Dr. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Finnischen und Rigaischen Meerbusens
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schauung kenne, sehr wahrscheinlich, daß sich, nach der Beschreibung Arnold-Alabieffs zu urteilen, hier die glei
chen Verhältnisse vorfinden. Trübeis ist im Finnenbusen nach dem genannten Autor am weitesten verbreitet,
während Kerneis auf die Buchten beschränkt ist. Die der im übrigen sehr gründlichen Untersuchung beigegebene
Karte der Verbreitung der einzelnen Eisarten zeigt außerdem, daß schichtiges Eis, meist infolge von Unterschie
bungen, am häufigsten auftritt (in der Struktur von Trübeis). Gleichzeitig zeigt sich das Vorwiegen zusammen
geschobenen Tellereises, vertikal gestellten Tellereises (Tellereis hier nicht in der vom Verfasser [Lit. Nr. 35]
gegebenen Definition, sondern als Brucheis, d. h. Pseudotellereis) und reinen Tellereises (Fladeneis) östlich von
Hogland, wodurch die Sonderstellung dieses Gebietes auch an diesem Beispiel bereits deutlich klargestellt ist
(vgl. Eisgebiet I).
VI. Die Eisverhältnisse der Einzelstationen.
1. Die Eisverhältnisse von Abo.
Die Eisverhältnisse von Äbo (Turku) zeigen einen besonders ruhigen Charakter, der für eine geschützte
Küstenstation typisch ist. Bei weitem vorherrschend ist leichtes und starkes Festeis, nur in ganz seltenen Fällen tritt
Treibeis auf. Der mittlere Schluß der Vereisung fällt in die letzten Tage des April. Sogar die zwei milden Winter
1924/25 und 1929/30 hatten im Vergleich zu anderen Stationen keine so extrem frühe Enteisung, wenngleich sie
im Vergleich zu anderen Jahren in Äbo am zeitigsten eintraf. Die Schwankungen sind am Schluß der Vereisung
wesentlich geringer als zu Beginn, ganz besonders, wenn man nur die kontinuierliche Hauptvereisung berück
sichtigt. Der Beginn der Vereisung ist nämlich charakterisiert durch zahlreiche Vorperioden, eine Erscheinung, die
bei den östlicheren Küstenstationen nicht in dem Maße vorhanden ist, es sei denn, daß es sich um exponierte Sta
tionen handelt. Von den zwei milden Extremwintern abgesehen, ist als ungefähre Zeit des Beginns der Vereisung
in den Fahrwässern Anfang Dezember anzusehen.
Die Extreme der Enteisung sind der 2. 5. 1929 bzw. der 28. 3. 1930, die der Beeisung am 14. Nov. 1927
bzw. der 27. 2. 1925. Auffallend ist, daß bei Äbo nicht 1925/26 der strengste Winter war. Die oben genannten
Extreme weisen auf verschiedene Jahre hin. Der in der südlichen Ostsee strenge Winter 1928/29 macht sich hier
zum Schluß der Vereisung geltend, während der früheste Eisbeginn (1927) in einem Winter erfolgt, der sonst gar
nicht zu den strengsten gehört und auch hier in seinem weiteren Verlauf relativ milde blieb: die Festvereisung mit
starkem Festeis erstreckte sich nur auf den Januar. Schon das Temperaturdiagramm von Helsinki zeigt für
1926/27 keine niedrigen Werte, das ganz nach Westen vorgeschobene Äbo wird dementsprechend noch mildere
Temperaturen aufweisen. Daß die Eisverhältnisse trotzdem eine derartige Kontinuität bewahren, ist zum größten
Teil die Folge der Lage im Hintergrund des meist flachen ausgedehnten Schärenmeeres.
Die Hauptvereisung ist in jedem Winter deutlich unterschieden. Mitunter zeigt eine kontinuierliche Eis
decke zeitweilig eine Abschwächung des Eises, wie z. B. 1926/27; aber auch dann ist innerhalb der ganzen Ver
eisung eine Kernperiode noch deutlich auszuscheiden. In dem Falle des Winters 1926/27 lag sie im März. Daß
bei Äbo die Lage die Eisverhältnisse eher begünstigt als die Temperaturverhältnisse, geht schon daraus hervor,
daß die langen Perioden leichten Festeises relativ häufig sind. Sie besagen, daß zwar die Lageverhältnisse, also
Strömungen, Tiefenverhältnisse und Küstenferne, die Vereisung nicht beeinträchtigen, sondern schützen, daß aber
die Temperatur vielfach nicht ausreicht, um das leichte Festeis in starkes Festeis umzuwandeln. Bei starken
Frösten, wie z. B. 1923/24, kann dann die Eisbildung sehr rasch bis zu starkem Festeis fortschreiten.
Eine ins Einzelne gehende Parallelisierung von Eis und Temperatur ist nicht angebracht, da die nächste
Station der Wetterberichte, Helsinki, zu weit entfernt ist und die Abweichungen bis Äbo bereits zu groß sind.
Die Temperaturabweichungen dürften im wesentlichen nach der positiven Seite hin liegen, aber wann sich diese
höheren Temperaturwerte besonders bemerkbar gemacht haben, läßt sich nur schwer extrapolieren.
Die aus dem finnischen Material stammenden Berichte über die Eisstärke lassen erkennen, daß sich bei
Äbo eine relativ lange Vereisung mit geringer Eisstärke kombiniert. Die folgende Tabelle gibt für eine Reihe
von Wintern die Maximalstärken an, die in der Regel im März erreicht werden:
Winter 31/32 30/31 29/30 28/29 27/28 26/27 24/25 22/23 19/20 18/19 17/18 16/17 15/16 14/15 13/14
Stärke in cm: 32 40 17 51 49 38 14 42 39 37 38 40 46 44 35
Die mittlere Höchststärke des Eises beträgt also 35—40 cm. Die große Stärke 1928/29 bedingte ein Hinausschieben