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Full text: 59, 1939

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 59. Band Nr. 7 
Eine wesentliche Rolle bei den zu betrachtenden Ereignissen spielt die Verfrachtung eines Kaltluft 
körpers. Dieser Kaltlufttropfen bewirkt nach dem Sprachgebrauch von R. Scherhag 8 , daß ein vorhandenes 
Höhentief nahezu restlos kompensiert wird. Das bedeutet, daß die Bodenisobaren die Depression nur schwach 
erkennen lassen. 
Dieser Umstand verleiht der Wetterlage eine gewisse Ähnlichkeit mit den von R. Scherhag behandelten 
Fällen aus dem Dez. 1935 und April 1936 8 . Wesentliche Unterschiede bestehen jedoch hinsichtlich der Zug 
geschwindigkeit des Kaltlufttropfens und der zu beobachtenden Witterungserscheinungen. 
In dem hier zu besprechenden Falle ist die Geschwindigkeit, mit der sich das Höhentief bewegt, außer 
ordentlich gering. Dieser Umstand steht mit der Tatsache im Einklang, daß praktisch keinerlei Bewegungs 
steuerung zu erkennen ist. In den von R. Scherhag behandelten Fällen ist sie dagegen recht erheblich. 
Ein weiterer Unterschied besteht hinsichtlich des Wetters. R. Scherhag hat darauf hingewiesen, daß der 
Durchzug der in der genannten Arbeit besprochenen Höhentiefs nicht mit dem Auftreten besonderer Wetter 
erscheinungen verknüpft war. Diese Tatsache hat P. Raethjen 9 damit erklärt, daß der Kaltluftkörper dieser 
Gebilde sich im Gleichgewicht mit der Umgebung befand. Neben dem Umstand, daß die in Frage kommenden 
Luftkörper verhältnismäßig arm an Wasserdampf gewesen sind, spielt eine entscheidende Rolle, daß keine 
wesentlichen Zirkulationen stattgefunden haben. Die vorhandenen außerordentlich starken Zirkulations 
beschleunigungen waren also nach dieser Ansicht durch die aus der Bewegungssteuerung und die aus der 
Kreisbewegung um die Höhenzyklone resultierenden Trägheitskräfte abgeglichen. 
Bei der Wetterlage vom 11. bis 13. Mai 1936 dagegen bewirkt das Auftreten des Höhentiefs das Zu 
standekommen von Vertikalzirkulationen, die für den Witterungsablauf in bestimmten Gebieten von maß 
geblichem Einfluß sind und in ihrem Verlauf zum Verschwinden des Gebildes führen. Im Verein mit der 
geringen Verlagerungsgeschwindigkeit des Kaltlufttropfens findet man die Erfahrung bestätigt, daß langsame 
Bewegungssteuerungen für einen festen Ort z. B. durch ergiebige Niederschläge wetterwirksamer zu sein 
pflegen als eine gut ausgebildete Westdrift. 
Für eine Bearbeitung der Wetterlage stehen zur Verfügung die Terminbeobachtungen des europäischen 
Stationsnetzes, sowie eine Reihe von Höhenaufstiegen von 8 Uhr, für einige deutsche Aufstiegsstationen auch 
von 18 bzw. 19 Uhr. Der vorliegenden Arbeit ist eine Reihe von Karten und Aufstiegsdiagrammen bei 
gegeben, auf die bei der Beschreibung der Wetterlage an entsprechender Stelle Bezug genommen wird. Be 
sondere Bedeutung kommt ferner den Augenbeobachtungen zu, die bei den deutschen Flugzeugaufstiegen 
vorgenommen werden. In Verbindung mit den in dem „Täglichen Wetterbericht der Hamburger Seewarte 10 “ 
veröffentlichten Unterlagen ergibt das genannte Material das folgende Bild. 
Am 10. Mai liegt über Nordeuropa ein Hochdruckgebiet mit drei Kernen von 1025 mbar. Gut aus 
geprägt ist ferner eine bei Island gelegene Depression von 985 mb. Das Azorenhoch reicht mit der 1020-mb- 
Isobare bis zur europäischen Westküste, während über Mitteleuropa bei geringwertigen Druckgradienten 
zwei Tiefdruckkerne von 1010 mb liegen. Die Druckänderungen über Mittel- und Westeuropa bestehen aus 
einem verbreiteten Anstieg. Die Mehrzahl der in diesem Gebiet liegenden Beobachtungsstationen meldet eine 
Bedeckung mit tiefen Schichtwolken. 
Am 11. Mai ist der Aufbau einer Hochdruckbrücke zwischen dem Azorenhoch und dem nordeuropäi 
schen Hochdruckgebiet bei weiterem verbreiteten Druckanstieg abgeschlossen (Karte 1). Über Nordengland 
wird in zwei kleinen Kernen ein Druck von 1020 mb erreicht. Das Gebiet relativ tiefen Druckes über Mittel 
europa wandert unter weiterer Auffüllung langsam nach Osten, wobei sich die Druckgradienten noch ver 
ringern. Dabei herrscht in der Osthälfte dieser Depression heiteres Wetter, und zwar entlang der Linie 
Budapest—Danzig, ebenso im Gebiet des hohen Druckes über England. Dagegen zeigt das dazwischen 
liegende Gebiet Bewölkung mit Aufgleitcharakter, sowie einzelne getrennt liegende Stationen mit Nieder 
schlag. 
Aus der relativen Topographie (Karte 5) geht hervor, daß das heitere Gebiet im Osten mit Warmluft 
erfüllt ist. Bemerkenswert ist auch, daß eine gewisse Bewölkung vorhanden ist, die fast durchweg aus Cu, 
Cuni und Acu-Cast besteht. Dies deutet darauf hin, daß hier bei teilweise feuchtlabiler Schichtung Einheizen 
und vertikale Durchmischung vor sich gehen. 
Bestätigt wird diese Annahme durch den Budapester Aufstieg, der vom 11. zum 13. Mai zunehmende 
Instabilisierung erkennen läßt (Karten 11 und 13). Ebenso wächst in diesem Gebiet der Abstand der 500- 
von der 1000-mb-Fläche um einen Betrag, der wohl im wesentlichen auf die Einstrahlung zurückzuführen ist 
(Karten 5—7). 
In der westlichen Randzone des Aufheiterungsgebietes kommt es im Laufe des Tages mehrfach zu 
Schauern und Gewittern. Aus der Augenbeobachtung des 8-Uhr-Aufstieges von Breslau geht hervor, daß
	        
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