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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriiims. — 60. Band. Nr. 6/7.
anderen Typen zu erwarten, wie wir ja schon an Hand von Fig\ 35 im vorigen Abschnitt (S. 96)
feststellen konnten, aber diese vermehrten KE-Fälle beschränken sich auf den isländischen
Raum. Sie gelangen nicht bis Mitteleuropa, wo zudem die anderen KE-Typen ausbleibe ii.
Hätte sich gerade in diesem Winter in Mitteleuropa eine Schneedecke ausbilden können, dann
wäre er sicher zumindest für Süddeutschland nicht so milcl ausgefallen. Im Osten des Kontinents
scheint die Zahl der SO-KE gegenüber den Verhältnissen in normalen oder kalten Wintern
vermehrt zu sein.
Und nun zum jährlichen Gange der KE inr einzelnen, nachdem wir kurz ihre Bedeutung
für den Gesamtwinter gestreift haben. Die größte zeitliche Reichweite innerhalb des Jahres
nehmen die NW-KE ein (Fig. 41 und 47). Sie setzen bereits im September verstreut in Island
ein. Der über dem Kontinent dann noch herrschende Altweibersommer verhindert vorerst ihr
weiteres Vordringen. Allerdings sind gelegentliche Strahlungsfröste am Ende des Monats auf
ein Durchstoßen der ersten Nordwestluft nach Mitteleuropa zxirückzufiihren, in deren Bereich
die nächtliche Ausstrahlung stärker wirksam werden kann (geringe Bewölkung, hohe Diather-
mansie, Zunahme der Nachtlänge). Einen vorläufigen Gipfel erreichen sie Ende Oktober. Im
großen und ganzen zeigt der November dann geringere, aber schwankende Werte. Nach einem
Einschnitt Mitte Dezember steigen sie erneut stark an und bereiten so den Durchbruch der
Weihnachtszyklone vor. Ein zweiter Gipfel folgt um Silvester und Mitte Januar. Im Dezember
und Januar liegt auch das erste Maximum der Mitteleuropa erreichenden NW-KE, dem ein
Zurückbleiben im Februar folgt. Dieses Zurückbleiben ist offenbar eine Art Verdrängungs
erscheinung, verursacht durch das Vorwiegen der NO-KE im Februar. Im März wächst die Zahl
dann wieder zu einem zweiten Maximum“) Die NW-Kurve besitzt demnach also für Mittel
europa andere Spitzen als für Island, wo Oktober, Dezember/Januar und April Höchstwerte auf
weisen. — Im ganzen folgt im Februar/März dann eine Abnahme. Die Schwankungen werden
jetzt großzügiger: breitere Gipfel, breitere Mulden. Erst Anfang April beginnt nach einer
breiten Einsenkung ein nochmaliger Anstieg, der zwar in cler achtjährigen Summe nicht die
Werte des Dezember ganz erreicht, aber insgesamt doch auffällt. Er fällt zum Mai hin stark ab.
Ein nochmaliges kurzes Aufflackern der NW-Kaltluftzufuhr Mitte Juni in Island scheint mit
dem. Einsetzen der nordwestlichen Monsunströmung zusammenzuhängen. Darauf werden wir
noch zurückkommen.
Wenn wir zusammenfassen, so erkennen wir neben den Extremen des Ein- und Aussetzens
im Herbst bzw. Frühjahr einen Anstieg Ende Oktober, eine hohe Frequenz um clie Jahreswende
und einen nochmaligen Anstieg im April. Zwischen Januar und April liegt eine Zeit breiterer,
um einen niedrigeren Durchschnittswert liegender Schwankungen. Der Abfall im Mai ist
schroffer als cler Anstieg im September. Mit dem Aufleben Mitte Juni greift dieser KE-Tvp
sogar noch auf die echt sommerliche Gesamtzirkulationsperiode über.
Ganz anders sieht das Bild der N s k - Tagessummen der acht Jahre aus. Auch hier müssen
wir uns natürlich hüten, Einzelheiten zu deuten, die ihre Entstehung dem Zufall cler nur
8jährigen Reihe verdanken. Die größeren Einschnitte dagegen sind auch hier unverkennbar
und zudem in den Einzeljahren meist gut zu analysieren (Fig. 42 und 48), vielfach sogar schärfer,
weil der datenmäßig von Jahr zu Jahr variierende Einsatz in der Summenkurve zu einem mehr
oder weniger starken Ausgleich führt. Der Anstieg der Kurve beginnt ebenfalls im September,
er ist jedoch auffallend steil und fällt ebenso steil im Oktober wieder ab. Die Reichweite ist
währenddessen auf Nordeuropa, meist sogar auf Lappland und Innerskandinavien, beschränkt.
An anderer Stelle (S. 92) wurde auch versucht, Anhaltspunkte für die Realität des im Gipfel
liegenden tiefen Einschnitts zu gewinnen. Von Ende Oktober bis Anfang März folgt eine gleich
mäßige Zeit außerordentlich geringen Auftretens. Ob die vorübergehende Häufung Mitte No
vember auch bei längeren Reihen relativ bestehen bleiben wird, mag hier offen gelassen werden.
Die Zeit des geringen Auftretens deckt sich mit der Zeit vorherrschender Ausstrahlungswirkung in
Nordeuropa, mit der Zeit des Vorhandenseins eines widerständigen Kaltluftblocks, der als selb-
**) Ygl. clie Zahl der Graupelfälle in den einzelnen Monaten nach Def ant (1916 [a]), die ähnliche Schwankungen
auf weist.