Joachim BI ii tilgen: Geographie der winterlichen Kaltlufteinbriiche in Europa. 93
Gegensatz dazu meinen, ist für unsere Fragestellung weniger wichtig. Fest steht, daß einer posi
tiven Temperaturanomalie im Raume Grönland—Spitzbergen eine negative über dem euro
päischen Festland gegenüber stäncP 4 ). und daß zwischen beiden ein bestimmter barometrischer
ursächlicher Zusammenhang besteht. Der Winter 1928/29 hat im übrigen wie kein anderer eine
Literaturflut hervor gerufen.
Hinweise auf die ursächliche Verknüpfung' der KE mit den Luftdruckverhältnissen (ebenso wie auch auf die
räumliche Verteilung) kann man schließlich noch aus einer ganz einfachen Analyse der van Bebber sehen Zy
klon c n z u g s t r a 11 c n (1890, S. 52-1 ff.) entnehmen, insoweit nämlich die KE zyklonengebunden sind. Da aber
auch antiZyklonale KE schließlich einem Tief Zuströmen müssen, das einer bestimmten Bahn folgt, ist es mit gewissem
Vorbehalt möglich, auf diesem Wege eine Parallelisierung vorzunehmen.
Die Verteilung der negativen Temperaturen bei den fünf Zugstraßen, und zwar vor dem Tief (V), während
des Durchzuges (D) und auf der Rückseite (R), die wir in gedrängter Übersicht der zitierten Arbeit van Bebbers
entnehmen, kann mit entsprechenden KE unserer Gliederung parallelisiert werden. Da sich jedoch die Tabelle nur
auf die negativen Mitteltemperaturen des ganzen Winterhalbjahres bezieht, gehen viele Gebiete, die nur selten von
KE betroffen werden, und solche, die beispielsweise nur im Mittwinter KE mit negativen Temperaturen erhalten,
leer aus.
Gebiet
wann negativ?
und zwar bei
welchen KE?
Zugstraße I:
Island
YD R
NW
Lappland
N-Rixßland
V D (R)
SO
Finnland
Siebenbürgen
R
NO, C
Zugstraße II:
Island
V D R
NW, völ-frontal
Lappland
N-Norwegen
V D K
Nsk
Zugstrafte Hl:
N-Rußland
Island
V
vorfrontal NW
Skandinavien
(ohne W-Küstc)
V (D) K
NO. Nsk
Zugstraße IV:
N-Rußland
Island
V D R
NW
Nordeuropa
V D R
NO, Sk
Ostpreußen
V
SO
Zugstraße V:
Nord- und Mitteleuropa
NO
Halten wir zum Schluß dieser Abschnitte fest: die KE werden dnreh Luftclruck-
g e b i 1 cl e und ihre Veränderung in bezug auf Intensität und Lage aus gelöst.
Das berührt aber die Kaltluftbildung selbst zunächst nicht, bei ihr spielen neben den rein
meteorologischen Faktoren die geographischen eine wesentliche Rolle, außerdem noch die luft-
körperklimatologische Vorgeschichte, auf die wir noch zurückkommen. Es dürfte ferner klar
sein, daß wir zwischen zyklonalem und antizyklonalem Charakter sehr wohl unterscheiden
dürfen, und zwar nicht nur, wenn wir die KE-Typen selbst klassifizieren wollen, sondern auch
innerhalb eines einzelnen Typs. Es war notwendig, bei der Beziehung zwischen KE und Luft
druck in das von einer Vielfalt von Gesichtspunkten beherrschte umfangreiche Schrifttum über
die Luftdruck gebilde einzudringen und wenigstens beispielhafte Parallelen zu versuchen.
Immer, wenn wir von Luftdruckgebilden, von Tiefs, Flochs, von bestimmten barischen Wetter
lagen, von Zugstraßen, von jahreszeitlichen Luftdrucktypen — und was für Gesichtspunkte
sonst noch vorgebracht werden mögen — sprechen, werden wir vor der Frage stehen: Wie ist
unsere KE-Typen-Aufstellung dabei einzuordnen? Die kausale Verbindung zwingt dazu, und
das umfassende Schrifttum darüber diktiert in gewissem Maße den Umfang; allerdings müssen
wir uns darüber klar sein, daß wir uns bei dieser Fragestellung auf der Grenze zwischen geo
graphisch orientierter Klimatologie und der Meteorologie als Physik der Atmosphäre bewegten.
“) Eino schon von Hann (1890) gefundene Tatsache.