werden mußte. Eine solche Arbeit, die die Brücke zwischen KE
und klimatologisdiem Mittelwert schlagen könnte, wäre ungeheuer zeitraubend, und zwar so, daß sie „die Kraft eines
Einzelnen übersteigt“, um hier von Fickers Worte zu gebrauchen (1910 [b], S. 1771), als er die Beziehungen seiner
50 nordasiatischen KE allein zu den Luftclruckverhältnissen auf Grund der russischen Aufzeichnungen zu untersuchen
ins Auge faßte.
Der Gang der Synthese in dem nachfolgenden Teil ist daher der, daß auf Grund der Er
fahrungen, wie sie die Durchsicht der ca. 800 KE-Fälle bietet, das Charakteristische im
Jahresgang innerhalb eines bestimmten Ra u m e s festgehalten werden soll. Dieses
Charakteristische muß durch die besonderen geographischen Verhältnisse eben dieses Raumes
abgegrenzt sein gegen die abweichenden Verhältnisse in Nachbarbereichen. Dabei habe ich im
allgemeinen den Rahmen des zeitlichen Ablaufs gewählt, die Hervorkehrung cles einen oder
anderen Gebietsteiles wechselt daher. Solange es sich wie hier um eine großräumige Arbeit
handelt, die einen Überblick über eine verhältnismäßig langwierige Einzelarbeit gehen soll, die
vorausging, würde es sogar eine Belastung bedeuten, die nachstehend genannten Einzelräume
schematisch weiter aufzuteilen. Mit einer solchen Weitergliederung würde sich die Kleinarbeit
und der Umfang im gleichen Verhältnis steigern, und außerdem besitzen wir übrigens gar nicht
einmal die ausreichenden Spezialkenntnisse, um eine solche Aufgabe gleichmäßig durchführen
zu können. Was im Rahmen des Gesamtthemas für die Dynamik der Kaltluft auch in Teil
gebieten wesentlich erscheint, ist daher ohne nochmalige besondere Aufgliederung eingeflochten.
Das gesamte Untersuchungsgebiet umfaßt Teilräume, die sich leicht voneinander unterschei
den. Dabei hat man auf folgende Punkte zu achten: 1. die Lage zu clen Kaltluftquellgebieten,
2. die Erhaltungs- bzw. Bildungsbedingungen der Kaltluft, 3. die Häufung eines KE-Typs über
einem bestimmten Teil cles Gesamtraumes. Unter Berücksichtigung dessen ergeben sieb folgende
Teilräume (Fig. 74):
1. Der Nord westraum. Er umfaßt Island, das Meeresgebiet über die Färöer bis nach
SW-Norwegen, Irland und die Britischen Inseln sowie die Nordsee bis zur Küste des Festlandes;
2. Der skandinavische Raum einschließlich ganz L а p p 1 a n d, aber ohne Süd- und
Mittelfinnland;
5. Der Nordostraum, von Finnland über das Baltikum bis nach Ostpolen. Er stellt
sicher nur clen westlichen Teil eines weiter nach Rußland reichenden, größeren Gebietes dar, das
ähnliche Wesensart besitzt wie das in unser Untersuchungsgebiet reichende Stück:
4. Mitteleuropa. Es umfaßt in diesem Sinne Frankreich, Belgien, Holland, Deutsch
land, Dänemark, die südliche Ostsee, Ostpreußen mit Westpolen, Böhmen, Ungarn und die
Alpenländer. Anhangsweise hierzu werden Innerspanien und Norditalien behandelt.