Di. Walter Stiemke: Horizontale Dichtefelder.
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Horizontale Dichtefelder
von Walter Stiemke.
I.
GLIEDERUNG:
Einleitung.
Bestimmung des horizontalen Dichtefeldes aus den Topographien der 500- und
1000-mb-Flächen.
II. Dichtefelder der mitteleuropäischen Zyklonen von September 1934 bis
Dezember 1936.
III. Übersicht über die Zusammenhänge zwischen horizontalem Dichtefeld und
a) relativer Topographie und Fronten,
b) Bodendruckfeld,
c) Niederschlagsgebieten.
IV. Zusammenfassung.
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EINLEITUNG.
Seit September 1934 werden im „Täglichen Wetterbericht des Deutschen Reichswetterdienstes“, heraus
gegeben von der Deutschen Seewarte (1), die bekannten Höhen Wetterkarten veröffentlicht, in welchen die Ergebnisse
der täglichen serologischen Höhenaufstiege für den mitteleuropäischen Raum kartenmäßig dargestellt werden (2).
Eine der beiden Karten gibt die Höhe der 5Ö0-mb-Fläche über dem Erdboden an, die sog. absolute Topographie;
die andere enthält die Höhe der 500-mb-Fläche über der 1000-mb-Fläche, die sog. relative Topographie. Die abso
lute Topographie ist repräsentativ für die Druckverteilung in etwa 5500 m Höhe, während die relative Topographie
ein Maß für die virtuelle Temperatur der Luftmassen zwischen der 500- und der 1000-mb-Fläche ist. Oder anders
ausgedrückt: die relative Topographie gibt die Verteilung der mittleren Dichte der Luftmassen zwischen diesen
beiden Hauptisobarenflächen an. Es ist ein isobares Dichtefeld.
In dieser Arbeit soll nun das Feld der mittleren Dichte zwischen zwei dem Erdboden parallelen Flächen,
ein „horizontales“ Dichtefeld, bestimmt werden. Auf die Bedeutung eines solchen horizontalen Dichtefeldes haben
bereits am Ende des vorigen Jahrhunderts C. Jelinek und J. Hann hingewiesen. C. Jelinek schreibt
1874 (3) — (Es handelt sich dabei um die Frage, welche Korrektionen an einer Luftdruckmessung anzubringen
seien, um die an verschiedenen Orten gemessenen Drucke einander vergleichbar zu machen): „In einer Luftmasse,
welche an verschiedenen Stellen gleichen Drucken ausgesetzt ist, muß nicht notwendigerweise Gleichgewicht
herrschen, denn es ist dies Gleichgewicht durch die gleiche Dichte der Luft in derselben Horizontalebene bestimmt;
diese Dichte aber hängt von der Temperatur und dem Feuchtigkeitsgrade ab. Um die Methode (sc. der Druck
korrektionen) zu einer theoretisch unanfechtbaren zu machen, würde daher noch die Berücksichtigung des spezifi
schen Gewichtes der Luft bei verschiedenen Temperaturen und Feuchtigkeitsverhältnissen erforderlich sein. An die
Stelle des barometrischen Gradienten hätte ein ,Dichtigkeitsgradient’ zu treten.“
Auf diese Sätze weist Hann 1880 noch einmal hin (4). Er erinnert in bezug auf Vertikalbewegungen
an das Beispiel eines mit Wasserstoff gefüllten Ballons, welcher aufsteigt, ohne daß eine Druckdifferenz zwischen
dem Gas innerhalb des Ballons und der äußeren Luft besteht. ... „Eine solche Druckdifferenz ist für Bewegungen
in vertikaler Richtung nicht notwendig. Hier entscheidet das spezifische Gewicht, oder mechanisch gesprochen, der
Wärmeüberschuß oder die höhere mittlere Energie der Molekularbewegung, auf Kosten welcher das Aufsteigen, die
Hebung der Gasmassen erfolgt. Das ist der eigentliche Sinn des (von Jelinek erwähnten) Dichtigkeitsgradienten.“
Ein solcher Dichtegradient ist bisher niemals aerologisch untersucht worden. Es sind wohl Dichteverteilungs
karten für ein bestimmtes Niveau gezeichnet worden, aber noch nicht Karten der mittleren Dichte einer von hori
zontalen parallelen Flächen begrenzten Luftmasse. Hier soll daher ein Weg gezeigt werden, wie man ein solches
horizontales Dichtefeld gewinnen kann. Die Höhenwetterkarten der Seewarte sind das geeignete Material, um die
mittlere Dichte der Luftmasse vom Erdboden bis 5Vz km Höhe bestimmen zu können.