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Full text: 58, 1938

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 58. Band, Nr. 3 
eis ganz plötzlich verschwinden kann, ohne vermittelndes Eistreiben (1927/28). Man stelle sich nur vor, daß die 
Kräfte, die zur Ausbildung einer Küstenrinne im Festeis führen, in verstärktem Maße wirken, dann ist es leicht 
erklärlich, wenn starkes Festeis plötzlich ganz verschwinden, d. h. forttreiben kann. Freilich besagt das Auftreten 
von Küstenrinnen noch, daß starkes Festeis von größerer Ausdehnung sich nicht bilden kann, da es durch die 
Abtriebskräfte immer wieder gehindert wird, sich weiter auszudehnen. 
Die Wechselhaftigkeit der Eisverhältnisse bedingt, daß sich eine Hauptvereisung meist nicht deutlich aus 
bildet. Schwere Eisarten treten ebensogut zu Beginn wie zum Schluß der Vereisung überhaupt auf, ohne daß eine 
kausale Verknüpfung mit den Temperaturverhältnissen stets möglich ist. 
25. Die Eisverhältnisse von Tahkona. 
Die Nordspitze der Insel Dagö, das Kap Tahkona, schiebt sich weit meerwärts vor und gelangt infolge 
dessen in nahe Berührung mit der in den Finnischen Meerbusen hineinziehenden Rinne, die aus der Gotland 
mulde kommt, und entlang der sich das salzreichere und wärmere Ostseewasser in den Finnenbusen bewegt. Die 
Eisverhältnisse werden daher weitgehend von dem Einfluß dieser Meeresströmung beherrscht werden. Die sehr 
sporadische Eisbildung gestattet deswegen auch keine Verwendung von errechneten Mitteln. 
Die Schwankungen der Eisbildung sind groß; das gilt sowohl für den Eisbeginn wie auch für den Ver 
lauf der Vereisung, sogar die Enteisung ist erstaunlich variabel, wie man es in Analogie zu anderen Stationen 
nicht erwarten würde. Die Vereisung wird im allgemeinen charakterisiert durch das Vorherrschen von Treibeis, 
das in zahlreichen Einzelperioden auftritt, aber nur äußerst selten in einer langen, geschlossenen Hauptvereisung. 
Die früheste Eisbildung fand am 2. Dezember 1925 statt, auch in anderen Wintern trat bereits im Dezember 
Eisbildung auf, die aber in keinem Falle zu einer endgültigen Vereisung führte. Das frühe Auftreten des Eises 
im Verhältnis zu der sonst vorherrschenden, außerordentlich lockeren Gestaltung der Vereisung findet seine Er 
klärung wohl darin, daß sich die extremeren Eisverhältnisse des Inselmeeres östlich von Dagö und Ösel (vgl. 
Diagramm Worms) bemerkbar machen, so daß bei günstigen Driftmöglichkeiten das an sich für eine frühe lokale 
Eisbildung nicht disponierte Tahkona dennoch Treibeis erhält, das dann von Osten bzw. Südosten kommt. Es 
besteht auch nicht lange, sondern verschwindet nach ein bis zwei Tagen wieder. Auffallend ist, daß die späteste 
Eisbildung immerhin schon in den Februar (erste Dekade sogar) fällt, nicht erst, wie meistenorts, in den März. 
Allerdings muß hierzu einschränkend bemerkt werden, daß zwei Winter ganz ohne Eisbildung verliefen, und daß 
1933/34 nur zwei sporadische Eisvorkommen Ende Dezember und Mitte März auftraten. 
Die Zahl der Eisperioden ist im Durchschnitt sehr hoch, beispielsweise wies der Winter 1925/26 volle 16 
auf, 1927/28 und 1930/31 waren es je 9. Zwar ist die Dauer der einzelnen Perioden, die fast ausschließlich aus 
Treibeis bestehen, nicht hoch, aber mitunter liegen sie zeitlich so nahe beieinander, daß der Eindruck einer ge 
schlossenen Großperiode erweckt wird. Die große Zahl der Einzelperioden erschwert in vielen Fällen sehr die 
Herausstellung einer eigentlichen Hauptvereisung. Da Festeis nur selten ausgebildet ist, kann man sich in etlichen 
Wintern nur an Treibeis und an dessen jeweilige Dauer halten. Beispielsweise zeigte der Winter 1925/26 trotz 
seiner 16 Einzeleisperioden und seiner extrem frühen Eisbildung keine eigentliche Hauptvereisung, zumal auch 
in keinem Falle Festeis entstanden war. Die Gesamtzahl der Tage mit Eis ist dabei gar nicht so niedrig (76 Tage), 
sie wird nur übertroffen von der des Winters 1923/24 (88) und der des Winters 1930/31 (78). Wann das Maximum 
des Winters 1925/26 erreicht wurde, läßt sich also trotz der nicht unwesentlichen Gesamtzahl der Tage mit Eis 
nicht sagen. Treibeis allein besagt in dieser Beziehung nicht allzu viel, zumal bei einer Station mit naturnot 
wendig so labilen Eisverhältnissen. In den W'intern, in denen sich Festeis gezeigt hat, ist es relativ einfach, da 
die Zeit mit Festeis meistens zeitlich im Mittelpunkt einer größeren Treibeisperiode liegt. Dies war z. B. deutlich 
1927/28 (März), 1928/29 (März), 1930/31 (März) und 1931/32 (März) der Fall. Im ersten Berichtswinter, 
1923/24, zeigten sich Eisverhältnisse, die in mancher Beziehung eine Ausnahme darstellen. Einmal handelte es 
sich dabei um eine langanhaltende Hauptvereisung mit strenger Kontinuität, zweitens traten nur zwei Vor- und 
eine Nacheisperiode auf, und schließlich fand sich eine einmonatige Küstenfestvereisung gegen Ende der Haupt 
vereisung. 
Die mittlere Ausbildung der Vereisung ist jedenfalls gekennzeichnet durch eine große Zahl von Einzel 
perioden, die in den meisten Fällen aus Treibeis bestehen. Die Möglichkeit einer durch zeitweise auftretendes 
Festeis gekenzeichneten Hauptvereisung ist nicht groß. Besonders die letzten Jahre zeigten eine in Übereinstim 
mung mit den meisten anderen Stationen auffallende Milderung. Andererseits gab es einen fast eislosen Winter 
1933/34, als das benachbarte Worms durchaus keinen extrem milden Winter zu verzeichnen hatte. Man vergleiche
	        
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