Hans Lüneburg: Hydrochemische Untersuchungen in der Elbmündung mittels Elektrokolorimeter
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2% 0 , dem in den Belten häufig ein solcher von 10%o und mehr gegenübersteht. Es hat dies wohl seinen Grund
in der besonders bei Ebbe recht starken Aufmischung und vertikalen Verwirbelung in der relativ flachen
und stromreidren Außenelbe. Im übrigen aber entspricht das Vordringen schweren Nordseewassers am
Boden der Außenelbe ganz und gar dem keilförmig ausgebildeten Gradientstromkörper des Skagerrakwassers
am Boden des Kattegatts und der Belte, nur spielt sich in der Elbmündung derselbe Vorgang auf dem
engen Raum zwischen der Scharhörnkonvergenz südwestlich Elbe 2 und dem westlichen Mittelgrund unter
halb Elbe 4 ab. In den fladien Gebieten des Mittelgrundes und bei Elbe 4 (mit Tiefen von höchstens 10 m)
wird der untergetauchte Westwasserkeil in die Höhe gedrückt und dadurch so stark mit dem von oberhalb
kommenden mesohalinen Wasser aufgemischt, daß von einem vertikalen Unterschied kaum noch die Rede
sein kann, wie audi aus der Darstellung der Serien bei Elbe 4 erhellt. Immerhin macht sich bei Elbe 4 noch
eine geringe Steigerung der Süßwasserkomponenten an der Oberfläche geltend, die auf der Zufuhr frischen
Klotzenlochwassers beruht. — Die Existenz der auf Dichteunterschieden beruhenden Westwasserzunge in
der Tiefe der Außenelbe wurde mir an sich schon bei der Probeentnahme, besonders bei Elbe 2, bekannt.
Dort beobachtete ich nämlich bei Hochwasser eine meist etwas westlich des Feuerschiffes liegende südöstlich
nordwestlich gerichtete scharfe Stromgrenze, die schon öfters erwähnte Scharhörnkonvergenz, die sich höchst
wahrscheinlich nach Nordwest in die offene See fortsetzt. Im Bereich westlich dieser Konvergenz liegen die
Fahrwassertonnen bei Stauhodrwasser noch ausgesprochen auf Flut, während man auf dem Feuerschiff östlich
der Stromgrenze keinen Flutstrom mehr feststellen kann, sondern Stauwasser hat. Beim Herabsenken des
Wasserschöpfers hängt die Drahtlitze bis zu 5 m Tiefe und mehr senkrecht herunter, um dann bei 10 m
Tiefe und mehr plötzlich einen starken Winkel stromaufwärts aufzuweisen (schätzungsweise 20°—30°).
Trotz des herrschenden Stauwassers und bereits überschrittenen Hochwassers setzt also in der Tiefe noch
ein merkbarer Strom ostwärts, der seinen Impuls durch den Dichteunterschied zwischen dem ausgesüßteren
Brackwasser bei Neuwerk einerseits und dem Westwasser westlich der Scharhörnkonvergenz andererseits
erhält. Im Verlaufe meiner Untersuchungen, die sich ja zur Hauptsache nur auf die Oberfläche beschränken
konnten, war es mir lediglich möglich, die Existenz eines vornehmlich bei Flut und Hochwasser zwischen
Scharhörn und Neuwerk ausgebildeten Bodenwasserkörpers nachzuweisen; der Zukunft muß die Aufgabe
überlassen bleiben, zu ermitteln, wie weit das außenelbische Tiefenwasser von Tide, Wind und Wetter und
den Jahreszeiten abhängt, wie es sich im einzelnen in der Elbmündung verteilt, ob analoge Wasserzungen
in den übrigen Prielen und Flußmündungen des Wattenmeeres auftreten usw. Alles dies sind Fragen, die
besonders die stark biologisch orientierte Wattenforschung interessieren mögen.
