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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 58. Band, Nr. 3
Abb. 55
nach: Tägl. Eisbericht der Dt. Seewarte.
von gezeigt hat. Wenn diese sprunghaften Veränderungen ausschließlich hydrographischen Zustandsänderungen
zugeschrieben werden, so führe ich dafür folgenden Gedankengang an: der Winter 1925/26 begann wie überall
früh und schien relativ streng werden zu wollen. Ohne daß die Witterung in der Folgezeit bei Filsand das recht
fertigte, sprang plötzlich der bereits streng begonnene Eiswinter in einen milden um, obwohl alle übrigen Winter
in Übereinstimmung mit dem Frostverlauf eine kontinuierliche Festvereisung hatten. Auf diese Weise läßt sich
auch der auffällige Gegensatz in der Vereisung zwischen Filsand und Zerel (westl. Seegebiet) hinreichend erklären.
Bei Zerel brachte eine Verstärkung des ausgehenden Rigastromes eine intensivere Vereisung (1933/34 z. B.) mit
sich, die Verstärkung des sich in den Ostseestrom eingliedernden Rigabusenstromes muß aber zwangsläufig zu einer
Großwirbelbildung führen, dergestalt, daß etwas weiter nördlich im Bereich von Filsand der Ostseestrom stärker
küstenwärts gedrängt wird (oder besser: gesaugt wird). Damit steht aber noch ganz die Frage offen, welche Ur
sachen eine Verstärkung der Strömungsverhältnisse haben kann, zumal sie nur als Arbeitshypothese postuliert
wurde.
Unter den geschilderten Umständen ist es schwierig, eine Zeit als Mittel des Eisbeginns oder -Schlusses
anzugeben. In den letzten durch verstärkte marine Zirkulation ausgezeichneten Wintern waren nur die Monate
Ende Januar bis Anfang April durch Eisbildung ausgezeichnet. Die Eisbildung verlief dabei sehr unregelmäßig
und hatte sogar nur sporadischen Charakter.
47. Die Eisverhältnisse von Filsand (Tägl. Eisber.).
Die Eisverhältnisse von Filsand sind nach den Tägl. Eisberichten ebenfalls sehr leicht. Es ist nur leichtes
Eis, leichtes Treibeis und zusammengeschobenes Eis für mehrere Tage jeweils beobachtet worden. Schweres Eis
treiben tritt nur ganz sporadisch auf. Am Ausgange des Finnischen Meerbusens entlang den Küsten der Inseln
Dagö und Ösel bei gleichzeitig freier Lage ist im allgemeinen nur geringe Eisbildung zu erwarten. Eine gewisse
Rolle spielt das aus dem Rigaischen Meerbusen stammende Eis, das hier vorbeitreibt, begünstigt durch die
Strömungsrichtung und die vorherrschenden Winde mit Südkomponente. Die Tatsache, daß nur selten schweres,
meist nur leichtes Treibeis auftritt zu Zeiten, in denen auf eine selbständige Eisbildung an Ort und Stelle nicht
gerechnet werden kann, zeigt, daß das Eis aus dem Rigabusen bzw. von nahen Buchten zwar das Seegebiet vor
Filsand gerade noch erreicht, daß nur geringe Mengen bis hierhin gelangen, während der größere Teil inzwischen
verstreut und weggeschmolzen ist. Weiterhin kann man daraus einen gewissen Schluß auf die geringe Inten
sität der Strömung ziehen, die an der Westküste des Baltikums nordwärts zieht. So zu verstehen sind bei Filsand
z. B. die beiden isolierten Vorkommen von schwerem Treibeis im März 1926, die je einen Tag andauerten. In
diesem Winter wies ja ein Teil des Rigaischen Meerbusens die strengste Vereisung der Berichtsperiode auf, wäh
rend er bei Filsand erst an sechster Stelle steht. Hier war 1923/24 am strengsten, wenn man bei dieser Art von
Vereisung überhaupt noch streng und milde unterscheiden darf. 1924/25 und 1929/30 waren ganz eisfrei.
Filsand
Jahr
1922/23
1923/24
1924/25
1925/26
1926/27
1927/28
1928/29
1929/30
1930/31
1931/32
Nos ember ^ Dezember
Januar
Februar T März f April < Hat
Juni
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