Karl Wienert: Fehleruntersuchungen an erdmagnetischen Feldwaagen
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Venske und auch Orkisz (16) haben festgestellt, daß der Temperaturkoeffizient sich mit der Temperierungs
methode ändert Sie beobachteten hauptsächlich langperiodische Temperaturgänge. Daß er auch bei kurzperiodischen
Temperierungen (bis zu 1 Tag) sich offensichtlich mit der Periode ändert, wird besonders am Fall der Waage D
klar (Tab. 9). Die Waage war nach Angabe des Herstellers temperaturkompensiert. An Hand des Prüfzeugnisses
des Werkes konnte ich mich davon überzeugen, daß die Waage vollständig kompensiert war und zwar für eine
Periode von 5 Stunden. Bei der Temperierung dieser Waage wandte ich als kleinste Temperierungsperiode
19 Stunden an. Tabelle 9 zeigt deutlich die Ergebnisse. Diese Abhängigkeit läßt sich für alle vier untersuchten
Waagen nachweisen. Schon Siemens (12) stellte fest, daß eine angeblich temperaturkompensierte Waage von
Töpfer einen merklichen Temperaturkoeffizienten besaß, ohne freilich die Ursache dieser Erscheinung zu kennen.
Für die Trägheit c r läßt sich zwar auch eine Änderung mit der Temperierungsperiode feststellen, jedoch sind
clie Beobachtungsergebnisse zu spärlich, als daß etwas über die Gesetzmäßigkeiten ausgesagt werden könnte.
Für die Benutzung der unkompensierten Feldwaagen mit großer scheinbarer Trägheit ergibt sich die Tat
sache, daß die Stände unter Laboratoriumsbedingungen befriedigend genau auf die Bezugstemperatur reduziert
werden können. Schon Heiland (1) weist darauf hin, daß bei der Reduktion von Feldmessungen alle Reduktions
methoden außer der linearen versagen, da es nicht möglich ist, aus den an den Beobachtungspunkten abgelesenen
Temperaturen die Temperaturgradienten abzuleiten. Es bleibt nur die Möglichkeit übrig, die Thermometerträgheit
der thermischen Trägheit des Magnetsystems soweit anzupassen, daß die scheinbare Trägheit annähernd Null
wird. Es ist anzunehmen, daß die Fehler bei einer solchen Anordnung in den seltensten Fällen ± 2 y bei linearer
Temperaturreduktion überschreiten werden (Fig. 10).
Die einzige untersuchte kompensierte Waage zeigte für die Periode von 1 Tag einen Temperaturkoeffizienten
von etwa 1 y/°C. Wie das Prüfzeugnis des Werkes zeigt, ist das Magnetsystem in einem ziemlich breiten Bereich
um die Periode von 5 Stunden sehr gut kompensiert. Ferner zeigen die Untersuchungen von Heiland und Pugh (17),
daß solche kurzperiodischen Temperaturänderungen keine scheinbare Trägheit hervorrufen. Bei dieser Waage ist
es möglich, eine restlose Reduktion nach dem Verfahren von Venske durchzuführen, wenn man aus den Temperatur
ablesungen an den Beobachtungsstationen die langperiodischen Temperaturgänge ableitet. Die kurzperiodischen
Temperaturgänge können vernachlässigt werden, da sie keinerlei Standänderungen hervorrufen. Für eine solche
Reduktion ist es notwendig, daß man für eine Reihe von Perioden j? r und äj r genügend genau experimentell er
mittelt.
In allen übrigen Punkten wurde weitgehende Übereinstimmung mit den theoretischen Ergebnissen von
Heiland (17) festgestellt. So waren die Temperaturkoeffizienten der unkompensierten Waagen stets negativ. Der
Temperaturkoeffizient des ältesten temperaturkompensierten Magnetsystems war positiv (Waage C). Der Temperatur
koeffizient des Skalenwertes der Waage B (Fig. 11) wurde in Übereinstimmung mit Heilands theoretischer
Ableitung gefunden.
V. Feldmäßige Leistungen.
Um die endgültigen Leistungen von Feldwaagen zu ermitteln, wurden Beobachtungsreihen an einem Punkt
vorgenommen. Zwischen den einzelnen Beobachtungen wurden die Instrumente auf dem Fahrrad etwa 2 km auf
Landwegen transportiert. Der Untergrund war fester Wiesenboden, ließ also bequem die Aufstellung des Stativs
vornehmen. Das Stativ wurde grundsätzlich für jede Messung neu aufgestellt.
Die Feldwaagen wurden aus einem möglichst warmen Innenraum ins Freie gebracht. Darauf wurde sofort
mit den Messungen begonnen. Tabelle 10 zeigt das Ergebnis für die kompensierte Waage D. Zunächst scheint es,
als ob ein systematischer Gang mit der Temperatur vorliegt, wenn man nur die Messungen vom 3. 12. 1937 ansieht.
Wenn man jedoch das Ergebnis vom 4. 12. 1937 hinzunimmt, erkennt man, daß es sich lediglich um Streuungen
handelt. Diese Tatsache zeigt, daß die Waage wirklich gegen kurzperiodische Temperaturgänge kompensiert ist.
Man kann also ohne erst lange auf Temperaturausgleich zwischen Waage und Außenluft warten zu müssen, mit
den Messungen beginnen. Der mittlere Fehler einer Einzelmessung von ± 6,6 y bzw. 3,5 y ist überraschend
niedrig. Leider hatten die beiden Meßtage keinen langperiodischen Temperaturgang, so daß das Ergebnis der
Temperierungen, die ja für die Periode von 1 Tag einen Temperaturkoeffizienten von 1 y/°C ergaben, nicht bei
Feldmessungen bestätigt werden konnte. Fehler, die durch Auf- und Abbau des Instrumentes entstehen, wurden
dadurch untersucht, daß die Waage bei einigen Messungen zweimal hintereinander aufgebaut wurde. Tabelle 12
gibt die Werte der Doppelmessungen und die Differenzen. Im Mittel beträgt die Differenz 0,92 y. Der Fehler einer
Aufstellung ergibt sieh zu etwa ± 0,65 y. Dieser geringe Aufstellfehler macht die Waage für die Messung
kleinster Differenzen brauchbar.