27
Joachim B 1 ii t li g c n : Geographie der winterlichen Kaltlufteinbr iiehc in Europa.
(alen KE oft nur wenige hundert Meter betragen. Die Mächtigkeit eines KE gewinnt indirekt
auch für unsere Zwecke Bedeutung insofern, als manche geographisch wichtigen Erscheinungen
eines KE sich nur aus einer bestimmten Mächtigkeit erklären lassen, wie z. ß. die frontalen
Aufgleitschneefälle bei Südostströmen.
2. T y p eil de r K a 111 uf I: vo r s t öße.
Wenn im folgenden eine Typeneinteilung der KE versucht werden soll, so sind dabei
wiederum nicht meteorologisch wichtige Eigenschaften maßgebend, sondern unmittelbar
erke n n b are. p h ysio g n omische. r ä u m 1 i c h g e b u n d e n e C h arakteristika.
Für den Meteorologen wird es wesentlich sein, die KE nach ihrem Gehalt an Feuchtigkeit,
ihrer Äquivalenttemperatur, ihrem adiabatischen Gradienten sowie ihrer Mächtigkeit zu
klassifizieren, aber diese Fragestellungen können für eine Einteilung, die geographischen Be
langen gerecht werden will., nicht ausschlaggebend sein. Daß die Auswirkungen der oben
zitierten Eigenschaften auf die Physiognomie der KE (sei es in bezug auf Bewölkung, Nieder
schlag. Alterung, Aufheiterung usw.) stark hervortreten können, ist eine andere Sache, die in
das Bei'eich geographischer Betrachtung fallen kann. Da wir hier einen KE jedoch als ge
gebenen Vorgang hinnehmen, den meteorologisch-geophysikalisch zu analysieren dem Ziele
dieser Arbeit nicht entspricht, werden diejenigen Eigenschaften besonders zu einer Typen
bildung herangezogen werden, die räumlicher und zeitlicher Bedingtheit entspringen, ganz
ähnlich, wie dies bisher auf dem Gebiete der geographischen Klimakunde mit den Mittelwerten
der klimatologischen Elemente geschehen ist.
Für die Typenbildung der KE ist die Herkunft der KL zunächst wichtig, ob Kontinent
oder Meer, in Verbindung mit der Breitenlage. Es ist etwas grundlegend anderes, ob ein KE
nördlich des Polarkreises und über dem Eismeer entspringt, oder ob er weiter südlicher und in
Kontinentalgebieten ansetzt. Sodann wird die weitere Unterlage, über die er dahinstreicht,
von modifizierendem Einfluß sein. Ein Strömen über See bringt geringe Reibung sowie geringe
Aus- und Einstrahlungsextreme mit sich, dafür hohen Feuchtigkeitsgehalt. Der Temperatur
gradient solcher ozeanischer Luftmassen beträgt nach Sieger (1936) im Winter im Mittel 0.6
bis 0.7°. am Boden sogar bis 0.9° (Fontei I. 1932, S. 17): derselbe kontinentaler Kaltluft beläuft
sich nur auf 0.1 bis 0.4°, z. T. sogar bis 0.08° (PC im Februar), also nahezu Inversion. Für die Ge
birgslagen des Untersuchungsgebietes gewinnt die Größe des Temperaturgradienten pro 100 m
naturgemäß große Bedeutung. — Gebirgszüge schaffen andere Strömungsbedingungen, indem
sie sich nicht sehr mächtigen Kaltlufteinbrüchen als wirksames Hindernis entgegenstellen. Im
einzelnen hier alle geographischen Faktoren aufzuzählen erübrigt sich, denn aus ihrem Mosaik
schälen sich die nachstehend geschilderten Typen heraus: außerdem kommen wir im Kapitel C 5
noch darauf zurück. Man wird vielleicht bei den hier auf gestellten Typen eines vermissen: den
Gesichtspunkt der Zeit. Er ist bei der Gliederung der Typen selbst nicht berücksichtigt worden,
diese ist vielmehr ausgesprochen regional: w r ohl aber kommt er im Kapitel C 8 über den jahres
zeitlichen Gang der KE eingehend zur Sprache. Es hat sich herausgestellt, das muß hier vor
greifend bemerkt werden, daß zwar Häufigkeit und Ausdehnungsbereich jahreszeitlichen
Schwankungen unterliegen, und ebenso auch die Temperaturmittelwerte, daß aber andererseits
die clen KE-Typ schaffenden geographischen Konstanten ihm eine relativ unveränderliche
Struktur verleihen, welche die Identifizierung immer ziemlich leicht ermöglicht.
Aus dem beinahe 800 Einzelfälle umfassenden KE-Material, das in der Statistik festgehalten
wurde, sind 6 verschiedene Typen herausgesondert, die im Untersuchungsbereich Europas auf-
treten. Sie lassen sich fast alle stets nach clen gleichen Methoden kennzeichnen und eindeutig
zuweisen, so daß die beachtenswerte Tatsache besteht, daß die ungeklärten f älle eine ganz ver
schwindende Zahl (höchstens 2 u /„) ausmachen. Die sechs Typen sind folgende:
a) maritimpolare Vorstöße von Island her: Nordwestluftvorstoße (Fig. 6) = NW-KE:
b) die indifferente Kaltluft Skandinaviens und ihre Oszillationen: skandinavische Kalt-
1 uft (Fig. 7) = Sk-KE;