Dr. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Finnischen und Rigaischen Meerbusens
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keinerlei Zunahme erfahren. Die mittlere Beeisungszeit liegt zwischen Januar—März, jedoch mit dem Vorbehalt
größerer Schwankungsmöglichkeit; die Enteisung erfolgt mit geringeren Schwankungen um die Monatswende
April—Mai, also einige Tage später als bei Suurup. Auffallend ist dabei, daß die Vereisung in den letzten
drei Berichtswintern früher schloß als in Suurup und auch hinsichtlich der Dauer hinter diesem zurückstand.
In bezug auf den Eisbeginn macht sich diese relativ größere Milderung des Seegebietes gegenüber der Küste
bereits zwei Winter vorher, also 1930/31, bemerkbar.
Abb. 20
HAISSAAR Dezember
1923/241
1924/251
1925/26\
1926/271
1927/28>
1928/291
1929/30 ^
1930/311
1931/321
1932/331
1933/34\
1934/351
I Januar t Februar i März I April I Mai
19. Die Eisverhältnisse von Reval (estn. Ber.).
Reval (Tallinn) liegt zwar in einer Bucht den unmittelbarsten marinen Einflüssen entzogen, aber die Reede
von Reval befindet sich im Bereich der größeren Meerestiefen, die mit unregelmäßigem Relief von Westen her in den
Finnischen Meerbusen hineinreichen. Die Vereisung zeichnet sich dementsprechend allgemein durch eine Neigung
zu äußerst später Beeisung aus; die Schwankungen sind so groß, daß eine genauere Mittelbildung ohne prak
tischen Wert ist.
Die häufigste Eisart bei Reval ist Festeis, sowohl als Küstenfesteisgürtel wie auch als bis zum Horizont
ausgedehnte Eisfläche. Daneben tritt Treibeis vorzugsweise gegen Schluß der Vereisung auf. Die Enteisung wird
gekennzeichnet durch eine gegenüber der Beeisung relativ geringe Variabilität, die sich auch in einer weit gerin
geren Zahl von Einzelperioden ausdrückt. Dagegen besteht die erste Zeit der Vereisung aus einer großen Zahl
kurzer Eisperioden, die oft nur aus ganz wenigen Tagen mit Festeis bestehen. Die Zahl der Vorperioden beträgt
meistens drei, nur selten vollzog sich der Übergang zur Hauptvereisung schneller, wie z. B, im ersten Berichts
winter.
Die späte Beeisung sowie die Häufigkeit kurzer Vorperioden sprechen für eine intensive Warmwasserein
wirkung, die durch den vorbeifließenden eingehenden Strom des Finnischen Meerbusens gegeben ist und die
Küsten von Nordestland allgemein günstig stellt. Die Konvektion nimmt einen sehr langen Zeitraum in Anspruch.
Daß es sich bei den Vorperioden nicht um Treibeisperioden, die zufälligen dynamischen Kräften ihre zeitliche
Verteilung verdanken können, handelt, sondern um Festeisperioden, spricht ebenfalls für das Vorhandensein eines
eishindernden Warmwasserkörpers, der sich zudem ungehindert von Westen her erneuern kann, so daß die Zeit
der Eisreife bis in den Schluß des Februar reicht. Die extrem milden Winter mit ihren abnorm geringen Frost
summen machen bei dieser Verteilung eine Ausnahme.
Die Reihenfolge milder Winter gibt bei Reval wieder ein abweichendes Bild gegenüber den Verhältnissen
an anderen Stationen. Der mildeste Winter war der von 1924/25 mit nur 8 Tagen Eis Mitte März, ähnlich ver