Hans Lüneburg: Hydrochemische Untersuchungen in der Elbmündung mittels Elektrokolorimeter
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Da die Einzelbeobachtungen zeitlich zu unregelmäßig verteilt liegen, wurde auf arithmetische Mittel
bildung verzichtet und diese geometrisch durchgeführt. Als wichtigstes Ergebnis der Mittelbildung
ist die Tatsache hervorzuheben, daß, von der Temperatur abgesehen, alle Faktoren mehr oder minder gut
horizontale Diskontinuitäten wiedergeben, die die Aufstellung verschiedener Wasserarten und damit Zonen
im Verlaufe der Unterelbe gestatten.
Die Einteilung von Brackwassergebieten in Zonen stammt von R e d e k e und
erfolgt auf biologischer Grundlage; um so interessanter ist die Tatsache einer guten Übereinstimmung dieser
allgemeinen Einteilung mit dem hydrochemisdien Befund in der Elbmündung. — Besonders aufschlußreich ist
die Verteilung der Nitritwerte, die vor allem in den warmen Jahreszeiten in der sog. Selbstreinigungszone
maximal entwickelt sind, um mit dem Abschluß dieser Zone bei Brunshausen—Schulau ebenfalls plötzlich
abzusinken. Sie bilden somit ein geeignetes einfaches Kriterium für die Ausbildung der
Selbstreinigungszone.
Was die jahreszeitliche Schwankung der Faktoren in der Elbmündung anbetrifft,
so weist der Cl'-Gehalt infolge stärkerer Oberwasserentwicklung sein Minimum im Frühjahr auf. Entsprechend
liegt der Gelbstoffwert zu dieser Jahreszeit am höchsten, wie der Gelbstoff überhaupt allgemein der Cl'-Ver-
teilung reziprok ist und daher in Flußmündungen als guter Indikator für Wasserkörper dienen kann. Der Si-
Gehalt liegt im Winter am höchsten, da im Frühjahr bereits Zehrung durch Diatomeen auftritt, die die sommer
lichen Si-Werte fast auf Null reduziert. Das allgemeine herbstliche Absterben bedingt besonders hohe Werte
regenerierten Phosphat-Phosphors, der im Frühjahr und Sommer in der sog. polyhalinen Zone starker Zeh
rung unterworfen ist, in der sog. mesohalinen oder planktonischen Verarmungszone jedoch auch im Sommer
hohe Werte aufweist. In ähnlicher Weise liegt auch das Nitritminimum im Sommerquartal, das Maximum
im Herbst. Phosphat und Nitrit gemeinsam ist die Tatsache eines sekundären Maximums in der mesohalinen
Zone oder deren Grenze zur polyhalinen Zone, beruhend auf den Absterbevorgängen des Planktons.
Bei der Behandlung der auf den Elbfeuerschiffen vorgenommenen Vertikaluntersuchungen
stellt sich eine im Gebiet der Außenelbe gebildete Schichtung der Wasserkörper heraus (Cl'-Sprung von 2% 0 ),
indem nämlich das Seewasser der Helgoländer Budrt an einer vom Scharhörnriff in nordwestlicher Richtung
verlaufenden Konvergenz untertaucht und als Dichtegefällestrom in der Tiefe der Außenelbe ostwärts setzt,
dabei die Ebbströmung teilweise kompensierend. Dieser einsetzende Strom, wie auch das an der Oberfläche
aussetzende Brackwasser unterliegen der Coriolis-Scheinkraft, und demzufolge ist die Südseite der Außenelbe
die eigentliche Flutseite, die Nordseite hingegen die Ebbseite. An Hand mehrerer Quersdmitte konnte diese
Gegenläufigkeit der beiden Fahrwasserseiten bis zum Medemsand nachgewiesen werden.
Zur Ergründung des „Gelbstoff “-Charakters wurde auf Grund der aus dem er-
rechneten C171-Gehalt resultierenden Durchmischung die „Soll-Verteilung“ des Gelbstoffes im Brackgebiet
berechnet. Der tatsächliche Gelbstoffbefund liegt aber 5 bis 10% unter diesem Soll-Wert. Hieraus erhellt der
koagulierende Einfluß des Ionenzusatzes und damit der kolloide Charakter der Huminsäure des Elbwassers,
der außerdem durch Dialysieren mit Kollodiummembranen erhärtet werden konnte.
Abschließend wird noch auf die jahreszeitliche Schwankung des Selbstreinigungsvorganges der Ham
burger Abwässer eingegangen. Die Selbstreinigung beruht in erster Linie auf biologischer Grundlage und
spielt sich daher besonders in der warmen Jahreszeit intensiv auf engem Raum ab (von Hamburg bis Schulau/
Brunshausen), während sie sich im Winter und frühen Frühjahr, weniger stark entwickelt, bis ins Brack
gebiet ausdehnt.