Skip to main content

Full text: 60, 1940

Joachim Blii tilgen: Geographie der winterlichen Kaltluftcinbrüchc in Europa. 
85 
Kaltluftmassen bilden ein schwer wegzuräumendes Hindernis. Die Warmluft umgeht daher 
Skandinaviens meistens. Daß sie dabei, wie auch S c h i n z e (S. 56) betont, im äußersten Norden 
Europas dank der Nähe der Polarkaltluftkalotte rasch okkludiert, stimmt überein mit der Tat 
sache, daß über Nordlappland in der Hauptsache im Winter drei Luftmassen einander ablösen: 
lokale Bodenkaltluft, die meist von der vorbeiziehenden Südwestströmung gestreift wird, aber 
selten weggeräumt wird; ferner maritime Polarluft, die aus NW vorstößt, ohne daß vorher ein 
Warmluftsektor am Boden erkennbar ist; schließlich arktische KL, welche von Nordosten aus 
dem Barentsseegebiet eintrifft. 
In Nordamerika kann man den ähnlichem Fall studieren, daß das Felscngebirge die WL zurückhält, wäh 
rend die kontinentale KL aus dem Bereich des Canadahodis über das Flußgebiet des Mississippi ungehindert bis zum 
Golf von Mexiko vorstofien kann {vgl. z. B. Externbrink, 1957). Willett (1935) hat in seiner für USA. 
grundlegenden Arbeit (S. 8) die geographische Bedingtheit des Luftkörperklimas sehr klar herausgestellt und 
dabei auch auf die durch die geographischen Gegebenheiten Nordamerikas bedingten Typen unterschiede der Luft 
körper gegenüber den europäischen Sctinzes hingewiesen. 
Der Trog des Atlantik beherbergt für Europa in der Hauptsache die milden Luftströmungen: 
dieser großzügige Transportweg wird nun durch kleinere La ml flächen nicht wesentlich ge 
hemmt. Diese werden vielmehr ohne Hemmung überflossen. und nur in meteorologisch be 
dingten Ruhepausen kann sich eine lokale Kaltluftbildung auch auf exponierten maritimen 
Landflächen, wie z. B. in Irland und Island zufolge der dann wirksam werdenden Ausstrahlung 
bemerkbar machen. In Island ist das deswegen besonders häufig anzutreifen, weil es zwar noch 
der Minimazugstraße sehr nahe liegt, aber andererseits auf der polaren Seite derselben von 
vornherein mit häufigerer Zufuhr polar maritimer Luft zu rechnen bat, innerhalb der in Ruhe 
pausen die Kaltluftbildung besonders intensiv ist. In Irland sind es dagegen feuchtmilde Luft 
massen, deren Diathermansie geringer ist. Hinzu kommt der Unterschied der Breitenlage. 
Im nordwestlichen Eckpfeiler des eurasisclien Kontinentes summie 
ren sich die Faktoren, welche die KL-Bildung begünstigen: Nordeuropa 
liegt einerseits nördlich genug, um ein starkes Über wiegen der Ausstrahlung im Winter zu 
besitzen; sodann hat es ungestörten Anschluß an die osteuropäischen Kontinentalflächen; der 
Gebirgswall gegen den Atlantik schützt es weitgehend gegen direkte Warmluftüberwehung. 
Schl ießl ich bedingt auch hier ähnliche wie in Island die Nähe des Polargebietes relativ häufige 
Zufuhr polarmaritime!' KL, innerhalb der die Bedingungen für Temperatur Senkung nach den 
oben aufgezählten geographischen Gegebenheiten stärker hervortreten. 
In Mitteleuropa fällt zwar die extrem lange Winternacht schon weitgehend weg, aber 
die Nähe des osteuropäischen Kontinentes mit seiner intensiven Kaltluftbildung einerseits und 
die Öffnung nach Westen zum milden atlantischen Bereich reguliert im einzelnen das Maß der 
Kaltluftbildung. Meteorologische Konstellationen werden daher im einzelnen bestimmen, wel 
cher Einfluß sich durchsetzen kann. Auch in südeuropäischen Hochflächen (Spanien) oder Becken 
(Poebene) vermag sich unter geeigneten meteorologischen Bedingungen die Kaltluftbildung 
durch Ausstrahlung im Winter bemerkbar zu machen. Überhaupt führt eine Kammerung des 
Kontinents nicht nur zur Bildung wirksamer Kaltluftherde, sondern bedeutet; auch einen Schutz 
gegen rasche Wegräumung der gebildeten KL. 
Die meteorologischen Bedingungen der Kaltluftbildung haben wir insofern bereits gestreift, 
als wir die Bedeutung der verschiedenen Luftmassen für das Absinken der Temperatur (polar 
maritime Luft in Island und Lappland) betont haben. In der Hauptsache fördert natürlich 
hoher Luft d ruck die Ausstrahlung durch die Tendenz zur Aufheiterung und damit die ört 
liche Abkühlung 2 “), das Ausbleiben milder Advektionsströmungen tritt hinzu. Die über die 
Alpen führende Hochdruckachse, welche das osteuropäische thermal bedingte Winterhoch mit 
dem dynamisch bedingten Azoreulioch verbindet, sichert dem südlichen Mitteleuropa und Süd 
osteuropa, der Poebene und Hochspanien die für Kaltluftbildung günstigen meteorologischen 
Bedingungen. Nordwesteuropa dagegen untersteht dem Regime der in dem atlantischen Troge 
entlang ziehenden Zyklonen und hat nur selten und stellenweise ruhiges, klares Strahlungs 
wetter. Eine nennenswerte Kaltluftbildung findet daher in diesem Raume nicht statt. 
~' J ) Selbst bei völliger Bewölkung beträgt die Ausstrahlung nach Äugst röm (1919 [a]) noch 10% der Klar 
ausstrahlung.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.