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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobserv atorinms. —- 60. Band. Nr. 6/7.
häufiger auftreten, sondern auch unter sich kombiniert an Zahl zunehmen. Das charakteristische
Früh jahrsbild bietet daher das Diagramm für den April dar: NW und weiter Nsk haben zu
genommen,- alle anderen Typen sind fast verschwunden bis auf NO, welche zu Beginn dieses
Monats noch ausreichende Entstehungsvoraussetzungen im nördlichsten Europa besitzen. Die
Monate Mai (Fig. 61) und Juni (Fig. 62) lassen, wie zu Beginn des Winters, nur noch einzeln
auftretende KE zu. Zwar ist die Advektion von polarer Kaltluft über Lappland ungeheuer leb
haft und führt zu einem Maximum cler Zahl einzelner Nsk, aber die Erwärmung des Festlandes,
auch die Islands, verhindert eine stärkere Südwärtsausbreitung von Frosttemperaturen, zu
mindest nicht mehr von längerer Dauer. Die Nsk über Lappland können allerdings noch in
Mitteleuropa empfindliche Schneeschauer und Nachtfröste bedingen, die allerdings in den Tem
peraturablesungen des Morgentermins auf den Wetterkarten bereits durch Insolation ver
schleiert sind und daher in dieser weiten Ausdehnung im vorliegenden Material nicht mehr in
dem Maße auftauchen, wie es in Wirklichkeit nooch der Fall ist. Kalt]uftklimatologisch sind die
Nsk-KE im Frühjahr von Lappland herab bis nach Mitteleuropa das beherrschende Element.
Wir kommen auf die regionale Bedeutung dieser Erscheinung noch ausführlicher zurück.
Wenn wir das im Vorhergehenden Gesagte diagrammatisch zusammenfassen, dann ergibt
sich das in den Figuren 63—71 niedergelegte verwirrende Bild, welches erst einigermaßen ver
ständlich wird, wenn wir es in seine Bestandteile auflösen und diese für sidi und in Beziehung
zueinander betrachten. Dies ist geschehen. Es bleibt uns noch, die gewonnenen Resultate
dieses analytischen Abschnittes, die für das Verständnis des europäischen Klimas sehr wichtig
sind, zusammenfassend zu beleuchten. Im Jahresgang der KE erkenn neu wir folgendes:
Der Winter beginnt und endet mit maritimpolaren KE, von denen insbesondere die Nsk im
Frühjahr in bezug auf Zahl und Reich weite das Übergewicht haben, aber auch im Herbst häufig
sind. Die anderen vier KE-Typen verhalten sich insofern einander ähnlich, als ihr Auftreten auf
die eigentlidien Wintermonate beschränkt bleibt und von den Strahlungsverhältnissen des
Kontinents reguliert wird. Dabei ist die Phase der in den nördlichen Teilen Europas entsprin
genden NO-KE größer als die in südlicheren Breiten beheimateten, in denen clie Zeit vorherr
schender Ausstrahlung natürlich verkürzt ist. Summieren wir die einzelnen KE-Typenkurven
(Fig. 47—52), so ergibt sich der F e b r u a r zweifellos vom dynamisch klimatologi-
schen Standpunkt aus als cler Kernmonat des Winters. Wir sind gewohnt, den
Januar als solchen zu betrachten, das beruht dann jedoch auf einer Bewertung cler absolut
tieferen Temperaturen, die seine, hinsichtlich Zahl und Reichweite jedoch etwas zurückbleiben
den KE zu bringen pflegen. In den letzten Jahrzehnten war oft cler Februar der kälteste Monat,
auch 1940 war dies der Fall (Rethly, 1940), womit dieser thermisch singuläre Winter struk
turell gar nicht so außer der Reihe steht. Wir müssen daher streng scheiden zwischen Thermik,
Häufigkeit und Reichweite der KE. Konform gehen alle drei Betrachtungsweisen lediglich bei
den SO-Vorstößen, die Ende Januar zur Zeit ihrer tiefsten Eigentemperatur auch ihre größte
Häufigkeit und gleichzeitig ihre durchschnittlich weiteste Ausdehnung besitzen.
Im Jahresgang besonders markante und gehäufte Vorkommen von KE haben, namentlich in der meteorologi
schen Literatur, häufig Behandlung erfahren. Es handelt sich hierbei um mehr oder weniger begrenzte Ab
schnitte des jahreszeitlichen Ganges. Das Problem steht in enger Berührung mit der Singularitäten
frage, auf die wir zusammenhängend, noch im Kapitel C 10 zuriiekkommen. Unter diesen besonderen Witterungs-
abschnitten, die mit KE etwas zu tun haben, stehen zweifellos die KE des „Aprilwetters" und der
„Eisheiligen“ voran. Hier seien sie nicht als Einzelereignisse, sondern als Kennzeichen eines längeren früh-
jährlichen Zeitabschnittes gewertet. Wie aus der KE-Statistik bereits hervorgeht (S. 100 f.), und wie auch z. B.
O. Meißner (zuletzt 1939 [cl]) erwähnt, deckt sich diese Periode durchaus nicht mit dem Monat April bzw. den Daten
im Mai, weder im Einzeljahr noch im Mittel. Überhaupt ist der Begriff des „Aprilwetters“ nicht eindeutig. Wie
März (1956) hervorhebt, fällt die Zeit des häufigsten Auftretens von Aprilwetter auf einen ganz anderen Zeitraum,
je nachdem, ob man die Temperaturveränderlichkeit, clie Bewölkungsveränderlichkeit oder clie Windgeschwindigkeits
veränderlichkeit als Kennzeichen wählt. So kam denn auch Koppen (1915) zu dem paradoxen Ergebnis, daß
Aprilwetter (sofern es durch den Wechsel von Regenschauern und Sonnenblicken genügend gekennzeichnet sei) am
häufigsten im Juli wäre. Was die Temperatur Veränderlichkeit als Kennzeichen betrifft, so zeigt ausgerechnet der
April die geringsten Werte der interdiurnen Veränderlichkeit. Die stündlichen Temperaturänderungen sind schon
eher zutreffend, sie zeigen aber nicht nur Aprilhöchstwerte, sondern auch solche im Oktober (C a s t e n s , 1951, S. 274).
März gelangt daher zu einer Definition, bei der die stündlich registrierte Windgeschwindigkeit als Maß der Wetter-