Hans Lüneburg: Hydrochemische Untersuchungen in der Elbmündung mittels Elektrokolorimeter
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in einem Falle erst unterhalb Otterndorf, in einem anderen Falle im September schon oberhalb der Stör
mündung beobachtet wurde) sehr aufschlußreiche kolloid-chemische Vorgänge, und weiterhin trifft die untere
Grenze der mesohalinen Zone (ca. 10% 0 CF) sehr gut mit dem meist scharf ausgeprägten horizontalen CF-
Sprung zwischen Station 8 und 10 (am Mittelgrund) zusammen, während die polyhaline Zone fast bis Elbe 1
reicht. In den Abbildungen der CF-Mittel sind obige Zonen an der Ordinaten mit den Buchstaben p, m und o
abgetragen. Die hier angeführten Mittelwerte stimmen nur in ihren Hauptzügen mit den von Zorell angege
benen 10jährigen Werten überein (siehe Nr. 5, S. 6), was aber bei der hier angewandten, nicht so exakten
Mittelungsmethode nicht erstaunen braucht. Außerdem wirken ja gerade in der Elbmündung die die Wasser
körper bestimmenden Faktoren von Jahr zu Jahr in verschiedener Weise gegen- oder miteinander.
Wir wenden uns jetzt den Trübungsmittelwerten zu (siehe Abb. 11 und 12). Diese streuen im ein
zelnen um einige Tausend K. Da die Trübung vom kolloid-chemischen Charakter des Wassers, von der Ober
wasser- und Planktonmenge, von meteorologischen und topographischen Verhältnissen und schließlich von
den Gezeitenerscheinungen im großen und den Strömungsverhältnissen im kleinen abhängt, ist diese
Streuung durchaus erklärlich. Manche interessante, auf den Einzelreisen beobachtete Trübungsverteilung
kommt so überhaupt nicht in den Mittelkurven zur Geltung und wird noch gesondert behandelt werden. Wir
sehen nun im gesamten Unterelbegebiet außerordentliche Trübungsunterschiede und eine eigenartige
typische Verteilung. Die größte Trübung finden wir nämlich in dem Gebiet zwischen der Störmündung und
Brunsbüttelkoog (etwa 8—10 000 K im Mittel), die sich auf den einzelnen Fahrten noch viel isolierter und
wesentlich höher (bis zu 20 000 K!) aus der Trübungsverteilung heraushebt, als es die verwischende Mittel
kurve darstellen kann. Dieses Maximum ist auch früher schon wiederholt festgestellt worden, u. a. von
Goedecke, der dort in analoger Weise ein Maximum an suspendiertem Kalk feststellte. Weiterhin zeigt sidi,
daß das unterelbische Trübungsmaximum in das Gebiet der oberen Brackgrenze, also in die oligohaline
Zone fällt, was seine Ursache hat in der Änderung des kolloidchemischen Charakters des Wassers durch die
Ionenzunahme und die damit verbundene Ausfällung der negativ geladenen Trübungsteilchen. Dadurch wird
gleichsam ein unsichtbares Netz durch den Strom gespannt, das die Trübung ausfällt und damit wieder den
ganzen stark turbulenten Wasserkörper mit suspendierten Teilchen besonders anreichert. Daß die Schlick
massen am Böschrücken noch nicht zur Ablagerung gelangen, hängt mit dem relativ noch engen Flußbett und
der starken Strömung zusammen. Eine ausgedehntere Ablagerung findet erst im breiteren Mündungs
trichter bei Ostebank und Medemsand statt. Die maximale Trübungszone, die als Indikator für die oligo
haline Zone gelten kann, nimmt fast ausnahmslos ein ganz schmales Gebiet an einer oder zwischen zwei
Stationen ein und ist so stark ausgebildet, daß es gar nicht erst einer exakten Analysierung im Kolorimeter
bedarf, um die mit Jahreszeit, Tide usw. pendelnde Brackgrenze während einer Fahrt auf der Unterelbe zu
ermitteln. Es würde vielmehr genügen, zwischen Brunshausen und Altenbruch in gewissen Abständen, die
sich ergeben aus dem Bedürfnis, die Brackgrenze mehr oder minder scharf einzuengen, Oberflächenproben
in Reagenzgläsern oder kleinen Stopfenflaschen abzuschöpfen, und diese dann in ein Gestell nebeneinander
anzubringen; das Gebiet stärkster Trübung fällt dann beim Vergleich sämtlicher Proben (vorher schütteln!)
sofort auf. — Beim Mittelgrund ändert sich durch den ziemlich scharfen Übergang von der meso- zur poly
halinen Zone die Ionenkonzentration des Wassers ein zweites Mal sprunghaft, und auch hier bemerken wir
eine zwar wesentlich kleinere Trübungsanreicherung, die sich bei der Mittelkurve allerdings lediglich in der
Unterbrechung der allgemeinen Trübungsabnahme äußert. Bei vielen Einzelfahrten wurden hier jedoch ähn
liche „Trübungsspitzen“ wie unterhalb der Störmündung beobachtet, wenn diese auch nicht die absoluten
Werte erreichten, wie die im schlickigen Marschboden gelegenen oberen Stationen. Unterhalb des Mittel
grundes kommt es auch wieder zu einer stärkeren Ablagerung, die sich in dem Trübungsabfall zwischen
Station 8 bis 6 kundtut. Diese Ablagerung nimmt in letzter Zeit bedenkliche Formen an, indem oberhalb
Elbe 3 bei Niedrigwasser auf ausgedehnten Strecken nur 9 m und weniger Wasser zu loten sind. Nun ist
zweifellos der die Ausfällung bewirkende Wasserkörperwechsel und Ionensprung schon immer in der Nähe
des Mittelgrundes gewesen; wenn trotzdem die Versandung unterhalb dieser Sprungzone erst in letzter
Zeit bedenklich wird, so liegt dies wohl an der fortschreitenden Stromregulierung oberhalb Cuxhavens, wo
durch das Oberwasser die Schlickmassen immer weiter seewärts trägt. Da unterhalb Cuxhavens keine Strom
bauten existieren, kann jetzt am Mittelgrund und unterhalb ein stärkerer Trübungsniederschlag erfolgen als
früher. — Diese Erscheinungen zusammenfassend sei nochmals unterstrichen, wie ursächlich die beiden eben
erwähnten Triibungsmaxima mit den sprunghaften Änderungen des Salzgehaltes verknüpft sind, und wie
sich unterhalb dieser Maxima die großen Ablagerungsgebiete der Ostebank und des Mittelgrundes heraus
gebildet haben. — Abb. 13 gibt uns ein anschauliches Bild von dem typischen Trübungsverlauf, wie er auf
einzelnen Reisen in Erscheinung tritt.
Auf der Trübungsmittelkurve in Abb. 12 sehen wir noch ein weiteres sekundäres Trübungsmaximum
(von 6000 K im Mittel), und zwar am Pagensand. Während die Trübungsextreme weiter stromabwärts
kolloid-chemischen Charakters sind, ist das Trübungsmaximum am Pagensand lediglich dynamischen Ur
sprungs. Hier wird das Fahrwasser, wie sonst nirgends, durch Strombauten außerordentlich eingeengt, und
da das Strombett hier außerdem einen recht scharfen Knick macht (der aus der Übersichtskarte weniger gut
hervorgeht), ist die Strömung außerordentlich turbulent und wühlt daher den Schlick am Boden intensiv auf.
Weiter nach Hamburg zu nimmt die Trübung schnell ab und ist unterhalb des Hafens, entgegen der land-