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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 58. Band, Nr. 3
8. Die Eisverhältnisse von Kotka.
Die Eisverhältnisse von Kotka zeigen trotz großer Ähnlichkeit einige wesentliche Abweichungen von denen
von Wiborg. Vorherrschend sind starkes Festeis sowie leichtes Eis zum Beginn und zum Schluß der Vereisung, so
daß Kotka in bezug auf den Vereisungstyp an die Seite von Wiborg zu stellen ist. Hinsichtlich der Beschaffen
heit des Eises in einzelnen Wintern traten Abweichungen auf. Während z. B. Wiborg 1922/23 einen ausge
sprochenen Packeiswinter aufzuweisen hatte, ist dies in Kotka nur zeitweise der Fall gewesen. Die Konstanz des
Packeises fehlt hier in dem Maße, sie macht sich nur in zwei begrenzten Perioden bemerkbar. Die Vorperiode
vom 8. 12. 1922 bis zum 1. 1. 1923 sowie die ersten dreieinhalb Wochen der Hauptvereisung zeigen wechselnde
Eisverhältnisse, bei denen besonders schweres Treibeis vorherrscht. Die Periode mit Temperaturen um Null, die
Ende Dezember—Anfang Januar herrschte, brauchte bei Treibeis nicht unbedingt zu einer völligen Enteisung
führen. Wenn der 2. 1. trotzdem eisfrei wurde, so mögen dabei weitgehend mechanische Kräfte mitgespielt
haben. Südliche, später mehr östliche Winde trieben das Eis fort, am 3. 1. erscheint mit südwestlichen, also
auflandigen Winden erneut schweres Treibeis, das bei den milden Temperaturen nicht neu entstanden sein kann,
sondern aus anderen Eisgebieten stammen muß. Mit der Kälteperiode Ende Januar bis Ende März fällt die Pack
eisperiode zusammen, sie stellt also den Kern der Hauptvereisung dar. Nicht ganz erklärbar ist die Tatsache, daß
mit dem Eintritt von Tauwetter am 14. 12. 22 und 2. 4. 23 plötzlich statt des bisherigen starken Treibeises starkes
Festeis gemeldet wird.
Die andere Abweichung gegenüber den Eisverhältnissen von Wiborg ist die, daß die milden Winter 1924/25
und 1929/30 in Kotka noch extremer ausgebildet sind, d. h. also vor allen Dingen viel später einsetzen. Auch bei
anderen Wintern ist die Feststellung zu machen, daß der Beginn später fällt bzw. mehrere Vorperioden auftreten,
wenn bei Wiborg bereits die kontinuierliche Hauptvereisung eintrat (z. B. 1928/29). Gleichzeitig damit ist natürlich
in den betreffenden Wintern die Festeisperiode kürzer und in einzelne Kurzperioden aufgelöst, die durch leichtes
Eis, Treibeis und zusammengeschobenes Eis miteinander in Verbindung stehen (z. B. 1929/30). Abgesehen von
dem in seiner Art abnormen Winter 1922/23 tritt Treibeis oder Packeis äußerst selten auf. Dies ist aus der In
tensität der Vereisung und aus der Lage zum offenen Meer heraus verständlich.
Die stärkeren Schwankungen zu Beginn der Vereisung machen es erforderlich, zu einer Mittelbildung die
Extremwinter 1924/25 und 1929/30 ihrer geringen Dauer wegen auszuschalten. Die übrigen Winter zeigen dann
einen mittleren Beginn um den 10. Dezember herum, ein Wert, der allerdings auch noch recht wenig praktische
Bedeutung hat. Dagegen ist der Schluß der Vereisung den Verhältnissen bei Wiborg annähernd gleich mit den
gleichen Schwankungen, dem gleichen Mittelwert und dem gleichen Charakter. Es sei darum auf die Besprechung
bei Wiborg verwiesen.
Es sei nun ausführlicher auf das Verhältnis zwischen Kälteperioden und Vereisung eingegangen, wie es
sich für Kotka gestaltet. 1922/23 trat schon Ende November strenger Frost auf, der aber kein Eis bedingte, erst
Anfang Dezember nach leichtem Frost begann die Eisbildung, die immerhin die Wärmezeit Mitte Dezember über
dauerte, nicht aber völlig das milde Wetter Ende Dezember mit Temperaturen um 0°. Der anhaltend intensive
Frost des Winters hörte erst Anfang April auf, und auch dann bewegte sich die Temperatur (Mitte April) noch
lange um den Nullpunkt. Erst die hohen Temperaturen Ende Mai (über +10°) führten zu einer raschen Enteisung
(nur zwei Tage Treibeis). Auch im folgenden Winter waren die beiden novemberlichen Frostperioden ohne Eis
bildung, dagegen brachte der scharfe Frost Ende Dezember die Hauptvereisung, die bis Ende Mai anhielt. Die
späte Enteisung wurde ebenfalls begünstigt durch niedrige Frühjahrstemperaturen, die erst im Mai nennenswert
anstiegen (Mitte Mai über +10°). Der folgende, milde Winter zeigt etwas andere Verhältnisse. An ausge
sprochenen Frostperioden ist im Vorwinter die von Anfang Dezember zu erwähnen, die aber ohne Eis blieb, ver
mutlich unterstützt durch hohe Wasserwärme vom Sommer her. Die Frostzeit Ende Januar brachte nur eine zwei
tägige Eisperiode. Immerhin zeigt sie, daß das Wasser inzwischen eisreif geworden war. Es genügte dann schon
der leichte Frost um den 20. 2. zum Beginn der Eisbildung, die nach zögerndem Verlauf (wechselnder Charakter)
bei dem zweiten intensiven Frost des Winters (Mitte März) endlich solide Formen annahm. Es war aber im
ganzen zu wenig Eis gebildet worden, so daß trotz normalen Temperaturanstiegs im Frühjahr die Enteisung bald
erfolgen konnte (14 Tage nach dem letzten Frost). — Im Herbst 1925 traten Ende Oktober—Anfang November
drei Frostperioden auf, die ohne Eis blieben. Ihnen ist aber zuzuschreiben, daß die Eisreife bald erreicht wurde,
denn der scharfe Frost vom 26. November an verursachte sofortige Eisbildung, die nur Anfang Dezember durch
die starken NW-Winde (Temperaturen vorübergehend um 0°) gestört wurde: es bildete sich zusammengescho
benes Eis. Der Frost Mitte Dezember bedingte dann rasche Verfestigung und frühzeitige Verstärkung, so daß
trotz frühen Temperaturanstiegs (erste Wärmezeit bereits Anfang März, zweite Anfang April, dritte Ende April)
die Enteisung erst am 18. 5. erfolgte. Trotz der frühen Tauwetterperioden traten jedoch auch im Wechsel damit