Wenn im folgenden der Durchmischungsgrad zwischen Seewasser und Süßwasser in der Elbmündung
quantitativ bestimmt und diskutiert wird, so geschieht dies einmal, um an Hand der Mischung die Existenz
der oben aufgestellten Zonen zu erhärten und vor allem, um zu sehen, ob die Gelbstoffabnahme der Auf
mischung mit Seewasser genau entspricht. Ist dies nicht der Fall, und nimmt der Gelbstoff etwa stärker ab,
als auf diese Weise berechnet, kann man mit Koagulation durch Ionenzusatz und anschließender Adsorption
durch die Trübung rechnen, was für die Erkenntnis des kolloid-chemischen Charakters des Gelbstoffes von
Bedeutung wäre. — Den Berechnungen sind die oben für das gesamte Unterelb- und Elbmündungsgebiet
bestimmten Cl'-Mittelwerte (2.-4. Quartal) zugrundegelegt. Zur Erfassung der Aufmischung des Elb
wassers mit Seewasser nützt die Angabe in g Cl'/kg nur wenig; hier führt der Chlorgehalt pro Liter besser
zum Ziele. Dieser wurde, auf 0° C bezogen, aus den gegebenen g Cl'/kg-Werten mit Hilfe der S 0 -Werte
(aus den hydrographisdien Tabellen von M. K n u d s e n) berechnet und zusammen mit den folgenden Werte
reihen in Abb. 24 graphisch dargestellt. Bei der Bestimmung des prozentischen Volumenanteiles des Elbsüß
wassers im Brackwasser legte ich reines Süßwasser mit 0,0 g CU/1 und Hochseewasser mit 19,8 g CU/1 (dem
sog. Kopenhagener Normalwasser entsprechend) als die an der Mischung beteiligten Ausgangswasserarten
zugrunde. Das reine Süßwasser reicht durchschnittlich bis Station 23 (Glückstadt) bei einem mittleren Gelb
stoffgehalt von 345 K, während das reine Hochseewasser, von dem ich Gelbstoffreiheit annehme, hypothetisch
ist, da es im Untersuchungsgebiet überhaupt nicht vorkommt. Geht man von diesen beiden Wasserarten aus,
so lassen sich leicht mit Hilfe der errechneten g CF/l-Werte die für die einzelnen Stationen geltenden prozen
tischen Süßwasservolumina aufstellen. Weiterhin bestimmte ich die auf Grund der Aufmischung zu er
wartenden Soll-Gelbstoffwerte (ausgehend von 345 Gelbstoff-K und 100 Vol.% Süßwasser bei Glückstadt)
und verglich sie mit den mittleren gefundenen Gelbstoffwerten. Der in Abb. 24 dargestellte Süßwasseranteil
zeigt im Grunde nichts Neues; wie erwartet nimmt er in Richtung elbaufwärts an der oberen Grenze der
polyhalinen Zone sprungartig zu, um dann am oberen Ende der oligohalinen Zone 100% zu erreichen. —
Wesentlich aufschlußreicher sind die aus dem Süßwasseranteil resultierenden Gelbstofferscheinungen. Die
in der Abb. 24 punktiert dargestellte Kurve zeigt den Gelbstoffverlauf an, wie er sich ergibt, wenn der an
der Obergrenze der oligohalinen Zone vorhandene Gelbstoff der errechneten Verdünnung mit gelbstoffreiem
Hochseewasser ausgesetzt wird. Die tatsächlichen Gelbstoffwerte liegen nun allgemein um etwa 5—10%
niedriger, was auf teilweiser Koagulation der kolloiden Huminsäuren der Unterelbe bei Ionenzusatz beruhen
kann. Der Verlauf dieser Ausflockung ist außerordentlich interessant. Sie setzt an der Störmündung mit
dem ersten Auftreten von Ionen ein und nimmt in der oligohalinen Zone schnell und bis zur Mitte der meso
halinen Zone an der Ostemündung weiterhin langsam zu. Besonders in der oligohalinen Zone ist also der
Vorgang der Ausflockung des Gelbstoffs am intensivsten entwickelt, wie hier ja auch die Trübung am stärksten