Dr. Heinz Wichmann: Über die Bedeutung des Blitjes im elektrischen Mechanismus des Gewitters.
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Einzelentladung identisch ist. Es handelt sich aber hier wahrscheinlich nicht um eine wirkliche Hemmung
der Aufladung; denn die wirksamen Kräfte des Aufladungsvorganges sind weiterhin tätig, nur setjen hier
die entgegengesetzt wirkenden Einzelentladungen ein, die ein weiteres Steigen der Potentialdifferenz nicht
zulassen.
Eine Bli^entladung erfolgt also somit im wesentlichen als „Kippschwingung“ mit nicht konstanter Perioden
dauer, wobei die Änderung der Frequenz derselben in der Hauptsache durch die wechselnde Ionisation des
Blitjkanals verursacht wird.
Nach der letzten Einzelentladung bewirkt dann das Nachlassen der Aufladungskräfte, gefördert durch
ein starkes Nachströmen von Elektrizität in der Bahnlinie des Blitjes, das langsame Zurückgehen der Re
gistrierung bis zur Null-Linie, die durch den jeweilig wirksamen Potentialgradienten bestimmt ist.
Es besteht nun durchaus die Möglichkeit, daß ein solcher Aufladungsvorgang eingeleitet wird, ohne daß
die zu einer Entladung notwendige Potentialdifferenz erreicht wird.
In Abb. 6 ist die Registrierung eines solchen Vorganges dargestellt. Sie wurde während des Gewitters C
erhalten, und zwar etwa eine halbe Sekunde, nachdem ein starker, doppelästiger Blitj in etwa 3 km Ent
fernung niedergegangen war, wie sich aus dem zeitlichen Unterschied zwischen Bliß und Donner ergeben
hatte. Da sich die Null-Linie, wie schon betont, bei der Registrierung a nach dem jeweils wirksamen Feld
einstellt, mußte nach jedem Blitj ein Blick auf die Registrierapparatur geworfen werden, um bei einer zu
starken Verschiebung der Null-Linie innerhalb des Meßbereiches, durch rasche Korrektion der Gitter
vorspannung der Röhre I, ein Verzerren der nächsten Blitjregistrierung zu vermeiden. Da nun, wie schon
gesagt, die zu besprechende Registrierung etwa eine halbe Sekunde nach einem beobachteten Blitj erhalten
wurde, war in diesem Augenblick der Himmel leider unbeobachtet. Die Registrierung C. 327 w'eicht aber
von denen beobachteter Blitje derartig ah, daß es sich nur um einen, von einem gewöhnlichen Büß unter
schiedlichen Vorgang handeln kann.
Die Abb. 7 zeigt in der frequenzabhängigen Teilregistrierung (c) einen Vorgang, der zu einer Entladung
führt. Der Ausschlag 0 stellt hier nach den Erörterungen des Abschnitts C I den Einsatj des Aufladungsvor
ganges dar, der entgegengesetzte, mit 1 bezeidhnete, die erste Einzelentladung.
Betrachten wir nach dieser Feststellung die Registrierung C. 327, Abb. 6, und zwar zuerst die Teil
registrierung c. Der Ausschlag 0 ist wie immer vorhanden, aber anstatt daß jetjt die erste Teilentladung
einsetjt, geht die Registrierung langsam in die Null-Lage zurück, zeigt also damit an, daß keine Blitjentladung
erfolgt ist. Auch in weiterem Verlauf zeigen sich keinerlei schnelle Änderungen, die auf Einzelentladungen
schließen lassen. Die Teilregistrierung a, die uns den Verlauf richtig wiedergibt, zeigt nur einen Auf
ladungsvorgang, der zuerst rasch einsetjt, dann plötzlich fast in die Waagerechte übergeht, in der mit
dem Pfeil bezeichneten Gegend sein Maximum erreicht und dann langsam abebbt. Daß es sich in diesem Fall
nur um den Vorgang handeln kann, der sonst zu einem Blitj führt, hier aber aus irgendeinem Grunde nicht
zur Entwicklung gekommen ist, erscheint meines Erachtens die einzig mögliche Erklärung dieser Registrie
rung. Einschränkend mag hinzugefügt werden, und es besteht sogar eine große Wahrscheinlichkeit hierfür,
daß es sich möglicherweise um einen sogenannten Flächcnblitj gehandelt hat, eine selten zu beobachtende
Erscheinung, bei der unter schwachem Aufleuchten eines Teils der Gewitterwolke über einem großen Gebiet
Ladungsausgleich stattfindet, ohne daß dabei ein Donner hörbar wird. Betrachten wir also unter diesem
Gesichtspunkt die Teilregistrierung a, so würde der schnelle Übergang der Registrierung nahezu in die Waage
rechte durch das Einsetjen eines starken, flächenhaften Strömens von Elektrizität hervorgerufen worden sein.
Bis zu der mit dem Pfeil bezeichneten Gegend hat dann die Aufladung der Wolke noch das Übergewicht,
bis schließlich der Gleichgewichtszustand des Feldes wiederhergestellt ist. Für den Fall eines Flächenblitjes
kommt dann natürlich die Aufladung der Wolke in der Registrierung besonders gut zur Geltung, weil keine
Störung derselben durch einsetjende Einzelentladungen eintritt.
Es sei noch erwähnt, daß der Verfasser in den Original-Registrierungen von H. Heinze Ausschläge von
der Art C. 327 c festgestellt hat, die dort nicht, wie die übrigen mit einem Blitj zusammenhängenden Re
gistrierungen von Heinze, mit einer fortlaufenden Nummer bezeichnet, sondern als nicht auswertbar über
gangen oder mit einem Fragezeichen versehen waren.
Da Heinze nur frequenzabhängige Registrierungen c hatte, konnte er natürlich in diesem Fall auch zu
keiner brauchbaren Erklärung kommen.