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Full text: 60, 1940

94 Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums. — 60. Band. Nr. 6/7. 
7. Die Beziehuugen der KE unie reinander. 
Wir kehren zu einer stärker geographisch betonten kausalen Frage'zurück', wenn wir in 
diesem Abschnitt die Beziehung zwischen vorangegangenen KE und später ausgelösten oder 
gleichzeitig auftretenden betrachten. Zwar bleibt davon das allgemeine Gesetz der Abhängig 
keit von den Luftdruckverhältnissen unberührt, aber die letzteren sind ja z. T. thermisch be 
dingt. Außerdem sind vorangegangene KE für das absolute Temperaturmaß späterer KE von 
Belang, insbesondere dann, wenn es sich um die 0°-Grenze selbst handelt. Zyklonal heran 
geführte KL vermag ein Hochdruckgebiet aufzubauen, wobei die KL also die unmittelbare 
Ursache darstellt. ihrerseits jedoch infolge des durch sie selbst bewirkten Luftdruckanstiegs 
wieder verändert wird und mit anderen Eigenschaften in anderer Richtung ausgebreitet wird. 
Auf diese Weise kann sie erneut zur Zvklogenese beitragen. Es ist damit eine Kausalreihe an 
gedeutet, die durchaus klimatologische Bedeutung gewinnen kann. 
Belegen wir das soeben Gesagte nach unserer Gliederung, so ergibt sich: NW-KE bis 
Mitteleuropa mit Druckanstieg und Absinken der Luft — Vordringen der mitteleuropäischen 
Boclenkaltluft nach Südeuropa — vielfach dadurch Zvklogenese über dem nördlichen Mittel 
meer — Nordwärtsverlagerung der neuen Zyklone — Ansaugung nordeuropäischer KL über 
die südliche Ostsee als NO-KE. Die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens dieser Erscheinungs 
folge nimmt mit ihrer zeitlichen Entfernung vom Ausgangspunkt (= Tief über Nordeuropa) 
ab, d. h. schon nicht jedes Tief über Nordeuropa bewirkt einen NW-KE nach Mitteleuropa, von 
diesen wiederum vermag sich nur ein Teil in Mitteleuropa auszubreiten, und dabei gelangt nur 
bei einem Teil der Fälle die KL zum Mittelmeer, die schließlich in noch selteneren Fällen zur 
Ausbildung einer Zyklone führt. Wie schon Scherhag betont, wenden sich weiterhin nur 
wenige dieser Zyklonen unter Vertiefung nordwärts. Es ergibt sich also hieraus die für uns 
wichtige Feststellung, daß einige der NW-KE bestimmte andere KE nach sich ziehen können. 
Außer dieser gesetzmäßigen Beziehung, die letztlich auf das Zusammentreffen und die Ver 
änderung verschiedener Luftmassen zurückgeht, sei noch auf die Abhängigkeit der 
Eigenschaften eines KE von denen eines voran gegangenen hingewiesen. Na 
mentlich für die Ausbildung von Kaltluftkissen über Mitteleuropa ist es entscheidend, ob 
dieselben auf vorangegangene NW-KE oder auf NO-KE zurückzuführen sind. Im ersteren Falle 
ist die Advektivtemperatur nicht sehr tief, die Ausstrahlung besorgt zwar eine fühlbare allmäh 
liche Abkühlung, aber Tiefstwerte werden dadurch nicht bewirkt. Auch macht sich die größere 
Feuchte von Anfang an bemerkbar (Nebel. Rauh reif!). Im zweiten Falle lagern über Mittel 
europa sehr trockene und extrem kalte Luftmassen aus NO. die zusammensinken und im 
Gebirge intensive Inversion bedingen. Für Frankreich und Spanien bedeuten diese mittel 
europäischen, ursprünglich von Nordosteuropa her abgezweigten Kaltluftkissen einen wesent 
lich kräftigeren KE als solche des zuerst genannten Falles. Sie unterscheiden sich in Südwest 
europa kaum von ununterbrochenen NO-KE, die direkt aus Osteuropa stammen. Ihre starke 
Aufheiterung mit Strahlungskälte ist charakteristisch. 
Kurz zusammengefaßt zeigt dieses Beispiel, inwiefern und in welchem Bereich die Eigen 
schaften eines KE von denjenigen vorher in dieses Gebiet geführter Luftmassen abhängen. 
Die Modifikation im Gefolge veränderter Luftdruckbedingungen, geänderter Strömungsrichtung 
und anderer Einwirkungen der Unterlage, wie sie sidi mit einem beliebigen vorangegangenen 
KE z. B. über Mitteleuropa vollzieht, ist daher auch nach einigen Tagen noch nicht so voll 
kommen umwälzend, daß nicht noch einige der Ursprünglichen Eigenarten auf den neugeborenen 
KE „vererbt” werden. 
Ganz besonders fühlbar ist diese „Erbschaft“ vorangegangener KE im Kleinklima, worauf R. Geiger (1932, 
S. 359 ff.) hingewiesen hat. Ein KE, der eine Schneedecke gebracht hat, wird z. B. von einem Warmluftvorstoß ver 
drängt, so nehmen wir zunächst als gegebenen Fall an. Dann werden sich unmittelbar über der Schneedecke noch 
lange Eigentümlichkeiten des Temperaturganges ausprägen, die im großen eben dem verdrängten Kaltluftkörper 
eigen, dem zur Herrschaft gelangten Warmluftkörper aber fremd sind. Gerade die Einwirkung einer Schneedecke ist 
ja mehrfach untersucht worden, worüber es ein umfassendes Schrifttum gibt. Die Spuren des vorangegangenen- KE 
wirken hemmend auf den Warmluftvorstoß. Umgekehrt ist die Einwirkung bei einem Übergang von maritimer
	        
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