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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 60. Band, Nr. 5
Abb. 10.
Die Niederschlagskarte (Abb. 10), die auf Grund der am 4.8. gemessenen Regenhöhen gezeichnet
wurde, hat ein eigenartiges Aussehen. Die Osthäfte des Untersuchungsgebietes hat weniger als 5 mm,
ja zum größten Teil weniger als 2 mm Niederschlag aufzuweisen; auf der Westhälfte dagegen steigert sich
die Niederschlagsmenge bis zum Maximalwert von 130 mm, d. h. etwa 25% des durchschnittlichen Jahreswerts
dieser Gegend. Die Niederschläge fielen bei Winden aus dem NE-Quadranten; die Gebiete maximaler
Niederschlagshöhe liegen entsprechend im Nordosten der höchsten Erhebungen des Potnmerschen Höhen
zugs, bei Lappin mit 130 mm und bei Gotenhafen mit fast 120 mm. Diese außerordentlich hohen Werte finden
ihre Erklärung einmal in der Tatsache, daß die an den Ostabhängen der Pommerschen Höhen angestauten
sehr kalten Luftmassen „gewissermaßen die räumliche Ausdehnung luvwärts und auch in die Höhe beträcht
lich erweiterten“ (31, 19) und damit eine Verstärkung des Gebiets der Stauwirksamkeit hervorriefen, über
das die um 10° C wärmeren und feuchten Luftmassen gezwungen waren aufzusteigen. Dann tritt in diesem
Fall aber auch der sogenannte „sec-Effekt“ (31, 12) als verstärkender Faktor hinzu, wie man aus der 08.00-
Uhr-Karte des 4. 8. 32 ersehen kann; der Richtungswinkel der Geschwindigkeit des Niederschlagsgebiets kommt
nahe an 90 Grad heran.
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4. Ergebnisse aus den Einzelwetterlagen.
Die Untersuchung der Einzelwetterlagen führt zu der Feststellung, daß die Orographie einen bedeuten
den Einfluß auf die Niederschlagsverhältnisse sowie auf den gesamten Wetterablauf im Weichselmündungs
gebiet ausübt. Aktive Kalt- und Warmluftmassen zeigen jedoch nicht die gleiche Intensität der Effekte.
Kaltfronten lassen nur selten deutliche Leewirkungen im Niederschlagsbild erkennen. Überqueren sie als
Gewitterfronten das Untersuchungsgebiet, so tritt meist in der Mitte des Weichsel-Deltas ein Niederschlags
maximum auf. Dagegen zeigen Warmfronten bzw. Okklusionen mit Warmfrontcharakter ausgeprägte Luv-
und Leewirkungen. Passieren sie mit westlichen Winden das Weichselgebiet, so liegt regelmäßig östlich der
Pommerschen Höhen und parallel zu ihrem Abhang ein Gebiet geringsten Niederschlags und westlich vor
den Elbinger Höhen ist der Vorstau an den hohen Niederschlagswerten zu erkennen. Ebenso rufen auf
gleitende Warmluftmassen bei Winden aus dem Ostquadranten, die gewöhnlich durch Mittelmeerstörungen
herangeführt werden, charakteristische Effekte, nämlich Niederschlagsmaxima östlich der Pommerschen Höhen
und Niederschlagsminima im Lee der Elbinger Höhen, hervor.
Damit konnten aber audi die bereits oben angeführten Feststellungen Moeses und Janssens (s. Ab
schnitt 1 Allg. Betrachtungen) über die Eigenschaften der aktiven Luftmassen bestätigt werden.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung ermöglichen auch eine nähere Erklärung des Jahresgangs des
Niederschlags sowie des Einflusses von Höhe und Meeresnähe auf den Jahresgang. Wie Schwalbe zeigte
(39, 386), liegt unter Ausschluß der Gewitterregen das Niederschlagsminimum im Sommer, das Maximum im
Herbst. Das tatsächlich auftretende Maximum im Sommer wird also durch Gewitterregen hervorgerufen, die