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Full text: 58, 1938

Prof. Dr. P. Raethjen: Dynamik des „horizontalen“ Dichtefeldes. 
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gewichtssysteme, sie verlieren aber durch die Reibung fortwährend kinetische Energie. Diese Systeme bedürfen 
also — infolge der Reibung — zu ihrer Erhaltung einer Neugewinnung kinetischer Energie, welche auf Kosten 
der potentiellen Energie im Schwerefeld geht. Infolge der Reibung vermindern sich also in allen Gleichgewichts- 
systemon die horizontalen Dichteunterschiede, sofern nicht aus thermodynamischen Kreisprozessen mehr mecha 
nische Energie gewonnen, als durch Reibung verbraucht wird. 
Die horizontalen Dichteunterschiede enthalten sozusagen einen Vorrat an Energie, welcher sich im reibungs 
losen Strömungssystem verhalten würde wie die großen Kapitalien einer im Golde erstickenden Wirtschaft, 
wenn es an Anlagemöglichkeiten fehlt. Die Reibung wirkt — wüe eine hohe Kapitalsteuer — darauf hin, daß das 
Energiekapital immer im Umlauf ist, und daß nicht mehr Energievorrat vorhanden ist, als notwendig ist 
für die gesamte Energiewirtschaft. Infolge der Reibung ist also der Bestand an potentieller Energie (die Größe 
der horizontalen Dichteunterschiede) einerseits verhältnismäßig gering, andererseits eine Art Spiegelbild der 
Energieumsetzungen. Im reibungslosen Strömungssystem könnten beliebig große Energiemengen vorhanden sein 
ganz ohne Energieumsetzungen. Die Reibung dagegen läßt diese Möglichkeit nicht zu. 
Daß tatsächlich die Reibung fortwährend eine recht erhebliche Abgabe vom Energiekapital erhebt, ist aus 
vielen Erfahrungstatsachen hinreichend erwiesen. Margules 2 bereits hat festgestellt, daß die Zyklonen, welche 
vom Atlantischen Ozean auf das europäische Festland übertreten, durchschnittlich in 1 bis 2 Tagen die Hälfte 
ihrer Energie verlieren. Hesselberg und Sverdrup 3 kamen zu gleichartigen Ergebnissen. Kürzlich hat 
der Verfasser 4 dementsprechende Energieverluste errechnet aus den von W. Seeliger 5 untersuchten Reibungs- 
abweichungen vom Gradientwind. Diese durch Reibung am Erdboden bedingten Energieverluste beschränken sich 
nicht auf die als „Reibungszone“ oder „Brandungszone“ bekannte bodennahe Schicht (etwa die untersten 
1000m). Vielmehr wird durch den Vertikalaustausch auch höheren Schichten Energie entzogen; beim Ab 
sterben einer Zyklone wird auch in höheren Schichten die Windstärke gemindert. 
2) Unterschiede zwischen Zyklonen und Antizyklonen: 
Der Vertikalaustausch tritt also als Mittler auf zwischen der Reibung am Erdboden und der Gestaltung des 
Gradientwindfeldes in der freien Troposphäre. Je stärker der Vertikalaustausch ist, um so wirksamer ist die Rei 
bung an der Gestaltung des Gradientwindfeldes beteiligt. Im Gradientwindfeld gelten die Gleichungen: 
(2) 
Sp_ 
6x 
Sp 
W 
3p_ 
5z 
= -1- p-v 
= + 1 • p • ii 
= +g.p 
p = Druck. 
x, y = horizontale Koordinaten. 
z = vertikale Koordinate, 
u, v = horizontale Geschwindigkeitskomponenten. 
1 = Corioliskonstante (2wsin^). 
g = Erdbeschleunigung. 
Man gewinnt nach Margules 6 aus diesen 3 Gleichungen (2) zwei weitere, indem man die ersten beiden nach z 
differenziert, die dritte nach x bzw. y und dann jeweils die dritte von einer der ersten beiden subtrahiert: 
5p 
1 
5 (p-v) 
Sx 
g 
6z 
5p 
1 
5 (p ■ n) 
sy 
g 
5z 
Aus diesen Gl. (3) ist zu ersehen, daß im Gradientwindfeld die horizontalen Dichteunterschiede dann und nur dann 
verschwinden, wenn der „Stromimpuls“ (Komponenten p ■ u und p ■ v) mit der Höhe unveränderlich ist. 
Dieser Fall verschwindender horizontaler Dichteunterschiede und vertikal-konstanten Stromimpulses ist also 
nach dem unter II, 1 Gesagten von allen nur möglichen Gradientwindfeldern als Sonderfall ausge 
zeichnet dadurch, daß die potentielle Energie der Massen im Schwerefeld ein Minimum ist. Wenn nun, wie 
2 Margules, Akad. d. Wiss. Wien 73. 
3 H. U. Sverdrup, Veröff. d. Geoph. Inst. Leipzig, Zweite Serie, Bd. II, S. 173. 
4 P. Raethjen, Beitr. Phys. fr. Atm. Bd. 24, S. 149 (1937). 
6 W. Seeliger, Beitr. Phys. fr. Atm. Bd. 24, S. 130 (1937). 
6 Margules, Met. Zeitschr. Hannband S. 244 ff. (1906).
	        
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