Dr. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Finnischen und Rigaischen Meerbusens
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ruhen, und demnach einen verläßlichen Durchschnittswert darstellen, oder ob es sich um Einzelmessungen han
delt. Dieser Vorbehalt gilt natürlich auch für die Beeisungsverhältnisse.
Es ist regelmäßig zu beobachten, daß die Enteisung beginnt mit einer Änderung der Tragfähigkeit, nicht
mit einer solchen der horizontalen Veränderung. Diese tritt vielmehr erst einige Tage nachher ein. Dies ist wenig
stens in Hapsal der Fall. Da es andernorts nicht festzustellen ist, bedeutet dies also eine Eigenart für Hapsal.
Nachdem das Eis so weit zurückgeschmolzen ist, daß man am Horizont bereits Wasser sieht, ist es nach Verlauf
einiger weniger weiterer Tage nicht mehr gangbar. Von da an tritt die vierte und längste Phase der Enteisung
ein: der Eisgürtel schmilzt entweder in Ruhe zusammen oder wird durch Außenkräfte zerbrochen; das daraus
resultierende Treibeis verschwindet, wenigstens in Hapsal, sehr rasch.
Die Durchschnittswerte für die Beeisung stellen trotz des konstanten Ganges der Vereisung einen praktisch
wenig brauchbaren Wert dar, da die Schwankungen zu groß sind. Als Termin muß daher ein etwas weiterer
Spielraum genommen werden, der zwischen dem 10. und 20. Dezember liegt, wiederum die ganz milden Winter
unberücksichtigt. Die absoluten Extreme der Eisbildung bzw. Enteisung sind der 19. November 1925 und der
3. Mai (drei weitere Winter schlossen am 2. Mai). Für das mittlere Datum der Enteisung kann der 25. April
angenommen werden, wobei aber alle Winter eingeschlossen sind. Was die Häufigkeitsverteilung betrifft, so ent
eisten vier Winter erst Anfang Mai, sechs Winter vor dem 20. April. Das mittlere Datum weicht also merkwür
digerweise sehr von den Häufigkeitswerten ab, die zwei extreme Maxima zeigen. Hapsal ist nach Dauer und Be
schaffenheit der Eisverhältnisse, wie sich aus den vorhergehenden Ausführungen ergibt, den extrem kontinental
beeinflußten Stationen zuzurechnen.
Abb. 35
HAPSAL I Dezember I Januar I Februar I März I April
1923/24
I Mai
33. Die Eisverhältnisse von Löötsa.
Löötsa liegt an der Ostküste der Insel Moon an der flachen Meeresstraße zwischen Moon und dem est
nischen Festlande. Das Gewässer ist reich an Inseln. Die Eisverhältnisse zeigen im Überblick eine hohe Gleich
mäßigkeit, die dazu berechtigt, Mittelwerte für die Vereisungsphasen anzugeben.
Die Schwankungen des Eisbeginns sind außerhalb der drei milden Winter nicht sehr groß, sie bewegen sich
um die Zahl von rund 30 Tagen. Der extrem milde Winter 1924/25, der zugleich der mildeste der Berichtszeit
war, begann erst am 10. März und endete bereits am 31. März. Die frühe Frostperiode im Dezember, die im
gleichen Winter an manchen Orten (z. B. Abruka) eine Eisvorperiode hervorgerufen hatte, hat sich bei Löötsa
nicht ausgewirkt. Die beiden weiteren milden Winter waren jeweils etwas intensiver, so daß der Unterschied zwi
schen dem letzten (1932/33) und einem normalen nicht mehr sehr beträchtlich ist. Die als normal zu bezeich-