Alfred Lohr: Beiträge zur Flugmeteorologie der Azoren
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4. Bewölkung.
Wenn man die Zahlentafel 19 rein klimatologisch betrachtet, so könnte man meinen, es handle sich um eine
Inselstation im hohen Norden mit einer spärlichen Anzahl heiterer Tage und einer großen Anzahl wolkiger Tage
und nicht um Beobachtungen aus dem subtropischen Bereiche.
Zahlentafel 19.
Mittlere Anzahl der Tage im Jahre mit Bewölkung (in Zehnteln).
Bew.-Art
Heiter
0—2
Wolkig
3—7
Bedeckt
8-10
Zeitraum
Ort
1
Ponta Delgada . . .
5
281
79
1901—1932
Angra .
0,7
217
148
1907—1932
Horta .
11
230
124
1906—1932
Flores .
6
166
193
1921—1932
Man darf dabei aber nicht vergessen, daß es sich auf den Azoren bei dem größten Teile der wolkigen Tage
nur um eine lockere Cu- oder Fr-cu-Bewölkung handelt. Diese entsteht sowohl thermisch, und zwar begünstigt durch
das Nebeneinander von Bergkegeln und kahlen überhitzten Hochflächen, den sogenannten Achadas, als auch dyna
misch durch die Stauwirkung der Inseln. Bei subtropischer und tropischer Luftzufuhr bilden sich im Luv der Inseln
Stratus-Bänke, die sich mit dem Cumulus über Land vermengen und die Bergketten der Inseln einhüllen. Von
weitem sind dann die Inseln schon durch große Wolkenanhäufungen im Vergleich zur wolkenlosen Umgebung
kenntlich gemacht. Manchmal bildet der Stratus auch eine Art Barriere um die Luvseite der Inseln, während das
Innere wolkenfrei bleibt. Viel trägt zu der hohen Bewölkungsziffer auch der Umstand bei, daß jede Insel ihr
eigenes zentrales Bergmassiv auf weist, das Anlaß zu Hindernisbewölkung gibt, von der sich dann Fetzen ablösen
und über die Insel hinziehen. Eine geschlossene Stratus-Schicht über den Bergen selbst tritt nur an etwa 87 Tagen
des Jahres auf. Im Lee findet in einiger Entfernung der Insel infolge der dort vorhandenen absteigenden Strömung
Wolkenauflösung statt, die meistens so scharf ausgeprägt ist, daß die größeren Buchten und ebenso die weiter vor
springenden Teile der Inseln sich in den Auflösungsformen der Wolken widerspiegeln.
a) Anzahl der Wolkentage.
Erfahrungsgemäß werden bei den geschätzten Größen, z. B. auch dem Bewölkungsgrad, immer die
persönlichen Fehler des Beobachters eine große Rolle spielen. Das gilt vor allem für die Abgrenzung des Begriffes
heiter oder wolkig (Grenze zwischen 2/10 und 3/10) bzw. wolkig oder bedeckt (Grenze 7/10 und 8/10), so daß
den Schwankungen der mittleren Anzahl der Bewölkungstage an den einzelnen Stationen keine zu große Bedeutung
beigelegt werden darf. Immerhin fällt in obiger Zahlentafel 19 die größere Anzahl der heiteren Tage in Horta und
die der bedeckten Tage in Flores im Gegensatz zu den anderen Stationen auf.
Zahlentafel 20.
Mittlere Anzahl der heiteren Tage in Horta und der bedeckten Tage in Flores je Monat.
Ort
Monat
I
II
III
IV
V
VI
VII
Vili
IX
X
XI
XII
Zeitraum
1
Horta
0.4
0 6
0.0
0.5
0.6
0.8
1.8
2.6
1.7
1.1
0.3
0.5
1907-32
Flores
19.3
19.2
20.5
18.1
18.0
17.5
11.1
9.5
11.2
14.7
15.6
18.4
1921—32
Der Hauptanteil der bedeckten Tage fällt in Flores auf die Wintermonate Januar, Februar, März, also auf
die Zeit der Westwind-Wetterlage. Da die Insel Flores sehr steil aus dem Meere hochragt, wird die Ausbildung der
Leewirbel und die damit verbundene Wolkenbank, wie es in der Skizze Fig. 30 (Seite 29) angedeutet ist, bei den
starken winterlichen W- bis NW-Winden scharf hervortreten, so daß die Aufklarungszone im Lee nur sehr schmal
ist. In Verbindung mit den Hinderniswolken über dem gebirgigen Inneren der Insel bei Schlechtwetterlagen wird
die durch die Leewirbelbildungen erzeugte Bewölkung häufig den Eindruck eines bedeckten Himmels hervorrufen.
Der größere Anteil von heiteren Tagen in Horta z. B. im Vergleich zu Angra ist wohl auf die Leewirkung der
im Nordosten vorgelagerten Insel San Jorge und des im Osten gegenüberliegenden mächtigen Massivs des Pico
zurückzuführen. Nach obiger Zahlentafel 20 entfällt der größte Anteil an heiteren Tagen auf die Zeit der größten
Intensität des Azorenmaximums (Juli, August, September) also auf die Zeit mit vorherrschenden NE- und E-Winden.
Trotz der erhöhten Einstrahlung in diesen Sommermonaten wird die örtliche thermische Wolkenbildung zeitweise
verhindert durch die Leewirkung der benachbarten Inseln.