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Aus dein Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 59. Bd., Nr. 8
Nach weiteren 24 Stunden war jene Zyklone von den Bodenkarten gänzlich verschwunden
(Fig. 3) und nur noch als Ausbuchtung im Isobarenverlauf angedeutet. Bei unveränderter
Großwetterlage blieb jenes Gebiet auch weiterhin im Grenzbereich zwischen der kalten Ost-
strörnung und dem milderen Westwettergebiet.
2. Der Zusammenhang mit der Großwetterlage.
Offenbar läßt sich aus der alleinigen Betrachtung der Bodenkarten die rasche Auffüllung
der Zyklone weder Voraussagen noch nachträglich lückenlos erklären. Bevor jedoch an eine
weiterführende aerologische Diagnose dieses Wetterablaufes gegangen werden soll, sei hier
noch eine Feststellung vorweggenommen. Wie schon bemerkt, bedingten einerseits die aus
dem Südwesten herangeführten milden Meeresluftmassen, andererseits die aus dem Osten
einströmenden kalten Festlandsluftmassen über Mitteleuropa, von kleinen Abweichungen
abgesehen, ein westöstliches Temperaturgefälle. Zweifellos spielt für diese Dichteverteilung
und die daran gebundenen großräumigen stationären Druckgebilde die Verteilung von Land
und Meer eine entscheidende Rolle. Mit Recht läßt sich diese über Mitteleuropa hervor
gerufene Temperaturverteilung daher auch als eine monsunartige bezeichnen.
Hiergegen führte nun das heranrückende Kanaltief einen Angriff aus. Das die Zyklone
begleitende südnördliche Temperaturgefälle entspricht nämlich dem ungestörten Gleich
gewichtszustand auf einem gleichmäßig von Meer oder von Land erfüllten Planeten.
Somit läßt sich der in diesen Tagen hier abspielende Kampf um die Erhaltung der Groß
wetterlage auch als ein Ringen um die Vorheirschaft zwischen der planetarischen und der
monsunartigen Temperaturverteilung deuten. Wie der Ablauf des Wettergeschehens zeigte,
hat sich in diesem Fall in der unteren Troposphäre die monsunartige Temperaturverteilung
als hartnäckiger gezeigt. Dieser Sachverhalt wird im folgenden an Hand des aerologischen
Materials im einzelnen nachgewiesen.
B. Aerologische Vertiefung der Wetterdiagnose.
1. Das ä q u i v a 1 e n t p o t e n t i e 11 e T e m p e r a t u r f e 1 d.
Da die sich hier abspielenden atmosphärischen Vorgänge nach unseren bisherigen Erfah
rungen im wesentlichen sowohl thermodynamischer als auch hydrodynamischer Natur sind,
so soll die in der mathematisch-physikalischen Betrachtungsweise übliche Einteilung nach
diesen beiden Richtungen hin auch hier beibehalten werden.
Wie F. Möller' in seiner kürzlich erschienenen Arbeit ,.Pseudopotentielle und äquivalent-
potentielle Temperatur“ dargelegt hat. ist die theoretische Definition und Berechnung einer
für ein Luftteilchen charakteristischen thermodynamischen Größe, die von Strahlungseinflüssen
Meteorol. Zeitschr. Bd. 56, S. 1, 1939.